25.04.2014

Ölpest im Münsterland
Salz als "Endlager"-Medium ungeeignet

Öl aus Salzkaverne auf der Weide
Nur wenige Kilometer entfernt von der skandalträchtigen Urananreicherungsanlage in Gronau ereignete sich eine Umwelt-Katastrophe. Diese ist zwar nicht von der Atomindustrie verursacht, zeigt aber die Hybris der Energiewirtschaft auf und beweist erneut, daß Salz nicht als "Endlager"-Medium taugt.

Bereits am 12. April entdeckte ein Landwirt eine Öl-Lache auf seiner Weide bei Gronau, auf der Gemarkung des Ortsteils Epe. Auch in einem Vogelschutzgebiet und auf einem Bauernhof quillt Öl ans Tageslicht. Das Öl dringt offenbar aus Lagerstätten in alten Salz-Kavernen in 1000 Meter Tiefe an die Oberfläche. Seit Anfang der 1970er-Jahre - seit der Öl-Krise - lagern in den gigantischen Hohlräumen ausgebeuteter Salzstöcke unter Gronau und Ahaus im Münsterland 1,4 Millionen Tonnen Öl. Es ist Teil der nationalen Energiereserve und eines der größten Kavernenfelder der Welt.

Das Salz in über 1000 Meter Tiefe galt bei der Mehrheit technikgläubiger GeologInnen als sehr sichere Lagerstätte - auch für Atommüll. Etliche Geologie-Koryphäen auf universitären Lehrstühlen sehen dies bis heute so. Und so erklärt etwa Bergdirektor Peter Dörne von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg: "Salz ist gasdicht und selbstheilend." und: "Die Kavernenspeicherung ist eine sehr sichere Methode."

Doch seit zwei Wochen sprudeln täglich tausende Liter Öl auf die Weiden und verseuchen den Boden mit krebserregendem Benzol. Etliche Kühe haben von dem Wasser-Öl-Gemisch getrunken und zehn mußten notgeschlachtet werden. Die betroffenen LandwirtInnen brachten ihre Kühe mittlerweile auf anderen Höfen der Umgebung unter.

Öl wurde auch im Grundwasser nachgewiesen. 32.000 Liter sind in Gronau-Epe schon abgepumpt worden. Das unter Naturschutz stehende Land verwandelte sich in eine abgesperrte Großbaustelle. Volker Milk, Arnsbergs Regierungsvizepräsident, räumt ein: "Das ist ein Schadensfall, den es in dieser Form in Deutschland noch nie gegeben hat." Allein der finanzielle Schaden beträgt schon jetzt mehr als zehn Millionen Euro.

Landwirt Klaus Sundermann mußte mit seiner Familie in ein Hotel ausweichen, weil die Öl-Dämpfe rund um seinen Hof gesundheitsschädlich sind. Alle Zufahrten werden von einem Sicherheitsdienst bewacht. AnwohnerInnen erreichen die eigenen Höfe nur noch mit einem Passierschein. Wie lange Sundermann mit seiner Familie im Hotel ausharren muß, ist derzeit offen, denn das Leck in den unterirdischen Öl-Kavernen zu finden, ist außerordentlich schwierig. Das kann Wochen und Monate dauern. "Unser Land ist jedenfalls nichts mehr wert. Meine Kinder werden es nicht verkaufen können," klagt Sundermann.

Mit gigantischen Maschinen wurden bereits 6000 Tonnen Boden abgetragen. Drainagen wurden gelegt, hunderte Meter Schlitzwände gesetzt. Ein halber Wald mußte gerodet werden, um das unterirdische Leck zu finden. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, denn das Öl breitet sich im Grundwasser aus.

"Es ist eingetreten, was alle Experten für ausgeschlossen gehalten haben. Man weiß nicht, wie viel Öl sich im Untergrund ausgebreitet hat," schimpft Dirk Jansen, Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und spricht von einem "veritablen Umweltskandal". Weder sei die Langzeitsicherheit der Lagerung in Salz gewährleistet, noch gebe es Konzepte die Lagerstätte zu sanieren.

Die UmweltschützerInnen im Münsterland sind wütend. Wie sich nun zeige, seien die unterirdischen Lagerstätten nie hundertprozentig sicher. Dabei hatten Geologie-Professoren in den 1970er-Jahren im Brustton der Überzeugung die unbezweifelbare Weisheit verkündet, Atommüll sei in Salzstöcken für Millionen von Jahren sicher von der Biosphäre abgeschirmt. Nach nur 40 Jahren Öl-Einlagerung in Salz sind diese Gelehrten-Träume wie Seifenblasen geplatzt. Dabei hätten sie es schon vor etlichen Jahren besser wissen müssen: In das ehemalige Kali- und Salz-Bergwerk Asse II, das ab 1965 von der Bundesregierung als "Versuchs-Endlager" für Atommüll eingerichtet worden war, dringt seit 1988 Wasser ein. Von dem weniger als zehn Kilometer entfernten Salzbergwerk Hedwigsburg war nach einem Wassereinbruch nur noch ein wassergefüllter Krater übrig geblieben und auch die beiden benachbarten Schächte Asse I und Asse III sind bereits abgesoffen. Doch nach wie vor spielt die Parteien-Politik auf Zeit und verzögert die seit Ende 2007 versprochene Bergung des Atommülls aus dem "Versuchs-Endlager" Asse II.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

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      Info-Serie Atomenergie - Folge 12

 

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