30.04.2001

Anna Trutt
gestern erst als Hexe ermordet

1751 - also vor gerade 250 Jahren wurde in Südbaden, in Endingen, Anna Trutt unter der wahnwitzigen Anschuldigung, eine Hexe zu sein, ermordet. Am 24. April 2001 wurde am Wyhler Rathaus eine Gedenktafel enthüllt.

Veranstaltungen fanden statt und eine Ausstellung zu Folter und Hexenverfolgung ist zu besichtigen. Wyhl stellt sich auf diese Weise diesem dunklen Kapiteln der Geschichte. Endingen, wo Anna Trutt zu Tode kam, ist aufgefordert, diesem Beispiel zu folgen. Nur wenn allmählich Licht in die Motive und Hintergründe der Hexenverfolgung gebracht wird, kann für die Zukunft solcher Wahnsinn ausgeschlossen werden.

Daß es sich um ein dunkles Kapitel der deutschen und europäischen Geschichte handelt, ist vielen klar. Doch noch immer wird - auch eine Art der Verdrängung - die Zeit der Hexenverfolgung ins "finstere Mittelalter" verschoben.

Ähnlich wie in der heutigen Zeit, in der sich durch massive soziale Umbrüche erzeugte Verzweiflung und Aggression gegen die Schwachen, gegen die "faulen" Arbeitslosen und gegen Ausländer und Asylbewerber richtet, war die Hexenverfolgung Ausdruck der sozialen Umbrüche durch die Transformation der feudalen Gesellschaftsform in die industrielle.

Um einige zeitliche Orientierungspunkte anzubieten:
Die Renaissance löste das Mittelalter im 15. Jahrhundert ab und hatte ihren Höhepunkt im 16. Jahrhundert. Dante lebte von 1265 bis 1321, Leonardo da Vinci lebte von 1452 bis 1519, Michelangelo von 1475 bis 1564, Galileo Galilei von 1564 bis 1642, Johannes Kepler von 1571 bis 1630.

Vereinzelt fanden Hexenverfolgungen auch während und gegen Ende des Mittelalters statt. Doch obwohl es im Mittelalter Judenpogrome gab, wäre nichts absurder als die Behauptung, die Judenverfolgung sei ein Phänomen des Mittelalters gewesen. Die Hexenverfolgung ist ein Phänomen der Neuzeit und hatte zwischen 1550 und 1650 ihren Höhepunkt.

Ein weiteres Vorurteile über die Hexenverfolgungen ist, daß nur Frauen zu den Opfern zählten. Doch heute ist inzwischen wissenschaftlich belegt, daß 10 bis 15 Prozent der Opfer Männer waren, die als "Hexer" oder "Zauberer" ermordet wurden. Aber auch andere Vorurteile und Irrtümer halten sich trotz anders lautender Tatsachen. So waren die weiblichen Opfer nicht nur Heilkundige und Hebammen, wenngleich diese Frauengruppe besonders gefährdet war - eine lästige Konkurrenz für die aufkommende, männerdominierte moderne Medizin. Es stimmt auch nicht, daß die Hexen anderen religiösen Gruppen angehörten. Die meisten Opfer der Hexenverfolgungen waren brave Christinnen. Es ist zuletzt auch unwahr, daß nur die katholische Kirche darauf aus war, Hexen zu verbrennen. Hexenverfolgung fand nicht nur in katholischen Regionen statt.

Doch welche Rolle spielte die katholische Kirche?

Sie paßte sich in dieser Frage erstaunlich schnell dem Zeitgeist an. Noch in der ersten Hälfte der christlichen Ära war Hexerei zugelassen. Lange Zeit gaben sich in den Herrscherhäusern christliche Würdenträger, Mediziner und Magier als "Heiler" die Klinke in die Hand und es herrschte ein Gleichgewicht der Kräfte. Im Jahre 500 erkannte das Gesetz der salischen Frankenherrscher das Recht der Hexen auf Ausübung der Heilkunst an. Im Jahre 643 erklärte ein Erlaß die Hexenverbrennung als ungesetzlich. Im Jahre 785 ließ die Synode von Paderborn verlauten, daß jeder, der Hexen verbrenne, zum Tode verurteilt werden sollte: "Wer vom Teufel verleitet nach heidnischem Glauben behauptet, daß es Hexen gibt und sie auf dem Scheiterhaufen verbrennt, wird mit dem Tode bestraft." Dieses Dekret wurde von Karl dem Großen bestätigt und seine Anordnung sah vor, daß die Bischöffe alle aus der christlichen Gemeinschaft ausschließen sollten (was praktisch den Tod bedeutete), die an teuflische Magie und den nächtlichen Flug der Hexen glaubten.

