10.01.2017

Habeck auf illegalen Abwegen?
Atommüll-Lagerung in Brunsbüttel
rechtswidrig

AKW Brunsbüttel - Foto: Alois Staudacher -  Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
"Legal? Illegal? Scheißegal!" - Mit diesem Slogan zog 1983 eine damals noch existierende grüne Partei in den Bundestagswahlkampf - allerdings war dieser Slogan und eine entsprechende Karikatur auf einem ihrer Plakate auf die Korruption in den anderen Parteien und insbesondere den Spenden-Skandal gemünzt. Der von den Mainstream-Medien zum Shootingstar hochgejubelte Pseudo-Grüne und schleswig-holsteinische Minister Robert Habeck scheint nun diesen Slogan zu beherzigen und beabsichtigt nach eigenen Angaben, die Einlagerung von Atommüll im illegalen "Zwischen"-Lager des AKW Brunsbüttel zu genehmigen.

Der Betreiber des im Juli 2007 geschrotteten und seit Sommer 2011 für die Stilllegung vorgesehenen AKW Brunsbüttel bei Hamburg weiß nicht, wo er die noch im AKW befindlichen rund 500 hochradioaktiven Brennstäbe unterbringen soll. Am einfachsten und - vor allem - billigsten wäre es, diese im sogenannten Zwischen-Lager zu bunkern. Dieses Lager, dessen Name mit dem Wörtchen "zwischen" suggeriert, es gäbe eine festgelegte Frist, bis zu der aller darin eingelagerte Atommüll irgend wo hin anders transportiert würde, verdankt übrigens seine Existenz dem pseudo-grünen damaligen Bundes-Atom-Minister Jürgen Trittin.

Zehn Jahre nach der Genehmigung hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein diese für ungültig erklärt (Siehe unseren Artikel v. 19.06.13). Das OVG stellte fest, daß die für die Genehmigung zuständige Behörde es unterlassen hatte, vor der Genehmigungserteilung die Folgen eines Absturzes eines Airbus A380 auf das "Zwischen"-Lager zu ermitteln, obwohl die erforderlichen Daten vorgelegen hätten. Auch sei bei der Untersuchung der Folgen eines Angriffs mit panzerbrechenden Waffen nur ein älterer Waffentyp aus dem Jahr 1992 berücksichtigt worden.

Nun mag es Zufall sein, daß ausgerechnet im Jahr 2003, als der Beschluß zum Bau der "Zwischen"-Lager fiel, Atom-Minister Trittin ein Geheim-Gutachten in Auftrag gab, mit dem untersucht wurde, ob deutsche Atomkraftwerke einem mit dem 11. September 2001 vergleichbaren Terror-Angriff mit einem gekaperten Flugzeug standhalten können. Obwohl dieses Gutachten in der Schublade verschwand und Trittin offenbar niemanden "verunsichern" wollte, gelangte eine Kopie über den Umweg Österreich an den 'Focus'. Dieser berichtete am 7. April 2003, aus dem Geheim-Gutachten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) gehe hervor, daß alle damals in Betrieb befindlichen 19 Atom-Reaktoren in Deutschland nur unzureichend gegen einen Unfall oder Angriff aus der Luft geschützt sind. Das Triebwerk eines Passagierflugzeugs - und besonders jene eines Airbus A380 - durchschlägt die Betonhülle des Reaktorgebäudes. Und da auch die Betonwände der "Zwischen"-Lager an den AKW-Standorten Brunsbüttel, Brokdorf, Grohnde, Krümmel, Lingen und Unterweser nur 120 Zentimeter dick sind, ist klar, daß diese erst recht unzureichend gegen Terrorangriffe geschützt sind. Die Betonwände der "Zwischen"-Lager an den AKW-Standorten Biblis, Grafenrheinfeld, Gundremmingen, Isar und Philippsburg sind übrigens nur 85 Zentimeter dick.

Nebenbei bemerkt: Mittlerweile weiß die Redaktion des 'Focus' anscheinend nicht mehr, was sie 2003 wußte. Denn kürzlich war in diesem Blatt zu lesen, es lägen keine älteren Informationen zu dieser Problematik vor...

