7.12.2004

Hermes-Bürgschaften
für AKWs in China

Siemens und "Rot-Grün" Hand in Hand

Laut 'stern' existieren Pläne, AKW-Aufträge des Siemens-Konzerns für 20 neue AKWs in China mit Hermes-Bürgschaften1 in Höhe von mehren hundert Millionen Euro abzusichern. Nach dem 'stern'-Bericht soll Bundeskanzler Gerhard Schröder während der aktuellen China-Reise mit Siemens-Chef Heinrich von Pierer einmal mehr die "realpolitische" Alternative zwischen der "weltbesten" Atomtechnologie - nämlich der deutschen - und der veralteten der Russen bemüht haben. Um das angeblich größere Übel eines Einsatzes russischer Reaktortechnik in chinesischen Atom-Meilern zu vermeiden, müßte auch den "Grünen" an einer Unterstützung von Siemens gelegen sein.

Der Siemens-Konzern versucht bereits seit Jahren, über die Tochter 'Areva' auch in Europa mit einer neuen Reaktor-Linie, dem EPR, den seit der Tschernobyl-Katastrophe bestehenden Auftrags-Stop für AKWs zu durchbrechen. Und im vergangenen Jahr hatte Siemens die Bürgschaft für Zulieferungen für ein geplantes neues finnische Atomkraftwerk vom EPR-Typ mit Bürgschaften schon so gut wie in der Tasche. Erst als der Antrag nach massiven öffentlichen Protesten zu scheitern drohte, zog Siemens ihn zurück.

"Vielleicht geht Siemens davon aus, daß steter Tropfen den Stein höhlt und probiert es immer und immer wieder", mutmaßt Regine Richter von der Umwelt-Organisation 'urgewald'. In Hinblick auf das finnische AKW hatte Siemens argumentiert, es handele sich bei der Lieferung nicht um "Nukleartechnologie". Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW warnt grundsätzlich vor dem Risiko des Einsatzes digitaler Sicherheitsleittechnik in Atomkraftwerken. Die von Siemens seit Jahren propagierte digitale Sicherheitsleittechnik berge enorme Risiken. IPPNW verweist auf eine "Panne" am 10. Mai 2000 im deutschen Atomkraftwerk Neckarwestheim-1. Dort waren 1998 erhebliche Teile der Steuerungstechnik von einer festverdrahteten auf die digitale Siemens-Sicherheitsleittechnik 'TELEPERM XS' umgerüstet worden. Diese Umrüstung habe am 10. Mai 2000 dazu geführt, daß die zentrale Sicherheitseinrichtung des Atomkraftwerks kurzfristig ausgefallen sei: "Der für die Reaktorschnellabschaltung erforderliche Einfall der Steuerstäbe in den Reaktorkern war blockiert". Die Reaktorsicherheitskommission (RSK) habe in einer Stellungnahme zu dem Vorfall betont, daß immerhin noch die alte, analoge Sicherheitstechnik zur Verfügung gestanden habe. Doch auch in anderen Geschäftsbereichen wie dem Straßenbahn-Bau2 oder bei der Handy-Produktion hat der Siemens-Konzern durch Murks den Nimbus alter Ingenieurs-Herrlichkeit dauerhaft beschädigt.

Laut Informationen der IPPNW habe die atomenergiefreundliche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) die "Komplexität des Systems" für die Fehlfunktion am 10. Mai 2000 als ursächlich bezeichnet. Ein IPPNW-Sprecher erläutert: "In einem großen Atomkraftwerk müssen die Computer in rund 850.000 Kubikmeter umbautem Raum 17.000 Rohrstränge mit einer Länge von 150.000 Meter und 30.000 Halterungen, 20.000 Armaturen, 1.000 verfahrenstechnische Apparate beziehungsweise Aggregate und 5.000 elektrische Verbraucher koordinieren."

In der Stellungnahme der RSK heißt es, "die an der Störung beteiligten Funktionen" seien ausschließlich in der Siemens-Sicherheitsleittechnik 'TELEPERM XS' aufgebaut seien. Die RSK hält es offenbar für erforderlich, die Betriebserfahrungen mit der neuen, digitalen Leittechnik kritisch zu beobachten. "Was also modern und zweifellos nach einem Zuwachs an Sicherheit klingt, nämlich der Einsatz von digitaler Sicherheitsleittechnik, entpuppt sich nach Auffassung der IPPNW in Wirklichkeit als neues Sicherheitsrisiko für den Betrieb von AKWs.

Und immer wieder muß daran erinnert werden, daß Holger Strohm bereits vor Jahren darauf hinwies, daß gar keine Rede von "deutschen Atomkraftwerken" sein kann: Die AKW-Produzenten Siemens und AEG haben die deutschen Siedewasser- und Druckwasser-Reaktoren in Lizenz der US-Konzerne General Electric und Westinghouse nachgebaut. Konstruktionsbedingt haften ihnen dieselben Sicherheitsmängel wie dem Katastrophen-Reaktor von Harrisburg an: Knallgas-Explosion bei Brennstabverschmelzungen, unzuverlässige Kühlung des Reaktorkerns und das Risiko eines Bruchs des Sicherheitsdruckbehälters.

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel
      Klage gegen "Rot-Grün" wegen Hermes-Bürgschaften
      (15.06.04)

      Atom-Export nach Südafrika (9.01.04)

      Hanau-Export - nicht Neues
      - "Rot-Grün" von Beginn an korrupt (9.12.03)

2 Siehe hierzu auch unseren Artikel
      Siemens liefert Murks (28.08.04)

 

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