21.11.2007

Drohende Umweltkatastrophe
durch Atom-Lagerstätte Asse

Gabriel räumt Gefahren ein

Laut einer heute, Mittwoch, verbreiteten Pressemitteilung des Atom- und "Umwelt"-Ministers Sigmar Gabriel räumt dieser erstmals eine Umweltgefährdung durch das im ehemaligen Salzbergwerk Asse1 betriebene Lager für mittelradioaktiven Müll ein: "Voraussichtlich wird es in der Asse auch weiterhin zu Bewegungen im Deckgebirge aufgrund der noch großen offenen Hohlräume in der Asse kommen. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass der seit 1988 existierende Salzlösungszutritt von jetzt etwa 12 Kubikmeter pro Tag in Zukunft erheblich ansteigt und dann nicht mehr aufgefangen und kontrolliert werden kann. (...) Ein nicht mehr kontrollierbarer Lösungszutritt könnte zu einer begrenzten Mobilisierung von Schadstoffen führen."

Ursache für den plötzlichen Kurswechsel ist ein alarmierendes Gutachten, mit dem nun auch der Betreiber des "Versuchsendlagers" Asse Gefahr im Verzug melden. Das unterirdische Salzgebirge, das einem mehrstöckigen Hochhaus gleicht, verliere an Tragfähigkeit. Seit Jahren schon warnen kritische WissenschaftlerInnen und Bürgerinitativen davor, das Asse abzusaufen droht. In den Salzstollen wurden bislang "versuchsweise" 126.000 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll eingelagert. Sehr schnell jedoch kann eine Situation eintreten, bei der eine Bergung der Fässer nicht mehr möglich ist.

Die einzige Konsequenz allerdings, die Gabriel nun ziehen will, ist es, eine "Störfallanalyse" in Auftrag zu geben. Wertvolle Zeit wird damit vertan. Erst bis Mitte 2008 soll entschieden werden: "... wird ausgehend von den bisher geprüften Schließungsmaßnahmen unter Berücksichtigung ergänzender bzw. alternativer Maßnahmen eine abschließende Bewertung von Optionen durchgeführt. Auch die Rückholung der mittelradioaktiven Abfälle wird in die Prüfung einbezogen."

BI-Sprecherin Ursula Schönberger sagte in ihrer Rede bei der Auftakt-Kundgebung gegen die CASTOR-Transporte im November 2006 in Gorleben: "Asse ist für Atommüll nicht geeignet. Der Salzstock Gorleben ist es auch nicht. Der radioaktive Müll kann nicht sicher eingeschlossen werden. Wer diese Fakten heute nicht sehen will, gefährdet wissentlich die Gesundheit nachfolgender Generationen."2

Noch vor wenigen Jahren hatten ExpertInnen des industrienahen 'Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit' (GSF), behauptet, die Langzeitsicherheit sei gewährleistet und ein ehemaliges Bergwerk sei "absolut sicher". Doch inzwischen ist bekannt, daß bereits ab August 1988 im Rahmen einer routinemäßigen Befahrung des Bergwerks die ersten Wassereinbrüche entdeckt wurden. Mittlerweile dringen täglich zwölfeinhalb Kubikmeter Steinsalzlauge ein. Es muß jederzeit mit einem Absaufen des Bergwerks und in Folge mit einer radioaktiven Verseuchung der Umgebung gerechnet werden. Dies zeigt, daß es nicht einmal gelingt, den radioaktiven Müll auch nur für wenige Jahrzehnte sicher einzuschließen. Von einer "Langzeitsicherheit", die sich auf einen Zeitraum von mehreren hunderttausend Jahren erstrecken müßte, kann ernsthaft keine Rede sein.

Gefährlich sind auch die Pläne industrienaher WissenschaftlerInnen, die nun eine "kontrollierte Flutung" von Asse mit Magnesiumchloridlauge empfehlen. So räumt der Wissenschaftler Wolfgang Minkley vom Institut für Gebirgsmechanik zwar ein: "Das Tragsystem befindet sich im Grenzzustand, es besteht die Gefahr, daß diese Prozesse sich beschleunigen." Doch als Konsequenz fordert er, die Einleitung des "Schutzfluids" Magnesiumchloridlauge müsse schnellstens beginnen.

Gerade die Flutung des Bergwerks mit Lauge lehnen alle Anti-Atom-Gruppen der Region entschieden ab. Die Flutung des Bergwerks führe dazu, daß sich der radioaktive Inhalt der eingelagerten Atommüllbehälter später in der Lauge verteilt. Laut den ihnen vorliegenden Gegengutachten wird die freigesetzte Radioaktivität in der Folge nach außen ins Grundwasser gepreßt, wenn sich die Hohlräume der Grube durch den Gebirgsdruck nach und nach schließen. Dieser Gefahr kann nur mit der umgehenden Bergung der Atommüllfässer begegnet werden.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Über die Zustände im ehemaligen Salzbergwerk Asse II berichteten wir bereits 2001:

      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

2 Der Redebeitrag Ursula Schönbergers ist zu finden im zweiten Teil unseres Berichts
      zum CASTOR-Transport La Hague - Gorleben 2006 (12.11.06)

Siehe auch unseren folgenden Artikel zum Thema:

      Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
      Zahlreiche Aktionen gegen Atommülldeponie (4.07.07)

      Informationen zum "Atom-Ausstieg"

 

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