Nun ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein für "Schwarz-Rot-Grün-Gelb" äußerst mißlich, denn es gefährdet die Grundlage des "Standortauswahlgesetzes", mit dessen Hilfe - zumindest pro forma - geklärt werden sollte, wo denn irgendwann einmal der deutsche Atommüll untergebracht werden könnte. In einem schwierigen Balance-Akt zwischen den Bundesländern war die vermeintliche Lösung gefunden worden, vorläufig solle der Rücktransport von Atommüll aus den Plutonium-Fabriken Sellafield und LaHague zu drei jener "Zwischen"-Lager rollen. Und als eines dieser drei ist das "Zwischen"-Lager am AKW Brunsbüttel auserkoren worden. Hier sollten bis zu 14 der insgesamt 26 CASTOR-Behälter abgestellt werden, die voraussichtlich noch bis 2025 aus Sellafield und La Hague kommen sollen.

Das OVG-Urteil von 2013 wurde im Januar 2015 vom Bundesverwaltungsgericht Leipzig bestätigt und damit endgültig rechtskräftig (Siehe unseren Artikel v. 16.01.15). Aus der Urteilsbegründung folgt, daß sämtliche 16 "Zwischen"-Lager in Deutschland illegal sind. Damit fehlt der vom Atomgesetz vorgeschriebene Entsorgungsnachweis und aus juristischer Sicht müßten daher alle acht in Betrieb befindlichen Atom-Reaktoren in Deutschland sofort abgeschaltet werden. Daß darüber hinweggegangen wird, ist eigentlich ein Skandal. Aber die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist durch das Versprechen eines Atomausstiegs, der angeblich bis 2022 erfolgen soll, narkotisiert.

Zugleich wird in Bundesländern wie Baden-Württemberg - die Atomkraftwerke Philippsburg und Neckarwestheim - und Schleswig-Holstein - AKW Brokdorf - der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken erlaubt. In Baden-Württemberg erdreistete sich gar der pseudo-grüne Minister Franz Untersteller die seiner Aufsicht unterstellten Atom-Reaktoren als "sicher" zu bezeichnen.

Und sein pseudo-grüner Amts-Kollege in Schleswig-Holstein erließ noch am selben Tag, als das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig öffentlich wurde, am 16. Januar 2015, die atomrechtliche Anordnung, daß die Lagerung von Atommüll im "Zwischen"-Lager des AKW Brunsbüttel bis Anfang 2018 vom Land Schleswig-Holstein geduldet wird. Auch dies wird in der Öffentlichkeit nicht als Skandal wahrgenommen - vor allem deshalb, weil der zuständige Minister sich als Grüner bezeichnet und ihm eine "Aura des politischen Freigeists und Anti-Politikers" zugeschrieben wird.

Jetzt konstatiert auch Greenpeace, daß sich Habeck strafbar machen könnte, wenn er nun zu all dem auch noch die von Vattenfall gewünschte Einlagerung der rund 500 hochradioaktiven Brennstäbe genehmigen sollte. Die Umwelt-Organisation stützt sich hierbei auf ein Gutachten, mit dem sie prüfen ließ, ob diese zusätzliche Einlagerung von Atommüll rechtmäßig wäre und das diese Frage klar verneint.

Der AKW-Betreiber und Strom-Konzern Vattenfall hatte den Rückbau des AKW Brunsbüttel 2012 beantragt und will damit 2018 beginnen. Hierfür müssen aber dann zunächst die Brennstäbe aus dem Reaktorkern entfernt und irgendwo gelagert werden. Vattenfall stellte nun den eigens hierfür nötigen Antrag. AnwohnerInnen in Brunsbüttel können zwei Monate lang, bis zum 10. März 2017, die Unterlagen einsehen und Einwendungen vorbringen.

Doch schon im Sommer 2016 signalisierte der Pseudo-Grüne Habeck, daß er der Lagerung des hochradioaktiven Mülls im "Zwischen"-Lager des Atomkraftwerks zustimmen werde. Dies will er mit einem Trick bewerkstelligen: Statt "Zwischenlagerung" soll es nun einfach "Bereitstellungslagerung" heißen.

Das Greenpeace-Gutachten sieht darin einen klaren Widerspruch zur herrschenden Rechtsprechung. Darin heißt es: "Die ungenehmigte Aufbewahrung von Kernbrennstoffen ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Auch Amtsträger können sich wegen Beihilfe zu einer Straftat nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar machen."

Habeck sei dabei, "die Interessen Vattenfalls über geltendes Recht und den Schutz der Bevölkerung zu stellen," sagt Susanne Neubronner, Greenpeace-Expertin für Atomkraft. "Der Atommüll ist im Zwischenlager nicht sicher. Das Umweltministerium versucht gerade, mit Taschenspielertricks ein Gerichtsurteil zu unterwandern."