Um 906 entstand der 'canon episcopi', für Jahrhunderte eine verbindliche kirchliche Rechtsverordung: Luftfahrten von Frauen und Verwandlung von Menschen in Tieren werden erörtern und genau beschrieben, gelten aber als Vorspiegelung des Teufels und Wahnvorstellungen.

Einen   enormen Wandel nahm die Kirche unter   Papst Innozenz III (1198-1216). Unter ihm erlangte die päpstlichen Machtstellung einen Höhepunkt: Sizilien, England und Portugal waren bzw. wurden päpstliche Lehen und vom Reich beanspruchte Gebiete in Mittelitalien wurden dem Vatikanstaat einverleibt. Er griff in die inneren Verhältnisse Deutschlands und Frankreichs ein und zentralisierte die päpstlichen Gewalt innerhalb der Kirche. Die lateinischen Kirche im Lateinischen Kaiserreich wurde errichtet. Und - nicht zuletzt - wurde die Inquisition gegen sogenannte Ketzer eingeführt.

Erst im 14. Jahrhundert wurde Hexerei und Magie der Ketzerei zugeschlagen. In Frankreich fand das erste Gerichtsverfahren, bei dem eine Person der Hexerei angeklagt wurde, im Jahre 1390 statt. Zauberwesen und Hexenglauben stehen im Gegensatz zu den alten monistischen Glaubenssätzen der Kirche als diese an eine höchste Gottheit glaubt, während die schwarze Magie von der dualistischen Auffassung zweier entgegengesetzten Prinzipien ausgeht, die ständig miteinander um die Vormacht ringen. Die alten dämonischen Traditionen ließen den Glauben an den Teufel, den Widersacher Gottes entstehen, der seinen Anbetern die Kraft verleihen kann, gegen die göttliche Macht zu kämpfen.

Bereits Thomas von Aquin (1227 - 1274), in vielem seiner Zeit voraus, "bestätigte" die Existenz von Hexen und folglich auch von Dämonen. Aufgrund seiner Autorität war die Haltung des Thomas von Aquin gegenüber dem Hexenglauben sicherlich von wegweisender Bedeutung. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die behaupteten, die Zauberei bestehe nur in der Einbildung und der Furcht der Menschen, unterstützte Thomas von Aquin somit entschieden den Hexenwahn der Gläubigen. Sein Urteil war die Grundlage für alles das, was später gegen die Hexen unternommen wurde.

Im Jahre 1600 wurde der Naturphilosoph Giordano Bruno als Ketzer verbrannt. Er hatte öffentlich der kirchliche Lehre von der Erde als Mittelpunkt des Weltalls widersprochen und eine Vorstellung von der Unendlichkeit des Weltalls und einer Vielzahl belebter Welten im Kosmos entwickelt.

Das Hexenproblem war ab etwa 1600 der Kern eines "Wissen"-Zweiges geworden, mit dem sich viele Gelehrte befaßten. Es handelte sich weder um hergelaufene Dummköpfe noch um Ignoranten, sondern um hervorragende Geisteswissenschaftler. Beispielsweise Henri Boguet (gest. 1618), ein ausgezeichneter und aufgeschlossener Rechtsgelehrter, Richter der Provinz Burgund und Präsident des Gerichts von Saint-Claude, erwies sich in Sachen Hexerei als unerbittlich. Sein 'Discours exercrable des sorciers' zeugte von strengem Fanatismus und unberechenbarer Grausamkeit. Sein Buch erschien in mindestens elf Auflagen und galt in Frankreich lange als Richtschnur für Parlament und Vogteien. Es ist eine Sammlung gräßlicher, lächerlicher und anstößiger Details. Boguet verfügte oder genehmigte die Hinrichtung von ungefähr sechshundert Hexen.

