Stellungnahme aus Lüchow
27.10.2000

legal, illegal, sch...egal

Betrifft: Unfall bei Bauarbeiten an Seerauer Eisenbahnbrücke
(EJZ vom 7. Oktober)

Früher wurde linken und rechten gewaltbereiten Randgruppen vorgeworfen, nach dem Motto "legal, illegal, ...egal" zu handeln. Heute bestimmt dies offenbar die Handlungen und Entscheidungen höherer Staatsdiener und Behördenvertreter, wenn sie Grundrechte des Gesundheits-, Freiheits- und Mitwirkungsschutzes der Bevölkerung aushebeln wollen. Rechtsradikalen jugendlichen Gruppen, die in Perspektiv- losigkeit aufwachsen, darf dieser Staat nicht auch noch schlechte Beispiele geben, die sie in ihrer Haltung noch bestätigen.

Was ist es anders, wenn die Deutsche Bahn AG, gesponsert vom Atombetreiber BLG Gorleben, eine Plangenehmigung nach § 18 Abs. 2 Allgemeines Eisenbahngesetz zum Abriss und Neubau der Tragkonstruktion der Eisenbahnbrücke bei Seerau/Hitzacker erhält, um die notwendige Öffentlichkeits- beteiligung von Verbänden bei der Umweltverträglichkeits- prüfung im Planfeststellungsverfahren zu umgehen. Hier merken auch Blinde, wie manipuliert wurde. Solche Entscheidungen von Behörden in subalterner Art werden noch mehr Leute dazu bringen, diesen Staat nicht mehr als den ihren zu sehen.

Wie weit sich Staatsdiener und hohe Behördenvertreter bereits inhaltlich von Recht und Gesetz verabschieden, lässt sich an den folgenden Beispielen erkennen: Das äußerst seltene Industriedenkmal, die 3-BogenTalbrücke aus der Eisenbahnfrühzeit von 1874, wird in ihrem prägenden Charakter brutal mutwillig verschandelt und zerstört. Die Obere Denkmalschutzbehörde mit der weisungsbefugten Regierungspräsidentin, die den Fall an sich gerissen hat, unternahm nichts Entscheidendes, um dies zu verhindern, obwohl hier möglicherweise eine Straftat vorliegt. Das prägende Erscheinungsbild des Kulturdenkmals, die drei Tragbögen, wären ohne Probleme in der Ursprungsform zu erstellen, auch wenn dies "Zweimarkfünfzig" mehr kostet. Das öffentliche Interesse scheint darin begründet, dies Atombetreibern nicht zuzumuten.

Um schnellstens den Weg für Kokillentransporte aus La Hague nach Gorleben freizumachen, arbeitete ein Vorarbeiter der Baufirma ungesichert freistehend auf einer nicht kippsicher befestigten Bohle mit dem Schneidbrenner, stürzte ab und verletzte sich beim Fall aus großer Höhe schwer. Niemand anders als der Leiter des Gewerbeaufsichtsamtes, Schmidtehen, der immer Lanzen für die Atombetreiber brach, war offensichtlich bereit zu erklären, dass unbefestigte Trittbohlen ausreichende Sicherheitsmaßnahmen auf Brückenbaustellen sind, und der Unfall auf ein Missgeschick des Verletzten beruhe. Jeder im Baufach Tätige weiß aber, dass sorgsam und qualifiziert prüfende Fachbeamte seines Amtes dies niemals hätten durchgehen lassen. Solches Staatshandeln seiner Diener müssen Polizei und Grenzschutz auch noch mit kostspieligen Masseneinsätzen auf Kosten von Steuerzahlern schützen. Absurd.

Heinrich Messerschmidt, Lüchow

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