23.03.2008

Baden-württembergischer
Ostermarsch
in Stuttgart

"Vernunft muß her statt Militär!"

Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich beim baden-württembergischen Ostermarsch in Stuttgart unter dem Motto "Vernunft muß her statt Militär!" rund 1000 Menschen. Neben den Themen Krieg in Afghanistan und Irak-Krieg widmeten sich Redebeiträge und Transparente von TeilnehmerInnen auch dem Thema Deserteure.

Ostermarsch 2008 - Stuttgart

Bei der Auftaktkundgebung beim Theaterhaus auf dem Stuttgarter Pragsattel sprach Elisabeth Hartnagel, Schwester von Sophie und Hans Scholl: "Der Mantel der Gleichgültigkeit" müsse zerrissen werden, ehe es zu spät sei. Für das von der Friedensbewegung hier durchgesetzte Deserteur-Denkmal, für das noch ein Teil des Honorars für den Künstler offen steht, kamen bei einer Sammlung rund 200 Euro zusammen.

Ostermarsch 2008 - Kundgebung in Stuttgart

"Der Irak-Krieg hat die Welt verändert. Rüstung tötet nicht nur im Krieg sondern auch im Frieden", sagte Leni Breymaier, Leiterin des ver.di-Landesbezirks Baden-Württemberg. Das Geld, das die NATO-Staaten in nur einer Woche für die Rüstung ausgeben, würde ausreichen, um alle Menschen weltweit ein ganzes Jahr lang satt zu machen, so Breymaier weiter. Mit über 29 Milliarden Euro sei der Verteidigungshaushalt der drittgrößte Etatposten.

Die Friedensaktivistin Heike Hänsel, zudem Bundestagsabgeordnete für die "Linkspartei", zog auf dem Stuttgarter Schloßplatz eine Bilanz des Irak-Krieges. Nach Schätzungen seien bislang rund eine Million Menschen diesem Krieg um Öl zum Opfer gefallen. Über vier Millionen Menschen litten unter der Verseuchung durch DU-Munition, die abgereichertes Uran enthält. Die Kosten: drei Billionen US-Dollar und weitere drei Billionen für die übrigen Länder.

Heike Hänsel beklagte, daß "dieses große Verbrechen bislang ohne Konsequenzen" geblieben sei. Sie forderte deshalb ein internationales Kriegsverbrecher-Tribunal zum Irak-Krieg. Nicht verschwiegen dürfe dabei die deutsche Beteiligung werden. Deutlich werde dies beispielsweise in Stuttgart an der EUCOM und in Ramstein, die von Deutschland geduldete Drehscheiben für den Nachschub darstellen. Nach wie vor fordere die Friedensbewegung daher die Schließung der US-Militärbasen in Deutschland. Auch Hänsel machte die Deserteure bei der US-Armee als auch britischen Armee zu einem ihrer Schwerpunkte. Die Friedensbewegung setze sich für Solidarität mit den Deserteuren und daher auch für politischen Asyl für diese in Deutschland ein.

Zum Afghanistan-Krieg, der nunmehr ins siebte Jahr geht, wies Heike Hänsel darauf hin, daß die deutsche Beteiligung stetig aufgestockt worden sei. Auch das Einsatzgebiet sei ausgeweitet worden, Informationen über den Einsatz des KSK würden zurückgehalten und damit werde das Recht des Parlamentes ausgehöhlt. Die jahrelangen Kriegseinsätze haben - so Heike Hänsel - "eine Eigendynamik" angenommen. Immer mehr Menschen in Deutschland werde bewußt, daß es sich in Afghanistan nicht um einen Friedens- sondern um einen Kriegseinsatz handele. Ein beonderes Anliegen der Friedensbewegung müsse es sein, demokratische und friedliche Kräfte in Afghanistan zu unterstützen. Mit recht erinnerte sie an die von ihr im Herbst 2007 nach Deutschland eingeladene afghanische Frauenrechtlerin Malalai Joya.

Heike Hänsel beendete ihre Rede mit der Forderung nach einer Umwidmung der bislang für militärische Zwecke ausgegebenen Gelder und nannte unter anderem als friedenstiftende Alternative die Verwendung der Gelder zum Ausbau regenerativer Energien. Für ihre Forderungen nach einer Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag, der - wie zuvor die in Frankreich und den Niederlanden abgelehnte EU-Verfassung - eine Verpflichtung zur Aufrüstung enthält, für ihre Forderung nach Abzug und Vernichtung der in Deutschland gelagerten Atomwaffen und die Auflösung der NATO erhielt sie kräftigen Beifall.

Großen Zuspruch fanden auch die musikalischen Beiträge der Band 'Chain of Fools', die mehr als ein kulturellen Rahmenprogramm bot. Unter anderen sprach auch der Stuttgarter Theologe Odilo Metzler, der an der Uni Hohenheim lehrt. Es sprach sich dezidiert gegen "Wohlstandskriege" aus. Damit wies er auf den zentralen Zweck der heute geführten Krieg hin - eine Klarstellung, die leider in der häufig auch in der Friedensbewegung gepflegten Rhetorik, wonach Kriege keinen Terror beseitigen können, viel zu selten zu hören ist. Deutlich benannte er es als Verfassungsbruch, daß Wohlstandssicherung und der Zugriff auf Energieressourcen inzwischen zu den Aufgaben der Bundeswehr zählen. Metzler wies auch darauf hin, daß alle afrikanischen Staaten das Ansinnen von US-Präsident George W. Bush zurückwiesen, den endgültigen Standort des AfriCom aufzunehmen - und daß dieses neben dem EuCom nun in Stuttgart eingerichtet wird. Die Friedensbewegung müsse sich "für eine andere Politik" einsetzen. Als Beispiel nannte Metzler das Engagement der christlichen Friedensgruppe 'Pax Christi', die im israelisch-palästinensischen Konflikt in Jerusalem wichtige Arbeit leiste. Er erinnerte an die biblische Aussage: "Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen!"

Von vielen TeilnehmerInnen des Ostermarsches in Stuttgart wurde auf den immer mehr eskalierenden Konflikt in Tibet hingewiesen. Auf Schildern und Transparenten wurde das chinesische Regime aufgefordert, die gewaltsame Unterdrückung der TibeterInnen einzustellen.

 

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