5.11.2007

E.on, RWE,
EnBW und Vattenfall
treiben die Strompreise hoch

Kartellamt sitzt auf brisanten Ermittlungsdaten

Bereits vor über einem Jahr, am 29. Mai 2006, fand eine spektakuläre Durchsuchung der Düsseldorfer Zentrale des E.on-Konzerns statt. SonderermittlerInnen der EU-Wettbewerbskommission zusammen mit BeamtInnen des Bundeskartellamts nahmen Akten und Computer unter die Lupe. Wie inzwischen durchsickerte wurde dabei brisantes Material gehoben, das Rückschlüsse auf ein Kartell der großen Strom-Oligopole E.on, RWE, EnBW und Vattenfall erlaubt. Mit Preisabsprachen wurde der Strompreis in Deutschland in den letzten sieben Jahren um rund 50 Prozent nach oben getrieben. Und für Januar 2008 wurden bereits Preiserhöhungen um bis zu zehn Prozent angekündigt.

Entwicklung der Strompreise in Deutschland

Doch obwohl das Material nach Aussagen von Insidern schlüssig beweist, daß die Großen Vier des deutschen Strommarkts, die zudem mit Zähnen und Klauen am Betrieb der 17 deutschen Atomkraftwerke festhalten, gegen Wettbewerbs- und Kartellgesetze verstoßen haben, belassen es EU und Bundesregierung bislang bei wortreichen Drohungen. So löste die medienwirksame Ankündigung von Wirtschaftsminister Michael Glos vom Januar 2007, die Marktmacht der Großen Vier beschränken und ihre Verfügungsgewalt über die Stromnetze beschneiden zu wollen, nur ein Lachen hinter vorgehaltener Hand aus. Denn den Spitzenmanagern von E.on, RWE, EnBW und Vattenfall war sicherlich bekannt, daß die deutsche Bundesregierung kurz zuvor hinter den Kulissen zusammen mit Frankreich bei EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso interveniert hatte, um eine zwangsweise Entflechtung der Energiewirtschaft und damit mehr Wettbewerb zu verhindern.1

In einer Expertise, die bereits 2006 im Bundeskartellamt unter Leitung des damaligen Chefs Ulf Böge erstellt wurde, wird unter anderem konstatiert, daß führende Manager und Vorstandsvorsitzende der Großen Vier über Jahre hinweg Geheimtreffen vereinbart haben, daß hierbei Strategien abgestimmt wurden, daß neue Märkte insbesondere im Osten einvernehmlich untereinander aufgeteilt wurden und daß Preisabsprachen getroffen wurden. Der durch die Liberalisierung des Strommarktes 1998 versprochene Wettbewerb, der zu sinkenden Strompreisen hätte führen sollen, wurde von den Großen Vier unterlaufen. Die deutschen Strompreise liegen nicht nur auf einer Spitzenposition im europäischen Vergleich, sie steigen seit sieben Jahren unaufhörlich. Allein in diesem Zeitraum stiegen die Gewinne vor Steuer der Großen Vier um mehr als 90 Milliarden Euro.

Gewinne der Großen Vier

Nach der Jahrtausendwende wußten sich die mächtigen Konzern-Herren, die in der "rot-grünen" Regierung Gerhard Schröders keinen ebenbürtigen Verhandlungspartner oder gar eine ordnungspolitische Autorität erkennen konnten, schnell der angeblich allmächtigen "Gesetze des Marktes" zu entledigen. Mit ihren Milliarden-Rücklagen konnten sie auf Einkaufstour gehen und der Reihe nach kleine Stadtwerke und Regionalversorger in Besitz nehmen. Die Rücklagen sind beispielsweise ursprünglich vom Gesetzgeber zum Zwecke der Endlagerung des Atommülls gedacht, mußten jedoch nicht in abgesicherte Fonds eingebracht werden und standen den Konzernen so für spekulative Geschäfte zur Verfügung. Unter den Augen von "Rot-Grün" schlossen sich die Ex-Monopolisten Veba und Viag zum E.on-Konzern zusammen. Für die vom Kartellamt zunächst gestoppte Übernahme des europaweit größten Gashändlers Ruhrgas AG gab die "rot-grüne" Bundesregierung sogar eine Sondererlaubnis. Und statt den versprochenen Wettbewerb zu kontrollieren, zögerte "Rot-Grün" die Einsetzung der von der EU geforderten Netzagentur, die über faire Bedingungen bei den Durchleitungspreisen im Stromnetz wachen sollte, über mehrere Jahre hinaus.

ExpertInnen haben bereits die Hoffnung auf Erfolge bei einer am heutigen Montag in Berlin beginnenden Bundestagsanhörung "zur Bekämpfung von Marktmißbrauch auf dem Energiesektor" aufgegeben und richten den Blick erwartungsvoll nach Brüssel. Doch ob die als energisch geltende EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen wird, erscheint recht fraglich. Und im Zweifelfall hatte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso noch immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte von Spitzenmanagern.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel:

      Für oder gegen die Stromkonzerne?
      Was treibt die Bundesregierung hinter den Kulissen? (7.01.07)

      Bundesregierung predigt Klimaschutz
      Zuwachs bei Blockheizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung
      wird weiter blockiert (24.10.07)

 

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