Wissen und Integrität der Gelehrten einerseits und Grausamkeit und Vorurteile andererseits ließen sich also durchaus in Einklang bringen. Auch standen die Richter nicht im Widerspruch zur öffentlichen Meinung. Im Gegenteil: Ihre Vorstellungen stimmten weitgehend mit denen des Volkes überein. Der Hexenglaube und die Überzeugung, daß man die Hexen vernichten müsse, waren einige der wenigen Bindeglieder, die den Zusammenhalt der einzelnen Gesellschaftsschichten im 16. Jahrhundert noch gewährleisteten: Aufständische Bauern ebenso wie konservative Bürger, Katholiken und Protestanten, kirchliche und weltliche Richter waren dem Hexenwahn verfallen.

Die Hexen gehörten in der Regel der Mittelschicht an. Wurden sozial hochstehende Persönlichkeiten denunziert, wurde dies von den zuständigen Behörden schlicht übersehen. Bei der Unterschicht wiederum konnte nach einer eventuellen Hinrichtung nichts Wertvolles konfisziert werden. Was den Widerstand betrifft, waren die Frauen der Renaissance und des Barock noch nicht in der Lage, selbst Widerstand zu organisieren. Und nur wenige mutige Männer wandten sich gegen den Wahn.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde das alte Anklageverfahren der reinen Denunziation durch das Inquisitions-Verfahren verdrängt. Die weltlichen Gerichte begannen zwar nach dem Vorbild der geistlichen Gerichte vorzugehen und das alte Beweissystem, in dem Zeugenaussagen zur Urteilsfindung genügten, wurde aufgegeben. Nun mußte das Geständnis der Angeklagten zur Schuldigsprechung hinzukommen, ohne Geständnis konnte eine Hexe nicht mehr hingerichtet werden. Was juristisch als Fortschritt erscheint, erwies sich in der Praxis als fatal: Die Folter wurde das unentbehrliche Mittel zur Erzielung eines Geständnisses. Der übliche Fortgang war: Denunziert, verhaftet, gefoltert, verbrannt.

Andererseits galt Schweigen ebenfalls als Geständnis. Verweigerten Hexen die Aussage, so wurden sie verurteilt: "Der Hexerei überführt durch Schweigen der Angeklagten." Die Ungerechtigkeit der Prozeßordnung führte auch in anderen Fällen dazu, daß Frauen als Hexen gebrandmarkt wurden: So gab es beispielsweise ein Gesetz, nach dem das Zeugnis eines Mannes vor Gericht auch dann für wahr galt, wenn mehrere Frauen das Gegenteil ausgesagt hatten.

Im Mittelalter war die Folter zur allgemeinen Begleit- erscheinung der Rechtsverfahren geworden, die mit Glaubensdingen zu tun hatten. Die überlieferte vorchristliche Rechtsprechung lehnte den Gebrauch der Folter ab und erachtete Angeklagte so lange für unschuldig, bis die Schuld sich durch das Rechtverfahren erweisen ließ. Christliche Kreuzritter und Inquisitoren kehrten das Verfahren um. Der Gebrauch der Folter durch die Inquisition machte jeden Beweis der Unschuld unmöglich: Keine Macht der Welt konnte den Gefangenen retten, er war verdammt.

Die Berichte der wenigen Überlebenden malen ein grausiges Bild der Aktivitäten der Inquisitoren; sie waren derart unvorstellbar, daß ihnen mitunter nicht einmal die Zeitgenossen Glauben schenkten. Eine Frau, die 1637 in Eichstätt arrestiert wurde, "lachte herzlich", als man ihr am ersten Tag ihres Prozesses vorwarf, sie hätte Umgang mit dem Teufel gepflegt. Sie sagte, sie würde lieber sterben, als sich selbst solcher Dinge zu bezichtigen; sie hätte mit ihrem Mann und ihren acht Kindern zwanzig Jahre ein unbescholtenes Leben geführt. Drei Wochen später starb sie unter der Folter, nachdem sie eingestanden hatte, daß sie den Teufel liebte und auf seinen Wunsch eines ihrer Kinder getötet hätte, und daß mindesten 45 ihrer NachbarInnen gleichfalls Satans- anbeterInnen wären.

