AtomkraftgegnerInnen mobilisieren wieder zu Fahrrad-Sternfahrt und Kundgebung, um der
Forderung nach sofortigem Abschalten des ältesten Atomkraftwerks Frankreichs
Nachdruck zu verleihen
Das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim - nur wenige Kilometer von Freiburg
entfernt - ist seit 29 Jahren in Betrieb. Auch in den letzten zwölf Monaten
häuften sich sogenannte Pannen, die oft entgegen offizieller Vereinbarungen nur
zeitverzögert eingestanden wurden. So informierte beispielsweise am 24. April
2006 lediglich die 'Basler Zeitung' die Öffentlichkeit im Dreyeckland davon, daß
sieben Tage zuvor im Primärkreislauf des Reaktorbocks 2 im AKW Fessenheim ein
Notkühlsystem für vier Stunden ausgefallen war.
Im selben Monat verfaßten über hundert elsässische Bürgermeister, Gemeinderäte
und Abgeordnete einen gemeinsamen Appell, in dem die Stilllegung des AKW
Fessenheim gefordert wird. Eine kleine Sensation in der politischen Landschaft
Frankreichs, die wie in kaum einem anderen europäischen Land zentralistisch und
hierarchisch strukturiert ist. Bei der Eröffnung einer neuen Brücke über den
Rhein bei Fessenheim am 20. Mai sollte dieser Appell an den französischen
Präsidenten Jacques Chirac übergeben werden, doch Chirac wurde beim
obligatorischen Durchschneiden des Absperrbandes konsequent von der
Öffentlichkeit und lokalen Politikern abgeschirmt, so daß die Übergabe des
Appells nicht zustande kam.
Neu ist ebenfalls ein von Schweizer, elsässischen und badischen Organisationen
gegründeter »Trinationaler Atomschutzverband« (TRAS), der sich auf die
Vorbereitung einer Klage vor französischen Gerichten konzentriert, um auf diesem
Weg die Abschaltung des AKW Fessenheim zu erzwingen. Ein vergleichbarer
»Schutzverband« konnte auf gerichtlichem Wege vor weniger als zehn Jahren die
Stilllegung des Schnellen Brüters 'Superphénix' im französischen Malville
durchsetzen. Ebenfalls durch Gerichtsbeschluß wurde in Deutschland das AKW
Mühlheim-Kärlich 1988 nach nur 13 Monaten Stromproduktion gestoppt. Ein Gericht
hatte sich durch von Bürgerinitiativen finanzierte Gutachten davon überzeugen
lassen, daß der Standort als erdbebengefährdet eingestuft werden muß. Der
Untergrund unter dem AKW Fessenheim ist mindestens ebenso erdbebengefährdet wie
heftige Erdstöße erst in den letzten Jahren in Erinnerung riefen.
In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer Leistung die
Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Umgerechnet auf die beiden
Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet dies, daß dort in jedem Betriebsjahr
die kurz- und langlebige Radioaktivität von 1.800 Hiroshima-Bomben entsteht. Die
Freisetzung auch nur eines geringen Teils dieser Radioaktivität hätte
verheerende Folgen für alles Leben in der gesamten Region. Als Folge einer
Reaktorkatastrophe wie vor zwanzig Jahren in Tschernobyl würde bei der meist
vorherrschenden Windrichtung ein Territorium bis in den Raum Nürnberg-Würzburg
für Jahrzehnte unbewohnbar. Durch die erst nach dem 11. September 2001 über die
Anti-Atom-Bewegung hinaus anerkannte Gefährdung durch terroristische Anschläge
und durch die Alterung der Reaktoren steigt das Risiko von Jahr zu Jahr.
In diesem Jahr findet die »Tour de Fessenheim« erstmals an zwei Tagen statt. Die
Fahrrad-Korsos im Elsaß und in Südbaden steuern das AKW Fessenheim am Samstag,
17. Juni, an. Lokale Umweltgruppen haben Stafetten organisiert, so daß auch
weniger geübte Radfahrer an einer Etappe teilnehmen können. Von Gruppe zu Gruppe
werden dabei symbolisch überdimensionale Schlüssel weitergereicht, um so der
Forderung nach sofortigem Abschalten des AKW Fessenheim Nachdruck zu verleihen.
Für Jugendliche ist ein Zeltplatz mit Lagerfeuer in der Nähe von Fessenheim
vorgesehen, um dort die Nacht zu verbringen. Am Sonntag, 18. Juni findet eine
Kundgebung um 13 Uhr auf dem Rathausplatz in Fessenheim und um 14 Uhr vor dem
AKW Fessenheim statt.
Näheres zum Programm ist zu finden auf der Internet-Seite:
www.tour-de-fessenheim.de/tdf06.html
Klaus Schramm