11.07.2004

Französische Winzer
gegen Gen-Reben

Französische Winzer sind in Harnisch: Genmanipulierte Reben stellen aus ihrer Sicht eine Bedrohung der jahrhundertealten Weinbaukultur dar.

'Terre et Vin du Monde' (Erde und Wein der Welt), eine Organisation, in der sich nahezu 400 französische Winzer zusammengeschlossen haben, nimmt Anstoß an einem regierungsamtlichen Forschungsprojekt mit genmanipulierten Reben im elsässischen Colmar. Wie die Nachrichtenagentur ap (Associated Press) verbreitet, handle es sich dabei um ein ernstes Thema in einem Land, wo jede Person über 14 Jahren durchschnittlich einen Viertelliter Wein pro Tag trinke und wo genmanipuliertes Getreide häufig als "Frankenfoods" bezeichnet werde.

"Es ist von äußerster Wichtigkeit, daß die Zukunft unseres Berufsstandes nicht ausschließlich von Wissenschaftlern, Industriellen und Technokraten bestimmt wird," sagte Alain Graillot, Präsident von 'Terre et Vin du Monde' (TVM) am Donnerstag nach einer Versammlung in Paris, bei der ein Angriffsplan ausgearbeitet wurde. Die Organisation war 2001 gegründet worden und vereinigt unter ihrem Dach so namhafte französische Weinkeller wie Chateau Latour, Château Pichon Longueville, Cos d'Estournel, Château Smith Haut Lafitte, Domaine de la Romanée Conti, Beaucastel und Jaboulet.

Das nationale landwirtschaftliche Institut für Herkunftsnachweise INAO verfolgt seit einiger Zeit das Ziel, krankheitsresistente Rebsorten zu fördern. TVM erinnert daran, daß das INAO noch 2002 jegliche Verwendung genmanipulierter Pflanzen bei der Vergabe des Nachweises kontrollierter Herkunft, appellations d'origine contrôlée (AOC), in Frankreich verboten hatte. Dennoch hat TVM aufgedeckt, daß eine korrespondierende Verwaltungsrichtlinie, die unter der Regierung Jospin ergangen war, bis heute nicht vom gegenwärtigen Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard unterzeichnet wurde. Des weiteren scheint Gaymard die Freisetzung einer Vielzahl genmanipulierter Reben bei Colmar im Elsaß autorisiert zu haben. TVM vermutet, daß dies im Zusammenhang mit der von der EU betriebenen Beendigung des seit 1998 bestehenden Gen-Moratoriums zu sehen ist.

"Wir sind nicht amüsiert zu erfahren, daß die Versuche ohne die absolut nötige Mindestzahl von Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden sollen", erklärte TVM-Präsident Alain Graillot. "Es besteht keinerlei Sicherheit, daß es nicht zu zufälligen Auskreuzungen kommen wird und daß die Toxizität der Gen-Pflanzen vollständig ausgeschlossen werden kann. Wir sind der Ansicht, daß GMO die natürliche Artenvielfalt gefährden und die Landschaft verarmen lassen. Ihre Verwendung kann insbesondere durch unbeabsichtigte Gen-Kontamination zu unvorhergesehenen Effekten führen, die dann nicht mehr rückgängig zu machen sind."

"Es ist selbstverständlich, daß der Qualitätsweinbau gegenüber den Risiken einer Industrialisierung äußerst sensibel ist", ergänzte Daniel Cathiard, Eigentümer des Weinguts Château Smith Haut Lafitte. Eine kleine Parzelle mit genmanipulierten Reben war bereits 1996 in Ostfrankreich vom bekannten Champagnerhersteller Moet et Chadon in Kooperation mit dem staatlichen Landwirtschaftsamt angeplanzt worden. Doch öffentlicher Druck zwang das Unternehmen, die Pflanzen auszugraben und die Versuche auf das Labor zu beschränken.

Jean Masson, Leiter des Gen-Forschungszentrums in Colmar, das die jetzt bekannt gewordenen Versuche durchführen soll, erklärt, daß die Reben frühestens im August gepflanzt werden könnten. Dieses Mal habe das Institut bestimmten Einschränkungen zugestimmt, um die Ängste der VerbraucherInnen abzubauen. So sei beispielsweise nicht vorgesehen, die Gen-Pflanzen zur Produktion von Wein einzusetzen. Dennoch haben sich Winzer über einen mangelnden Dialog zwischen den Forschern und der Öffentlichkeit beschwert.

Frankreichs Winzer haben seit Jahren unter einer ständigen Abnahme ihrer Einkommen zu leiden, weil Supermarkt-Ketten ihre Gewinnspannen drücken, die Nachfrage rückläufig ist und Australische und US-amerikanische Weine an Popularität gewinnen. Außerdem habe ein schärferes polizeiliches Durchgreifen gegen Trunkenheit am Steuer den Inlandsabsatz sinken lassen.

 

Christian Semmler

 

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