4.05.2003

Ochsenfrosch
und Fremdenfeindlichkeit

Der Ochsenfrosch ist, gerade in Baden, ein Beispiel für neu auftretende Arten, die ökologisch große Schäden anrichten. Doch wie dieses Beispiel ebenfalls zeigt, sind diese an das vorhandene Ökosystem nicht angepaßten Arten, sogenannte Neozoen, überwiegend vom Menschen eingeschleppt und nicht etwa eingewandert. Ochsenfrösche wurden wegen der Froschschenkel gezüchtet, fremdländische Schildkröten als Weihnachtsgeschenke mißbraucht und danach ausgesetzt, Pelztiere entkamen Zuchtfarmen und vermehrten sich unkontrolliert...

Zynisch mutet es an, daß von Menschen angerichtetes Unheil suggestiv in vielen Artikeln den mißbrauchten Tier- und Pflanzenarten zugeschoben wird: von "Einwanderern", "Freßgier", "lärmenden Artenkillern", "Eindringlingen aus Übersee", auf die "zur Jagd geblasen" werde, ist da zu lesen. Offenbar wird hierbei auf Stereotype der Fremdenfeindlichkeit zurückgegriffen.

Das "Einwanderungsland Deutschland" hat eben nichts mit Neozoen zu tun, ebenso wenig wie faschistisch anmutende Begriffe wie "Blut-und-Boden-Naturschutz". Unklar bleibt hierbei allerdings, ob AutorInnen, die solche Begriffe verwenden, die NaturschützerInnen, die notgedrungen Neozoen bekämpfen müssen, in die "rechte Ecke" stellen wollen oder dort selbst punkten möchten.

Überraschend ist, wie wenig Informationen überprüft und stattdessen unkritisch abgeschrieben werden. Falsche Informationen zum Ochsenfrosch, die wie in der Boulevardpresse üblich auf die Gefräßigkeit abzielten, wurden beispielsweise vom 'stern' (40/2002) abgeschrieben, und tauchen an anderer Stelle nur geringfügig variiert wieder auf. Als Opfer des Ochsenfrosches werden nur Wirbeltier-Arten genannt, obwohl der Ochsenfrosch überwiegend Nicht-Wirbeltiere wie Nacktschnecken und Käfer frißt. Es gibt keinen Beleg, daß Ochsenfrösche Fledermäuse fressen. Bei Ratten, Vögeln (Enten) und Schlangen werden gelegentlich Jungtiere erbeutet - Fische nur ausnahmsweise. Allerdings stehen andere Amphibien häufiger auf dem Speiseplan des Ochsenfrosches. Der Ochsenfrosch ist nur eine Gefahr außerhalb seines ihm von der Evolution "zugewiesenen" Ökosystem in Nordamerika. Denn auch Ochsenfrösche machen nichts anderes als alle andern Beutegreifer: Sie fressen, um zu überleben.

Für eine sachlich fundierte Argumentation stünden aus- gewiesene Fachleute wie beispielsweise Hubert Laufer aus Offenburg zur Verfügung. Die Fakten sind allerdings nicht so spektakulär: Die interspezifische Konkurrenz zwischen Ochsenfrosch-Larven und den einheimischen Grünfrosch- Larven ist zumindest in Laborversuchen belegt. Oder beispielsweise die Beobachtung, daß bei Teichen, in denen sich der Ochsenfrosch reproduziert, einheimische Amphibienarten (Springfrosch, Laubfrosch) seltener sind oder nicht vorkommen. Ebenso ist durch Untersuchungen des Mageninhalts von Ochsenfröschen längst eindeutig geklärt, welchen Arten der Ochsenfrosch potentiell gefährlich werden kann und welchen nicht.

 

Klaus Schramm

 

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