21.10.2012

Stuttgart bleibt schwarz
Grünlackierter Garant für »Stuttgart 21«

Fritz Kuhn zeigt Flagge
Der Pseudo-Grüne Fritz Kuhn siegte im zweiten Wahlgang gegen den parteilosen Konkur­renten Sebastian Turner und wird der nächste Stuttgarter Oberbürgermeister. Beide wurden von verschiedenen Strömungen des "schwarz-gelben" politischen Spektrums unterstützt. Offenbar erscheint es den insbesondere am Projekt »Stuttgart 21« interessierten Kräften zweckdienlicher, dieses Mega-Projekt von einem Politiker durchsetzen zu lassen, der in den Mainstream-Medien als Grüner dargestellt wird.

Nach dem gegen 20 Uhr vorliegenden Zwischenstand der Auszählung erscheint es als sicher, daß der Pseudo-Grüne Fritz Kuhn den wochenlangen Wahlkampf um das Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters gewonnen hat. Bei der geringen Wahlbeteiligung, die nicht zuletzt dadurch bedingt ist, daß viele StuttgarterInnen erkannten, auf welcher Seite die Kandidaten stehen, konnte Kuhn nicht einmal ein Viertel der Wahlberechtigten auf seine Seite ziehen.

In den Mainstream-Medien wird es nun so dargestellt, als habe die Rechte, die in Gestalt der Partei "CDU" fast 40 Jahre lang den Stuttgarter Oberbürgermeister stellte, eine Schlappe erlitten. Dies zielt auf die große Gruppe der Uninformierten ab, die nicht - oder nicht mehr - wissen, welche Politik Fritz Kuhn abseits von grünen Sonntagsreden verfocht. So hat es Kuhn einer informellen Nachrichtensperre zu verdanken, daß kaum bekannt ist, wie er im Jahr 2004 als Bundestagsabgeordneter über »Stuttgart 21« abstimmte.

Bereits 1998 agierte Fritz Kuhn als Joseph Fischers Polit-Kommissar. Auf dem Leipziger Parteitag im Dezember 1998, den sich die pseudo-grüne Partei übrigens vom Tabakkonzern Reemtsma sponsern ließ, zeigte sich, wem in Fischers Abwesenheit die Parteitags-Regie oblag. Ein Journalist der 'Berliner Zeitung' beobachtete, daß Kuhn zwei Tage lang unbewegt in der ersten Reihe saß und seinen "Realos" bei den komplizierten Abstimmungsgängen signalisierte, wie sie abzustimmen hatten. Und weil der kleinwüchsige Kuhn von hinten schlecht zu sehen war, habe eine Parteifreundin auf dem Podium immer dann die Karte hochgehalten, wenn Kuhn das Zeichen gab. (Die einstige Partei "Die Grünen" wurde ab 1990 auf Bundesebene und in den meisten Bundesländern von den in den Mainstream-Medien als "Realos" bezeichneten Kräften kontrolliert und große Teile der Linken traten in dieser Zeit aus der Partei aus.)

1999 führte Fritz Kuhn für die baden-württembergischen Pseudo-Grünen Sondierungsgespräche mit der CDU mit dem Ziel einer Koalitionsregierung. Und auch bei der Ausrichtung der einstmals pazifistischen Partei auf die Zustimmung zum Kosovo-Krieg spielte Kuhn eine maßgebliche Rolle. So billigte der Landesparteitag der baden-württembergischen Pseudo-Grünen im Frühjahr 1999 mit 125 zu 84 Stimmen diesen Krieg. Auch die Zustimmung zur deutschen Beteiligung am Afghanistan-Krieg im Jahr 2001 hat die deutsche "Elite" grünlackierten PolitikerInnen wie Fritz Kuhn zu verdanken, die sich gerne im Nadelstreifen-Anzug präsentieren und deren "weiße Weste" vor Blut trieft.

Bereits kurz nach Antritt der "rot-grünen" Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 1998 wurde der Spitzensteuersatz von 53 Prozent auf 48,5 Prozent gesenkt. Fritz Kuhn forderte 1999 in einem Grundsatzpapier, dem seine Fraktion mit großer Mehrheit zustimmte, die Senkung des Satzes auf "47, besser 45 Prozent". Die Bundesregierung beschloß eine Senkung des Spitzensteuersatz auf 47 Prozent im Jahr 2003 und auf 42 Prozent im Jahr 2005. Zur Beschwichtigung der Parteibasis hieß es dagegen gebetsmühlenartig, der kleinere Koalitionspartner könne leider nicht immer alle Wünsche gegen Schröder durchsetzten - dabei ging es allerdings um ur-grüne Forderungen, die nur noch nach außen aufrecht erhalten wurden...

Und im Jahr 2004 stimmte die gesamte Bundestagsfraktion der Pseudo-Grünen dem von der "rot-grünen" Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesschienenwege­ausbaugesetzes (Drucksachen 15/1656 und 15/1804) zu. Darin enthalten war auch die Zustimmung zu »Stuttgart 21« - Mitglied dieser Bundestagsfraktion war damals neben Winfried Hermann auch Fritz Kuhn.