Eine fehlende Betriebserlaubnis durch Wortspielerei auszuhebeln, könnte zur Nachahmung verleiten. Käme Vattenfall damit durch, würden alle weiteren Genehmigungsverfahren von Atommüll-Lagern in Frage gestellt und Sicherheitsanforderungen geschwächt. Greenpeace fordert, die Brennelemente im Reaktor zu lassen. Denn Sicherheit gehe vor, auch wenn der Rückbau des AKW sich dadurch verzögert. So wurde etwa das 1990 stillgelegte AKW Greifswald 22 Jahre lang im "sicheren Einschluß" belassen, bevor 2012 mit dem Abriß begonnen wurde. Zuvor war die zuständige Landesregierung in Schwerin sogar der durchaus wissenschaftlich fundierten Ansicht, daß es am vernünftigsten ist, das stillgelegte Atomkraftwerk 50 Jahre lang unangetastet zu lassen, bis ein großer Teil der Radioaktivität abgeklungen ist. Dies galt lange als mögliches Vorbild für den Umgang mit anderen deutschen AKW-Ruinen (Siehe hierzu unseren Artikel v. 22.09.16).

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Atommüll-Desaster
      Gericht erklärt Lager in Brunsbüttel für illegal (16.01.15)

      KIT Karlsruhe:
      1692 beschädigte Atommüll-Fässer (19.11.14)

      Doppelt so viel Atommüll wie veranschlagt
      Deutschland sitzt auf einer Zeitbombe (19.11.14)

      "Zwischenlager" Brunsbüttel
      ... 38, 55, 102 (10.10.14)

      AKW Brunsbüttel: Weitere rostige Fässer
      ...und kein Ende (20.08.14)

      Mehr als 988 Atom-Transporte in 2 Jahren
      Permanente Gefahr einer Katastrophe (13.07.14)

      AKW Brunsbüttel:
      Noch mehr rostige Atommüll-Fässer im Keller (12.02.14)

      Gericht verwirft Genehmigung
      für Zwischenlager am AKW Brunsbüttel
      Endlager-Such-Gesetz obsolet
      Stop aller 9 Atom-Reaktoren in Deutschland? (19.06.13)

      Hamburg: Katastrophe nur
      knapp abgewendet (16.05.13)

      Atommüll-Zug in Südfrankreich entgleist
      Bestimmungsort ist möglicherweise Deutschland (22.01.13)

      AKW Krümmel
      Noch mehr rostige Atommüll-Fässer (20.03.12)

      AKW Neckarwestheim
      Noch ein rostiges Atommüll-Faß (15.03.12)

      Rostige Atommüll-Fässer
      im AKW Brunsbüttel (7.03.12)

      Bergung des Atom-Mülls aus Asse II
      weiter verzögert
      Bundes-"Umwelt"-Ministerium betreibt Obstruktion (8.12.11)

      "Stress-Test" abgeschlossen
      Statt Atom-Ausstieg neue Mogelpackung? (18.05.11)

      Restrisiko: Auch Terrorangriffe gegen AKW
      sollen nicht länger ausgeblendet werden (31.03.11)

      AKW Philippsburg
      Mit Nebelwerfer gegen Terror-Gefahr? (21.07.10)

      Terrorziel Atomkraftwerk
      TV-Magazin 'Frontal21' veröffentlicht Geheimbericht (17.06.09)

      Atomkraftwerke sind potentielle Terror-Ziele
      BUND warnt vor 9/11 in Deutschland (5.09.08)

      Neues EPR-Atomkraftwerk
      kann durch Flugzeug-Attacke zerstört werden (26.03.08)

      Lizenz zum Abschuß von Passagierflugzeugen
      Bundesverfassungsgericht entscheidet
      über "Luftsicherheitsgesetz" (9.11.05)

      Auch neue EPR-Atomkraftwerke terrorgefährdet
      Greenpeace kritisiert Zensur der französischen Regierung
      (25.09.05)

      Präventiver Abschuß von Flugzeugen
      Es geht um ungesicherte AKWs (12.01.05)

      Amt für Fragenschutz
      Wendländer bekommen keine Auskunft von "Rot-Grün" (21.06.04)

      Deutsche AKWs ungesichert gegen Flugzeug-Terror
      Geheime GRS-Studie in österreichischen Medien (17.12.03)

      AKWs ungeschützt
      gegen Terror-Angriffe (7.04.03)

 

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