15.01.2010

Einsturzgefahr
im "Versuchs-Endlager" Asse II
Atommüll wird rückgeholt

Atommüll in unterirdischem Salzbergwerk Wegen Einsturzgefahr und drohendem Absaufen des ehemaligen Kali- und Salzberg- werks Asse II bei Wolfenbüttel hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfohlen, den kompletten Atommüll rückzuholen. "Dies ist die beste Variante beim weiteren Umgang mit den dort eingelagerten radioaktiven Abfällen", begründete BfS-Präsident Wolfram König am heutigen Freitag auf einer Pressekonferenz in Hannover diese Entscheidung. Die bis Ende 2008 zuständige Ministerin Annette Schavan hat mittlerweile eingeräumt, daß in dem "Versuchs-Endlager" weit mehr Atommüll eingelagert worden war, als für Forschungszwecke nötig gewesen sei. Der mittlerweile zuständige Atom-Minister Norbert Röttgen bestätigte die Empfehlung des BfS: "Nach jetzigem Erkenntnisstand und im Hinblick auf die Langzeitsicherheit erscheint die vollständige Rückholung als die bevorzugte Variante für die Stilllegung von Asse."

Der Entscheidung war ein zeitraubender Optionen-Vergleich vorausgegangen, der auf einen Beschluß von Röttgens Amtsvorgänger Sigmar Gabriel zurückging. Untersucht worden war dabei, ob die rund 126.000 Fässer mit radioaktivem Müll an ihrem jetzigen Standort in rund 500 bis 700 Meter Tiefe in dem ehemaligen Salzbergwerk sicher einbetoniert werden könnten, ob eine Umlagerung in deutlich tiefere Schichten um 1000 Meter Langzeitsicherheit gewährleisten würde, ob das ehemalige Bergwerk mit Magnesiumchlorid-Lösung geflutet oder ob der radioaktivem Müll an die Oberfläche rückgeholt werden solle. Zu den Kosten der Rückholung mache das BfS keine Angaben. In einem Gutachten des Essener Ingenieur- und Consultingunternehmens DMT und des TÜV Nord werden die Kosten mit mehr als zweieinhalb Milliarden Euro beziffert.

Nach dem über Monate hin Vieles dafür sprach, daß Parteien-PolitikerInnen den Faktor Zeit in ihrem Sinne arbeiten lassen wollten, rät das BfS nun zu großer Eile, da die Grube instabil ist und Wasser eindringt. BfS-Präsident König erklärte: "Der Zeitfaktor ist ganz wichtig." Zugleich relativierte er die Empfehlung und machte eine Bedingung für die Rückholung der Atommüll-Fässer geltend: "Wenn die eingelagerten Abfälle in einem deutlich schlechteren Zustand sind, als bislang zu erwarten und eine Bergung zu einer unvertretbaren Strahlenbelastung der Beschäftigten führt, muß die Präferenz der Rückholung neu bewertet werden".

Asse II wurde ab 1965 von der Bundesregierung als Versuchs-Endlager eingerichtet. Es diente nach offiziellen Angaben dem Zweck, die Einlagerung von radioaktivem Müll in Salz zu testen und so letztlich den Beweis für die Tauglichkeit des Salzstocks Gorleben als atomares Endlager zu liefern. Bis 1979 wurde bedenkenlos radioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager" versenkt. Im Jahr 2007 wurde bekannt, daß bereits seit 1988 Wasser in die Stollen von Asse II eindringt. Der Zufluß hat sich auf insgesamt zwölfeinhalb Kubikmeter pro Tag ausgeweitete. Über Jahre hin war die Tatsache von Seiten des Betreibers geleugnet worden. Bereits 1965 war bekannt, daß die beiden benachbarten Schächte Asse I und Asse III bereits abgesoffen waren. Von dem weniger als zehn Kilometer entfernten Salzbergwerk Hedwigsburg war nach einem Wassereinbruch nur noch ein wassergefüllter Krater übrig geblieben.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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