Zwischen 1615 und 1621 mußte Johannes Keppler um das Leben seiner Mutter kämpfen, die als Hexe angeklagt worden war. Nur seine guten Beziehungen und seine Stellung als Hofastrologe vermochten seiner Mutter das Leben zu retten. Auch sie war als alte Frau nur durch Denunziation in die Mühlen der Justiz geraten.

In den 50er Jahren des 17. Jahrhunderts hatte die etwas überschäumende Phantasie eines fünfjährigen Mädchens verheerende Folgen für das hessische Dorf Seulberg. Ihre Berichte über die Hexenkünste der Hausnachbarin lösten eine Kette von Verdächtigungen und Denunziationen aus, denen zahlreiche Menschen zum Opfer fielen - auch ihre Mutter. Und war erst die Mutter als Hexe verbrannt worden, mußten sich die Augen früher oder später auf die Tochter richten. So wurde das Mädchen als 15jährige am 19. April 1654 hingerichtet.

Der Grundsatz der Inquisitoren war, so lange mit der Folter fortzufahren, bis das Opfer viele "Komplizen" genannt hatte; diese wurden dann auch verhaftet und gefoltert, bis weitere Namen genannt wurden. Der Jesuit und Beichtvater der Inquisition Friedrich von Spee, der in Gefängnissen arbeitete und sich zum Kritiker wandelte, schrieb:
"Jeder Widerruf ist vergeblich. Wenn sie nicht bekennt, wird die Folter wiederholt, zweimal, dreimal, viermal. Bei »außergewöhnlichen« Verbrechen wird die Folter mit grenzenloser Dauer, Härte und Häufigkeit eingesetzt. (...) Eine Hexe kann sich niemals reinwaschen. Die Untersuchungs- beamten werden sich beschämt fühlen, wenn sie eine Frau, die einmal verhaftet und in Ketten gelegt war, freilassen müßten; sie muß schuldig sein, ob zu recht oder zu unrecht."
Und an anderer Stelle (in seinem unter falschem Namen veröffentlichten Werk 'Cautio Criminalis') polemisch:
"Was suchen wir so mühsam nach Zauberern? Hört auf mich, ihr Richter, ich will euch gleich zeigen, wo sie stecken. Auf, greift Kapuziner, Jesuiten, alle Ordenspersonen und foltert sie, und sie werden gestehen. Leugnen welche, so foltert sie drei-, viermal, sie werden schon bekennen. Bleiben sie noch immer verstockt, dann exorziert, schert ihnen die Haare vom Leib, sie schützen sich, der Teufel macht sie gefühllos. Fahrt nur fort, sie werden sich endlich doch ergeben müssen. Wollt ihr dann noch mehr, so packt Prälaten, Kanoniker, Kirchenlehrer, sie werden gestehen, denn wie sollen auch diese zarten, feinen Herren etwas aushalten können? Wollt ihr immer noch mehr, dann will ich euch selbst foltern lassen und ihr dann mich. Ich werde nicht in Abrede stellen, was ihr gestanden habt. So sind wir schließlich alle Zauberer."

Die Mutterschaft war eine deutliche Belastung für Frauen, die in die Hände der Inquisition fielen. Es wurde empfohlen, Kinder durch "geschickte Behandlung" zu Aussagen gegen ihre Mütter zu bringen. Weil Kinder sehr empfindlich auf die Folter reagierten, wurde es zur Regel, sie unverzüglich und ohne vorherige Wartezeit zu foltern. Derartige hervorgelockte Aussagen von Kindern (und das bedeutete: Kinder unter zehn Jahren) wurden von der Inquisition ohne weiters anerkannt. Obgleich solche Aussagen in anderen Prozessen nicht zulässig waren, konnten Mütter in Inquisitions-Prozessen auf diese Weise der Hexerei "überführt" werden.

