25.02.2003

AKWs und
Erdbeben

Ein Erdbeben im Elsaß und Südbaden hat wieder einmal daran erinnert, welche Gefahr durch AKWs in erdbebengefährdeten Zonen droht. Am Samstag (22.02.) abends gegen 21.41 Uhr rüttelte ein schwankender Untergrund bei nicht wenigen das Wissen um das nahegelegenen AKW Fessenheim wach.

Weder französiche noch deutsche Atomkraftwerke sind gegen Angriffe mit einer Panzerfaust, Rakete oder Großflugzeug ernsthaft gesichert. Das französische AKW Fessenheim in der Nähe Freiburgs war bis vor wenigen Jahren nicht einmal ansatzweise gegen Erdbeben gesichert. Erst nachdem diese Tatsache bekannt wurde und auf massiven Druck der Öffentlichkeit wurden vom Betreiber, der EdF, einige nur wenig wirksame Nachbesserungen vorgenommen. Eine stabile Bodenplatte wie sie bei manchen anderen als "erdbebensicher" propagierten AKWs vorhanden ist, kann beim Uralt-Reaktor Fessenheim, der bereits 1977 in Betrieb ging, selbstverständlich nicht mehr nachträglich eingezogen werden. Ein vibrationsbedingter Abriß von primären Kühlleitungen kann zur Kernschmelze und damit zu einer Katastrophe wie in Tschernobyl führen. Nicht nur Freiburg wäre dann für tausende Jahre unbewohnbar.

Das Erdbeben der Stärke 5,4 auf der Richterskala mit Epizentrum St. Dié, das die Gegend um Fessenheim erschütterte, war nicht mal eines der für den Rheingraben typischen Erdbeben. Der Rheingraben ist deshalb ein ausgesprochenes Erdbebengebiet, weil hier zwei tektonische Platten der Erdkruste aneinanderstoßen und sich unter hoher Spannung gegenseitig verschieben. Nicht zufällig folgen große Flüsse häufig solchen Grabenbrüchen, da sie ein bequemes Flußbett bieten. Und nicht zufällig sind viele AKWs gerade auf solch gefährliche Nahtstellen plaziert worden, weil bei der im Grunde antiquierten Stromgewinnung per Dampfgenerator rund zwei Drittel der erzeugten Energie als Abwärme "entsorgt" werden muß und große Flüsse daher als Kühlwasserlieferanten herhalten.

Umweltschützer von beiden Seiten des Rheins hatten bereits vor dem Bau des AKW Fessenheim auf die Gefahr durch Erdbeben im Rheingraben hingewiesen. Leider ließ sich Fessenheim im Gegensatz zum in unmittelbarer Nähe geplanten AKW bei Wyhl nicht verhindern. Und der Konzern EdF, der mehr als 58 Reaktoren an 19 Standorten in Frankreich betreibt, ist nicht leicht zu erschüttern. Obwohl das Ausmaß des Bebens nicht vorherzusehen war, wurde der Reaktor in Fessenheim nicht heruntergefahren. Da es "weder Schäden gegeben (habe), noch auch nur die Alarmanlage angesprungen" sei, so die Unternehmenssprecherin Anne Laszlo, habe kein Anlaß zu einer Abschaltung bestanden. In Strasbourg hingegen wurde die Oper evakuiert, in Colmar ein 14-stöckiges Hochhaus und in den Vogesen ein Ferienlager geräumt. In Baden wurden zahlreiche Häuser beschädigt und selbst im weiter entfernten Karlsruhe lassen sich neue Risse im Straßenbelag bewundern.

Das rund 40 Kilometer Luftline von Fessenheim entfernte Basel war das Zentrum des stärksten überlieferten Erdbebens in Mitteleuropa. Die Erschütterungen, die dieses Beben 1356 auslöste, würde das AKW Fessenheim mit Sicherheit nicht überstehen.

 

Klaus Schramm

 

 

neuronales Netzwerk