31.07.2006

Festival der Endlager-GegnerInnen
in Bure

Ins lothringischen Bure kamen an diesem Wochenende Endlager-GegnerInnen aus ganz Europa, um die französische Anti-Atom-Bewegung zu unterstützen. Über 500 Menschen trafen sich zum Festival auf einem Acker bei dem kleinen abgelegenen Bure, wo über drei Tage hin eine Stimmung zwischen Woodstock und Wendland zu spüren war. In zwei Zirkus-Zelten und auf mehreren Bühnen war Musik und Kultur, Diskussion und Anti-Atom-Information geboten.

Die französische Regierung versucht im Auftrag des Strommonopolisten EdF seit Jahren in der dünn besiedelten lothringischen Grenzregion für das weltweit bisher ungelöste Problem der Atommüll-Endlagerung einen Ausweg zu finden. Wie im wendländischen Gorleben oder im schweizerischen Benken soll der Nachlaß des kurzen nuklearen Zeitalters unter der Erdoberfläche verschwinden. Doch obwohl in Bure eine Ton-Schicht in 500 Metern Tiefe erst wissenschaftlich untersucht werden soll, ist über den Endlager-Standort offenbar bereits eine politische Vorentscheidung getroffen worden. Nirgendwo sonst in Frankreich werden noch alternativ Untersuchungen durchgeführt.

Für die Endlager-GegnerInnen, ob aus Goleben oder Benken, ob aus der italienischen Region Basilicata1 oder aus Lothringen ist klar, daß überall nicht etwa die wisschenschaftliche Untersuchung, sondern allein die Tatsache, daß es sich um abgelegene, dünn besiedelte Regionen handelt, die Standortwahl bestimmte. Und ebenso wie bereits seit über 20 Jahren im Wendland, wird von der staatlichen Agentur für radioaktive Abfälle (ANDRA) mit Millionenbeträgen versucht, sich in der Region um Bure beliebt zu machen. Und diese Versuchung ist um so verlockender, je höher die Arbeitslosenquote in einer strukturschwachen Region liegt.

Allein in das festungsartig ausgebaute "Endlager-Labor" bei Bure flossen bislang jährlich rund 8 Millionen Euro. Die französische Regierung steht unter selbst verordnetem Zeitdruck, denn laut Gesetz muß noch in diesem Jahr das Endlager-Problem "gelöst" sein. Doch in dieser Materie sind unerwartete Wendungen nicht selten. Bis vor kurzem noch wollte US-Präsident Bush mit aller Kraft ein US-amerikanisches Atommüll-Endlager in den Yucca Mountains2 durchsetzen. Wie am Rande des kürzlich in St. Petersburg stattgefundenen G-8-Gipfels zu erfahren war, soll nun mit Putin um einen Endlager-Standort in Sibirien verhandelt werden. Dort sollen dann nicht nur die radioaktiven Abfälle aus US-amerikanischen AKWs sondern darüber hinaus die Abfälle aus allen von US-Firmen gebauten AKWs eingelagert werden.

Diese aktuelle Entwicklung war unter anderem Thema bei einer Podiumsdiskussion am Sonntag Nachmittag. VertreterInnen von Bürgerinitiativen aus Frankreich, der Schweiz, Deutschland und Spanien bekundeten solidarisch, daß es ohne einen Atomausstieg keinen Kompromiss in der Frage eines Endlager-Standortes geben könne. Auf einhellige Zustimmung stieß die Feststellung der Vertreterin der deutschen BI gegen das geplante Atommüll-Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Schacht Konrad bei Salzgitter, Ursula Schönberger: "Sobald die internationale Atom-Lobby ein einziges Endlager vorweisen kann, wird ein Ausstieg aus der Atomenergie weiter und weiter verzögert."

Der inter-europäische Informationsaustausch stellte sich als außerordentlich fruchtbar heraus. Auf großes Echo stießen die Erfahrungen der auch in Deutschland nur wenig bekannten Schacht-Konrad-BI. Noch vor 15 Jahren hätten die Betreiber das Bergwerk als "absolut sicher" gelobt. Inzwischen müßten sie selbst eingestehen, daß sie angesichts eindringender Wassermassen "hilflos" seien, so Ursula Schönberger, die sich von der unvermuteten Offenheit der Betreiber "völlig überrascht" zeigte. In einer Diskussionsrunde wurde mehrfach betont, wie wichtig Informationsaustausch und Vernetzung innerhalb der europäischen Anti-Atom-Bewegung seien.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel

      ItalienerInnen erfolgreich
      - kein Endlager weltweit (2.12.03)

2 Siehe auch unseren Artikel

      Atomares Endlager Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)

 

neuronales Netzwerk