15.05.2004

Benzinpreise,
Ölförderung und Krieg

Die Frage, ob der letzte Tropfen Erdöl in 30, 40 oder 50 Jahren verbraucht sein wird, verstellt eine viel wichtigere und brandaktuelle Frage: Wann ist das Maximum der Erdölförderung - der Peak Oil - erreicht? Denn ab diesem Zeitpunkt ist die Nachfrage größer als das Angebot. Die Gier der Industrieländer nach Öl trieb die Nachfrage immer exakt auf die Höhe der aktuellen Fördermenge. Und die weltweit aufsummierte Fördermenge folgt wie die Fördermenge einer einzelnen Ölquelle zeitlich dem Verlauf einer Gaußschen Glockenkurve. Dies belegen die in den beiden folgenden Grafiken aufbereiteten Statistiken der realen Fördermengen:

Ölförderung Großbritannien

Ölförderung weltweit

In einem Artikel im Januar 20031 hatte ich entsprechend den Aussagen von Experten noch geschrieben, daß das Maximum der Welt-Fördermenge 2003 oder 2004 überschritten werde. Tatsächlich wurde der Peak Oil bereits 2001 erreicht und wir befinden uns auf einer zunehmend steileren Talfahrt. Dennoch sind die Menschen in den Industrieländern mehrheitlich der Ansicht, daß das "Ende der Erdölvorräte" sie nicht betreffe, da es mit ihrem alltäglichen Leben (noch) nichts zu tun hat - auch wenn sie die Endlichkeit der Ressourcen theoretisch akzeptieren. Wenn die Menschen in den USA, in Europa und anderswo weiterhin zulassen, daß ihre Regierungen im Interesse der Konzerne auf Aufrüstung und den "präemptiven" Einsatz atomarer Waffen setzen, wird die Welt in wenigen Jahren Rohstoff-Kriege in nie zuvor gesehener Destruktivität erleben gegen die der Zweiter Weltkrieg und selbst die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki nur ein bescheidenes Präludium darstellen.

In den USA existieren nur noch zwei große Mineralöl-Konzerne, ExxonMobil und ChevronTexaco2. Diese haben beide ein großes Interesse an einem weiteren Krieg um Öl. Allein aus diesem Grund wird über Preise an den US-amerikanischen Tankstellen Druck für eine Zustimmung des Wahlvolks zu einem neuerlichen Krieg ausgeübt. Dabei ist der durchschnittliche Preis für Benzin in den USA aktuell bei für europäische Verhältnisse lächerlichen 44 Euro-Cent pro Liter. Und daß diese Preise künstlich so weit hochgetrieben wurden, beweist der Preisvergleich mit Kerosin. Flugbenzin ist in den USA unverändert billig, da jeder Cent Preisanstieg die US-Fluggesellschaften in den Konkurs treiben würde.

Die steigenden Benzinpreise in Europa dagegen beruhen tatsächlich auf der weltweiten Erdöl-Verknappung und keineswegs - wie in den Massenmedien behauptet - auf Einkäufen der US-Raffinerien auf dem europäischen Markt. Dies ist ebenso eine Propaganda-Lüge wie das Märchen von den Scheichs, die ihre Fördermengen erhöhen, um die Preis zu senken. Da die europäische Wirtschaft dramatisch in die Rezession abzurutschen droht, sollen die Menschen vor den realen Ursachen der globalen Wettbewerbsschwäche abgelenkt werden. Steigende Rohstoffpreise sollen in Europa durch sinkende Löhne und Gehälter ausgeglichen werden. Und allein hierfür benötigen (regierungsamtliche) Politik und Wirtschaft das vielbeschworene "Vertrauen".

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkung:

1 Siehe auch unseren Artikel
    Hattrick der Verblödung (16.01.03)

2 Die Reihenfolge der sechs weltgrößten Mineralöl-Konzerne
    (entsprechend deren Gewinnausweisungen im 1. HJ. 2000 in Mrd. $)
    1. ExxonMobil (USA)            8,0
    2. Shell (GB / NL)                   6,5
    3. BPAmocoArco (GB)         6,3
    4. ChevronTexaco (USA)    3,3
    5. TotalElfFina (F)                  3,0
    6. Repsol (ES)                        1,0

 

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