31.08.2017

MdB Hubertus Zdebel fordert
Stilllegung der UAA Gronau

Hubertus Zdebel für Atom-Ausstieg - Collage: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Nicht-Kommerziell 3.0
Der linke Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel hat mit Hilfe einer Anfrage an die Bundesregierung erfahren, daß zwischen der nordrhein-westfälische Urananreichungsanlage (UAA) Gronau, der britischen UAA Capenhurst und der niederländischen UAA Almelo in erheblichem Umfang Uran hin und her verschoben wird. Unter Hinweis auf die bei der Urananreicherung entstehenden gigantischen Mengen an Atom-Müll fordert Zdebel die sofortige Stilllegung der UAA Gronau.

Die Bundesregierung mußte zudem eingestehen, daß ein sogenanntes Zwischenlager für insgesamt 60.000 Tonnen abgereichertes Uran nicht vor 2019 in Betrieb gehen wird. Zdebel erinnert an die Kritik der europäischen Anti-Atom-Bewegung, daß Brennelementen mit Uran aus der deutschen UAA Gronau die belgischen AKW Doel und Tihange am Laufen halten. Die UAA Gronau beliefert rund 100 Atom-Reaktoren mit dem dafür aufbereiteten Uran-Brennstoff und damit ein Viertel aller Atomkraftwerke weltweit. Zuletzt wiesen darauf die OrganisatorInnen der Menschenkette Tihange - Maastricht - Aachen am 25. Juni hin (Siehe auch unseren Artikel v. 26.06.17).

Der Betrieb der beiden belgischen Atomkraftwerke ist äußerst riskant. In den Atomkraftwerken Doel und Tihange konnten tausende Risse nachgewiesen werden (Siehe hierzu auch unseren Artikel v. 5.01.16 und unsere Artikel-Serie zu diesem Thema). Doch auch ein bis heute nicht erkannter Fehler in einem "unauffälligen" AKW kann schon morgen zum nächsten Super-GAU führen.

Im Gegensatz zu Italien, wo 1987 ein realer Atom-Ausstieg durchgesetzt werden konnte und im Gegensatz zu Österreich, wo das erste fertiggestellte Atomkraftwerk Zwentendorf nach einem Volksentscheid 1978 nie in Betrieb ging, sind in Deutschland weiterhin 8 kommerzielle Atom-Reaktoren in Betrieb: In den Atomkraftwerken Brokdorf, Emsland, Grohnde, Gundremmingen (B und C), Isar, Neckarwestheim und Philippsburg. Wann diese stillgelegt werden, ist völlig ungewiß. Daß auf einen angekündigten Atom-Ausstieg kein Verlaß ist, belegen die von Regierungen gebrochenen Versprechungen eines Atom-Ausstiegs in Staaten wie Schweden, Spanien und Belgien. Zudem wurden in Deutschland bei dem im Sommer 2011 versprochenen Atom-Ausstieg sowohl die UAA Gronau in NRW als auch die Brennelementefabrik Lingen in Niedersachsen ausgeklammert. Beide Anlagen verfügen nach wie vor über unbefristete Betriebsgenehmigungen.

In der Brennelementefabrik Lingen wird angereichertes Uran aus der UAA Gronau zu Brennstäben für Atomreaktoren verarbeitet. Diese Fabrik beliefert weltweit Atomkraftwerke mit Brennelementen - darunter das AKW Doel und das älteste französische Atomkraftwerk, das AKW Fessenheim. Der französische Betreiber-Konzern Areva, der nach einer De-facto-Pleite im November 2014 (Siehe unseren Artikel v. 21.11.14) vom französischen Strom-Konzern EdF übernommen werden mußte, rühmt sich auf seiner Internet-Seite damit, auch Aufträge vom deutschen AKW-Betreiber RWE, vom finnischen AKW-Betreiber TVO und zur Belieferung des spanischen AKW Trillo erhalten zu haben. Zdebel fordert die sofortige Stilllegung sowohl der UAA Gronau als auch der Brennelementefabrik Lingen.

Die Urananreicherungsanlagen in Gronau, Capenhurst und Almelo werden von dem deutsch-britisch-niederländisches Konsortium Urenco betrieben. Viele der Atom-Transporte in Verbindung mit dem Betrieb der UAA Gronau resultieren offenbar aus konzerninternen Uran-Deals. Aus der Auskunft der Bundesregierung geht hervor, daß abgereichertes Uran aus der UAA Gronau zur Bearbeitung nach Frankreich transportiert wird. Dort zwischengelagertes Material wird mit der UAA Capenhurst gegen anderes Uran-Matrial für die UAA Gronau ausgetauscht. Die Bundesregierung bestätigte auf Anfrage von Zdebel, daß Urenco 10.117 Tonnen des in Frankreich zwischengelagerten Urantrioxids (U308), das aus der UAA Gronau stammte, mit der UAA Capenhurst getauscht habe und dafür im Gegenzug 12.689 Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid (UF6) in die UAA Gronau transportiert wird.

