10.06.2006

Sechste »Tour de Fessenheim«
gegen AKW am Oberrhein

AtomkraftgegnerInnen mobilisieren wieder zu Fahrrad-Sternfahrt und Kundgebung, um der Forderung nach sofortigem Abschalten des ältesten Atomkraftwerks Frankreichs Nachdruck zu verleihen

Veranstaltungsplakat Das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim - nur wenige Kilometer von Freiburg entfernt - ist seit 29 Jahren in Betrieb. Auch in den letzten zwölf Monaten häuften sich sogenannte Pannen, die oft entgegen offizieller Vereinbarungen nur zeitverzögert eingestanden wurden. So informierte beispielsweise am 24. April 2006 lediglich die 'Basler Zeitung' die Öffentlichkeit im Dreyeckland davon, daß sieben Tage zuvor im Primärkreislauf des Reaktorbocks 2 im AKW Fessenheim ein Notkühlsystem für vier Stunden ausgefallen war.

Im selben Monat verfaßten über hundert elsässische Bürgermeister, Gemeinderäte und Abgeordnete einen gemeinsamen Appell, in dem die Stilllegung des AKW Fessenheim gefordert wird. Eine kleine Sensation in der politischen Landschaft Frankreichs, die wie in kaum einem anderen europäischen Land zentralistisch und hierarchisch strukturiert ist. Bei der Eröffnung einer neuen Brücke über den Rhein bei Fessenheim am 20. Mai sollte dieser Appell an den französischen Präsidenten Jacques Chirac übergeben werden, doch Chirac wurde beim obligatorischen Durchschneiden des Absperrbandes konsequent von der Öffentlichkeit und lokalen Politikern abgeschirmt, so daß die Übergabe des Appells nicht zustande kam.

Neu ist ebenfalls ein von Schweizer, elsässischen und badischen Organisationen gegründeter »Trinationaler Atomschutzverband« (TRAS), der sich auf die Vorbereitung einer Klage vor französischen Gerichten konzentriert, um auf diesem Weg die Abschaltung des AKW Fessenheim zu erzwingen. Ein vergleichbarer »Schutzverband« konnte auf gerichtlichem Wege vor weniger als zehn Jahren die Stilllegung des Schnellen Brüters 'Superphénix' im französischen Malville durchsetzen. Ebenfalls durch Gerichtsbeschluß wurde in Deutschland das AKW Mühlheim-Kärlich 1988 nach nur 13 Monaten Stromproduktion gestoppt. Ein Gericht hatte sich durch von Bürgerinitiativen finanzierte Gutachten davon überzeugen lassen, daß der Standort als erdbebengefährdet eingestuft werden muß. Der Untergrund unter dem AKW Fessenheim ist mindestens ebenso erdbebengefährdet wie heftige Erdstöße erst in den letzten Jahren in Erinnerung riefen.

In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer Leistung die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Umgerechnet auf die beiden Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet dies, daß dort in jedem Betriebsjahr die kurz- und langlebige Radioaktivität von 1.800 Hiroshima-Bomben entsteht. Die Freisetzung auch nur eines geringen Teils dieser Radioaktivität hätte verheerende Folgen für alles Leben in der gesamten Region. Als Folge einer Reaktorkatastrophe wie vor zwanzig Jahren in Tschernobyl würde bei der meist vorherrschenden Windrichtung ein Territorium bis in den Raum Nürnberg-Würzburg für Jahrzehnte unbewohnbar. Durch die erst nach dem 11. September 2001 über die Anti-Atom-Bewegung hinaus anerkannte Gefährdung durch terroristische Anschläge und durch die Alterung der Reaktoren steigt das Risiko von Jahr zu Jahr.

Katastrophen-Gebiet »GAU Fessenheim«

In diesem Jahr findet die »Tour de Fessenheim« erstmals an zwei Tagen statt. Die Fahrrad-Korsos im Elsaß und in Südbaden steuern das AKW Fessenheim am Samstag, 17. Juni, an. Lokale Umweltgruppen haben Stafetten organisiert, so daß auch weniger geübte Radfahrer an einer Etappe teilnehmen können. Von Gruppe zu Gruppe werden dabei symbolisch überdimensionale Schlüssel weitergereicht, um so der Forderung nach sofortigem Abschalten des AKW Fessenheim Nachdruck zu verleihen. Für Jugendliche ist ein Zeltplatz mit Lagerfeuer in der Nähe von Fessenheim vorgesehen, um dort die Nacht zu verbringen. Am Sonntag, 18. Juni findet eine Kundgebung um 13 Uhr auf dem Rathausplatz in Fessenheim und um 14 Uhr vor dem AKW Fessenheim statt.

Tour de Fessenheim 2005

Näheres zum Programm ist zu finden auf der Internet-Seite: www.tour-de-fessenheim.de/tdf06.html

 

Klaus Schramm

 

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