Fritz Kuhn ist nun für dieselbe Rolle im Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters vorgesehen, die Winfried Kretschmann bereits als pseudo-grüner Fraktionsvorsitzender Ende 2010 spielte und die er mittlerweile als Ministerpräsident weiterspielen darf:

Die Rolle Kretschmanns bei der Vorbereitung der "Geißler-Schlichtung" im Herbst 2010 wurde in der Öffentlichkeit nur wenig beachtet, obwohl alles Wesentliche auf offener Bühne und nicht etwa im Verborgenen stattfand. Bereits Anfang September 2010, als wöchentlich Zehntausende gegen »Stuttgart 21« auf die Straße gingen, versuchte Kretschmann die Bewegung zu spalten. Während noch ein allgemeiner Konsens bestand, daß eine Teilnahme an dem von Ministerpräsident Mappus und Bahn-Chef Rüdiger Grube angebotenen "Runden Tisch" nur bei einem Bau-Stop in Frage käme, warb Kretschmann bereits für eine Teilnahme "ohne Vorbedingung". Der pseudo-grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der noch im August gesagt hatte, ein Bau-Stop sei unabdingbare Voraussetzung für Gespräche, schwenkte im September um und stellte sich auf die Seite Kretschmanns. Allerdings erklärte der pseudo-grüne Verkehrsexperte und Fraktions-Chef im Stuttgarter Gemeinderat, Werner Wölfle, zu diesem Zeitpunkt noch, daß Gespräche ohne einen vorherigen Bau-Stop keinen Sinn hätten: "Sonst macht niemand mit." Politisch Erfahrenen war im September 2010 klar, daß es jeden Tag zu einer Bauplatzbesetzung nach dem Vorbild Wyhl und damit zum Aus für »Stuttgart 21« kommen konnte.

Die 'Süddeutsche Zeitung' hatte bereits am 31. August in einer Schlagzeile verkündet: "Stuttgart-21-Gegner auch ohne Baustopp zu Gespräch bereit". Dies dauerte dann jedoch noch fünf Wochen. Erst nach dem "blutigen Donnerstag", dem 30. September, als es bei einem brutalen Polizei-Einsatz zu vielen Verletzten gekommen war und der damalige CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus dringend aus der Ecke geholt werden mußte, in die er sich selbst manövriert hatte, als in den ersten Oktober-Wochen die Beteiligung an den Demos auf über 110.000 Menschen gestiegen und eine Bauplatzbesetzung nur noch eine Frage der Zeit war, setzte Kretschmann mit einigen willigen HelferInnen den "Runden Tisch" mit dem von ihm vorgeschlagenen "Schlichter" Heiner Geißler durch. Ohne Bau-Stop. Selbst Geißler hatte noch wenige Tage zuvor gesagt, ein Bau-Stop sei Teil der "Friedenspflicht" während einer Schlichtung, diese Aussage dann aber wieder zurückgezogen.

Am 15. Oktober 2010 fanden sich einige FunktionärInnen bereit, darunter auch Werner Wölfle, ohne Vorbedingung eines Bau-Stops an dem abgekarteten Schauspiel teilzunehmen. Selbst als am 17. November durch eine Veröffentlichung des 'stern' bekannt wurde, daß sich die Bahn nicht an die zugesagte Transparenz bei den Planungsunterlagen gehalten hatte, stieg niemand der von den Mainstream-Medien als VertreterInnen der Bewegung gegen »Stuttgart 21« dargestellten HelferInnen Kretschmanns (darunter auch SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch) aus dem Schlichtungs-Zirkus aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war offenkundig, daß es sich bei der "Geißler-Schlichtung" um eine Farce handelte. Das Ergebnis dieser "Schlichtung", das Geißler zwei Wochen darauf verkündete, konnte ernstlich niemanden mehr überraschen.

Dennoch konnten die Mainstream-Medien bis zur Landtagswahl im März 2011 den Eindruck vermitteln, Kretschann gehe es um die Verhinderung von »Stuttgart 21«. Und auch danach setzten sie alles daran, dieses Image zu erhalten: Mit Hilfe Kretschmanns wurde die Hoffnung verbreitet »Stuttgart 21« könne noch mit Hilfe einer Volksabstimmung verhindert werden - obwohl dies aus einer Vielzahl von Gründen völlig unrealistisch war. (Siehe unseren Artikel 'Voksabstimmung zu Stuttgart 21 / Vorhersehbare Niederlage', vom 28.11.11).

Die Rolle Fritz Kuhns besteht nun darin, den Bau von »Stuttgart 21« zu "begleiten" und zugleich einen möglichst großen Teil der GegnerInnen einzubinden und zu befrieden, indem er beispielsweise verkündet, die Stadt werde sich an möglichen Mehrkosten für das Bauprojekt, etwa durch Nachrüstungen beim Brandschutz, nicht beteiligen. Er wird also weiterhin so tun, als sei er ein Gegner von »Stuttgart 21«, die Mainstream-Medien werden dieses Spiel beglaubigen und zugleich wird Kuhn den Weiterbau garantieren.

 

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Atomwaffen-Plutonium in deutschen AKW?
      Welche Rolle spielte "Rot-Grün"? (15.09.12)

      Witz der Woche
      Fritz Kuhn - blitzgescheit und kompetent (8.02.12)

      Voksabstimmung zu Stuttgart 21
      Vorhersehbare Niederlage (28.11.11)

      Sonderparteitag der Pseudo-Grünen
      Ja zu Merkels "Atom-Ausstieg" (26.06.11)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren
      Wie Kretschmann 2002 einen
      "politischen Selbstmord" überlebte (30.05.11)

      Hochmoselbrücke
      Ein Fanal für "Stuttgart 21" (9.05.11)

      Grünes Recycling?
      Greenwashing bei EnBW (19.04.11)

      Landtagswahl
      Recycling in Baden-Württemberg (27.03.11)

      Parteitag der Pseudo-Grünen
      Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)

      "Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010"
      Wie kommt Freiburg zu der Ehre? (26.10.10)

      Freiburg bleibt schwarz
      Salomon knapp über 50 Prozent (25.04.10)

      Verwelkter Lorbeer
      Freiburg war einmal Ökohauptstadt (10.09.07)

      Einer Zombie-Partei
      zum 14-jährigen Jubiläum (20.09.04)

 

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