Außerdem wurden laut Bundesregierung im Jahr 2016 rund 1.300 Tonnen abgereichertes UF6 aus der UAA Gronau zur Bearbeitung nach Frankreich transportiert. Auch die UAA Almelo ist in die Verschiebungen von Uran-Material eingebunden. Im Jahr 2016 wurden aus der UAA Gronau fast 2.500 Tonnen zur Wieder-Anreicherung in die UAA Almelo geliefert.

Mit seiner Anfrage konnte Zdebel darüber hinaus Klarheit darüber verschaffen, daß die Inbetriebnahme des weitgehend fertiggestellten neuen Uran-"Zwischen"-Lagers am Standort der UAA Gronau nicht mehr vor dem Jahr 2019 geplant sei. Die Zustände sind skandalös: Die NRW-Landesregierung mußte jüngst eingestehen, daß auf dem Gelände der UAA Gronau Ende März 2017 rund 21.000 Tonnen Uran-Material in einem sogenannten Freilager ohne weitere Schutzmaßnahmen unter freiem Himmel lagerten.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      50.000 bei Menschenkette
      für Atom-Ausstieg (25.06.17)

      Blockade eines Uran-Zugs
      bei Narbonne (15.04.17)

      Deutsche AKW überflüssig
      Reaktoren im Winter sogar abgeschaltet (15.01.17)

      Demo für sofortige Stilllegung
      der Brennelemente-Fabrik Lingen (29.10.16)

      UAA Gronau blockiert
      Realer Atom-Ausstieg gefordert (11.07.16)

      AKW Tihange evakuiert?
      Chaotische Nachrichtenlage (22.03.16)

      UAA Gronau: Jura-Professor sieht "Rot-Grün"
      zum Handeln verpflichtet (14.03.16)

      Erneut Unfall in Brennelemente-Fabrik Lingen
      BBU fordert "Rote Karte" (12.02.16)

      "Brennelemente-Fabrik Lingen schließen!"
      Demo im "rot-grünen" Niedersachsen (1.02.16)

      Belgisches AKW Doel läuft
      Dank deutscher Lieferungen (5.01.16)

      Reaktor 1 des belgischen AKW Doel:
      Automatische Schnellabschaltung (3.01.16)

      AKW Doel 3 wieder hochgefahren
      Versprödung bedeutet Russisches Roulette (21.12.15)

      Explosionen in Atommüll-Deponie
      im US-Staat Nevada (26.10.15)

      Automatische Schnellabschaltung
      des belgischen AKW Tihange
      Versprödung bedeutet Russisches Roulette (19.09.15)

      Atom-Ausstieg ist sofort möglich
      Studie im Auftrag von .ausgestrahlt (25.06.15)

      Belgien: Materialermüdung in AKW
      Reaktordruckbehälter weltweit betroffen? (17.02.15)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Monitor legt weitere Beweise vor (5.02.15)

      Protest-Aktion gegen Uran-Transporte
      durch Hamburger Hafen (10.11.14)

      Mehr als 988 Atom-Transporte in 2 Jahren
      Permanente Gefahr einer Katastrophe (13.07.14)

      Fragen zum WIPP-Unfall:
      Ursachen, Betroffene, Folgen... (30.03.14)

      WIPP-Unfall doch gravierender:
      13 Arbeiter radioaktiv kontaminiert (27.02.14)

      USA: Strahlen-Alarm
      in unterirdischer Atommüll-Deponie (16.02.14)

      AKW Temelin: Ausbau verzögert
      EU-Kommission streitet mit Tschechien (10.11.13)

      Blockade gegen Uran-Transport
      Landgericht: "Eichhörnchen" darf weiter klettern (4.11.13)

      Atom-Ausstieg?
      Ein Vergleich zwischen D und GB (2.11.13)

      Werden die belgischen Atomkraftwerke
      Doel und Tihange wieder hochgefahren? (15.02.13)

      Mehrheit in Deutschland
      für früheren Atomausstieg (6.02.13)

      Atommüll-Zug in Südfrankreich entgleist
      Bestimmungsort ist möglicherweise Deutschland (22.01.13)

      "Schwarz-Gelb" schafft Grundlage für Atommüll-Export
      AtomkraftgegnerInnen kritisieren Dammbruch (4.01.13)

      8000 Risse im AKW Doel
      Stilllegung dennoch ungewiß (17.08.12)

      Riß im Reaktordruckbehälter
      des belgischen AKW Doel (9.08.12)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren
      Wie Kretschmann 2002 einen
      "politischen Selbstmord" überlebte (30.05.11)

      Kurswechsel der Linkspartei
      beim Thema Atom-Ausstieg (14.05.11)

 

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