Die Gesetze der Hexenverfolgung erlaubten keinen Widerruf des Geständnisses nach der Folter. Diejenigen, die versuchten, ihre Bekenntnisse zu widerrufen, wurden wiederum in die Folterkammer gebracht und erneut gefoltert; zum einen, um sie von ihrem Widerruf zu reinigen und zum anderen, um ihnen erneut ein "wahres Geständnis" abzupressen. Jedes Anzeichen von Angst galt - ebenso wie die Denunziation durch ein anderes Opfer der Folter - als Schuldbeweis.

Im Jahre 1597 gelang es der 69jähirgen Clara Geissler, den Daumenschrauben zu widerstehen, aber nachdem man ihr die Füße ausgerenkt und gequetscht hatte, gestand sie alles und beantwortete alle ihr vorgelegten Fragen. Als die von ihr denunzierten Personen verhaftet und ebenfalls gefoltert worden waren, schaffte man Clara in die Folterkammer zurück, um auch deren Geständnisse zu bestätigen. Sie wurde mit der "größten Härte" gefoltert und starb. Das Protokoll hielt fest, der Teufel habe ihr den Hals umgedreht.

In manchen Fällen des Widerrufs ging das Gericht ohne weiters davon aus, daß das Geständnis wahr und der Widerruf ein Meineid sei. Das Opfer wurde dann für rückfällig und unbußfertig erklärt und dem Scheiterhaufen überantwortet.

Die Inquisitoren wurden in ihren Handbüchern angewiesen, falsche Gnadenversprechen zu geben, um Willfähigkeit und ein Geständnis zu erzielen. Allerdings war es nicht nötig, einer angeklagten Hexe gegenüber ein solches Versprechen zu halten. Wenn eine der Hexerei bezichtigte Frau alles gestand, der Ketzerei abgeschworen und sich der Gnade des Gerichts überantwortet hatte, wurde sie trotzdem aufgrund zweier Anklagepunkte zum Tode verurteilt und ihrer Hinrichtung zugeführt: 1. wegen des "zeitlichen Schadens", den sie verursacht hatte und 2. wegen der Wertlosigkeit ihres Geständnisses, das sie nicht in wahre Reue, sondern aus "Angst vor dem Tode" abgelegt hatte. Dasselbe wertlose Geständnis war allerdings ein legaler Grund für die Hinrichtung.

Das Leugnen der Schuld war zwecklos, selbst wenn das Opfer unter der Folter standhaft blieb. Le Sieur Bouvet erklärte, daß "das Leugnen der Schuld durch eine Gefangene ein besonderer Grund für die Fortsetzung der Folter war". In Limborchs Geschichte der Inquisition hieß es, es sei einfach, aus "denen, die am unschuldigsten sind" durch die Folter ein Geständnis herauszupressen. So wurden unschuldige Leben durch grausame Schlächterei genommen; so gewann man durch eine neue Alchimie Gold und Silber aus menschlichem Blut.

Um den offiziellen Eindruck zu vermitteln, daß die Inquisitoren keine grausamen Ungeheuer waren, bedurfte es kunstvolle Wortklaubereien. Die Protokolle betonten oft, die Geständnisse seien freiwillig - sinc tortura et extra locum torturae (ohne Folter und außerhalb der Folterkammer) - abgelegt worden. Dies bedeute nichts weiter, als daß die Opfer nach der Folter in einen anderen Raum gebracht wurden und die Wahl hatten, entweder "ein freies Geständnis" abzulegen oder in die Folterkammer zurückzukehren.

Beginn und Ende der Hexenverfolgung ebenso wie der Beginn des Industriezeitalter sind durch fließende Übergänge gekennzeichnet, die nichts desto trotz tief einschneidende Wirkung zeitigten. So fanden die Hinrichtungen in Holland bereits 1610 ihr Ende. Der letzte gesetzliche Mord an einer Hexe fand in Europa 1792 statt.

 

Adriana Ascoli

 

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