23.06.2003

Kommentar

Totgeburt
in den Brunnen gefallen

Die Hoffnung auf eine "alternative Endlagersuche", die von der BI Lüchow-Dannenberg gehegt worden war, beruhte auf Wunschdenken und ist nun laut BI
"in den Brunnen gefallen".

Simone Probst, parlamentarische "Umwelt"-Staatssekretärin, die den Vorsitz einer 12-köpfigen Kommission zur Endlager-Suche angeblich hätte übernehmen sollen, teilte aktuell den eingeladenen Umweltverbänden mit, daß die Chose gescheitert ist. Wie nicht anders zu erwarten, haben sowohl die Oppositionsparteien als auch die Vertreter der Atom-Mafia keine Notwendigkeit für weitere kostspielige Theateraufführungen erkennen können. Nachdem sie eine Bestandsgarantie zum Weiterbetrieb der deutschen AKWs zum politischen Nulltarif - und mit dem vertrauensfördernden "rot-grünen" Stempel "Atom-Ausstieg" versehen - hatten erzielen können, ist bereits das Optimum aus ihrer Sicht erreicht.

Schon zu Zeiten der Vorgänger-Kommission "AK End" hatten wir kritisiert, daß mit der anvisierten "alternativen Endlagersuche" zwar einerseits der auf Gorleben lastende Druck hätte gemindert werden können, ja, daß vielleicht sogar endlich die Erkenntnis, daß Gorleben absolut ungeeignet ist, von dieser "rot-grünen" Bundesregierung mit einem (wertlosen) Stempel hätte versehen werden können. Aber andererseits hätte dies bedeutet, daß der schwarze Peter damit einem oder mehreren anderen Standorten in Deutschland hingeschoben worden wäre - und, schlimmer noch: daß damit der Illusion Vorschub geleistet worden wäre, es sei ja ernsthaft und wissenschaftlich begründet ein sicheres Endlager für den Jahrmillionen strahlenden Atommüll auffindbar - und, mindestens genau so schlimm: daß damit das Risiko eingegangen wird, daß zukünftig mehrere Standortgemeinden gegeneinander ausgespielt hätten werden können - und, am aller schlimmsten: daß mit der dann anerkannten Option auf ein sicheres Endlager einem der überzeugendsten Argumente der Anti-Atom-Bewegung der Boden entzogen worden wäre, dem Argument nämlich, daß es niemals ein sicheres Endlager geben wird.

Es bedarf nur wenig Phantasie, um sich klar zu machen, daß es schon in wenigen Jahren wieder heißen kann: Die Endlager-Problematik ist gelöst - es können wieder neue AKWs gebaut werden. Denn daß seit 1989 - also 9 Jahre vor Beginn der "rot-grünen" Regierung - keine AKWs mehr in Deutschland gebaut werden können, ist nur einer starken Anti-Atom-Bewegung zu verdanken. Siemens-Framatome steht - nicht zuletzt Dank Milliardensubventionen von "Rot-Grün" - bereits mit dem neu entwickelten EPR-Reaktor in den Startlöchern.

Ebeso wie dieser "Atom-Ausstieg" für uns ein wertloses Stück Papier ist, wäre ein "rot-grünes" Siegel am Eingang des Gorlebener Salzstollens nichts, rein gar nichts wert gewesen. Für die Gegenseite brachte der "Atom-Ausstieg" den Vorteil, daß in Deutschland eine Mehrheit den Streit um die Atomenergie als "abgehakt" ansieht, daß der Widerstand geschwächt ist und die CASTOR-Transporte durchgezogen werden können. 2006 stehen die nächsten Bundestagswahlen an. Und selbst wenn "Rot-Grün" wider alle Erwartung weiterregieren wird, ist nach den bisherigen Erfahrungen auch nicht mehr auszuschließen, daß dann ein von Siemens- Famatome gesponserter Wiedereinstieg in die Atomenergie und Dank "neuer Erkenntnisse" eine Freigabe von Gorleben als Endlager erfolgt.
Wer wollte seine Hand ins Feuer legen, daß dies unmöglich sei?

Und noch aus einem viel grundlegenderen Aspekt heraus war diese "alternative Endlagersuche" eine Totgeburt. Es war von vorne herein eine Illusion, daß mit Verhandlungen ein Endlager für radioaktiven Müll in Deutschland zu verhindern sei. Jedes Verhandeln stellt unser eigenes Argument in Frage, daß es niemals ein sicheres Endlager geben wird, denn es würde immer darüber berichtet und damit mehr und mehr ins Bewußtsein der Öffentlichkeit eingeträufelt werden, welcher Standort denn "sicherer" sei. Unsere Position würde unweigerlich mehr und mehr geschwächt. Und genauso ist es eine Illusion zu glauben, die Betreiber von Atomkraftwerken würden jemals in Verhandlungen verbindlich dem Verzicht auf ein Endlager zustimmen. Denn dies würde zugleich bedeuten, einzugestehen, daß der Betrieb von Atomkraftwerken ein Verbrechen ist - ein Verbrechen an Tausenden und Abertausenden zukünftigen Generationen.

 

Ute Daniels

 

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