26.06.2007

Brasiliens Wiedereinstieg
in die Atomenergie

Pläne für drei Atomkraftwerke

Was US-Präsident George W. Bush trotz mehrfacher Ankündigungen in den letzten sieben Jahren nicht gelang, scheint nun Brasiliens "linker" Präsident Luis Ignacio Lula da Silva realisieren zu wollen: eine Renaissance der Atomenergie. Die brasilianische Regierung hat die Fertigstellung des AKW Angra 3 und den Bau von mindestens zwei weiteren Atomkraftwerken beschlossen. Lula begründete seine Entscheidung mit dem Argument, Atomenergie sei eine "saubere Energie".

Neben den AKW Angra 1 und Angra 2 im Bundesstaat Rio de Janeiro befindet sich die über 20 Jahre alte Bauruine für Angra 3, die nun mit Hilfe von Siemens zu Ende gebaut werden soll. Die Entscheidung für Angra 3 sei gefallen und werde Ende Juni veröffentlicht, so der Minister für Wissenschaft und Technik Sérgio Rezende.

Brasilien verfügt über die sechstgrößten Uranvorkommen der Erde. Bereits im März verkündete Rezende sieben neue Atomkraftwerke und die Fertigstellung des umstrittenen dritten Reaktors von Angra seien in Planung. Voraussichtlich ist mit der brasilianischen Renaissance der Atomenergie auch ein Ausbau des Uranbergbaus verbunden. Derzeit produziert das Land in den Uranminen von Caetité im Bundesstaat Bahia jährlich etwa 400 Tonnen aufbereitetes Uranerz, das wegen seiner gelben Farbe als Yellow Cake bezeicnet wird.. Laut Alfredo Tranjan Filho, dem Präsident der nationalen Nuklearindustrie (Indústrias Nucleares do Brasil - INB), soll nun nicht allein die Kapazität der Minen in Bahia in den nächsten zehn Jahren verdoppelt werden. Es sei ebenso die Erschließung eines zweiten Abbaugebiets in Santa Quitéra im Bundesstaat Ceará mit einer Produktionskapazität von 750 Tonnen Uran pro Jahr vorgesehen.

82 Prozent der brasilianischen Bevölkerung lehnen die Atomenergie ab. Der Atomkomplex Angra liegt in einem Erdebebengebiet und weder das ungelöste Problem eines Endlagers für den Jahrmillionen strahlenden Atommüll, noch die Gefahr terroristischer Anschläge unterscheiden die Situation in Brasilien von der auf einem anderen Ort des Globus. Schon heute sitzt Brasilien auf etwa 11,5 Millionen Fässern radioaktiven Mülls, schätzt der brasilianische Energieexperte Humberto Viana Guimarães. Ein strahlender Berg, der jährlich um mindestens eine Million Fässer wachse.

Laut AKW-Betreiber Eletronuclear sei die Einrichtung eines Endlagers für das Jahr 2012 vorgesehen. Wo dies sein soll, ist jedoch nicht bekannt. Gemeinden, die sich für ein Atommüll-Endlager in ihrem Gebiet entschieden, würden großzügig von der Regierung belohnt, verspricht der Präsident der Nationalen Atomenergiekommission (CNEN). Bislang lagert der stark strahlende Abfall in provisorischen Zwischenlagern auf dem Gelände der beiden AKWs Angra 1 und Angra 2 im Süden Rio de Janeiros bei Angra dos Reis.

Greenpeace Brasilien weist darauf hin, daß es in der Region um Angra - zwischen Rio de Janeiro und São Paulo - bereits Erdstöße gegeben hat, die das Betreiben von Atomkraftwerken äußerst riskant machen. Protestiert hat die Umwelt-Organistation ebenfalls gegen die erste industrielle Urananreicherungsanlage, die am Rande des Nationalparks Serra da Bocaina errichtet wurde. Greenpeace erinnert daran, daß das Nuklearprogramm Brasiliens während der Militärdiktatur vor allem von militärischen Interessen geprägt wurde. Ebenso wie bei der Urananreichung im Iran die Gefahr einer Weiterverbreitung von Atomwaffen im Raum steht, muß diese Gefahr auch im Falle Brasiliens gesehen werden.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unseren Artikel:

      Brasilien: Atomkraft ohne Rücksicht (28.01.07)

 

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