Thomas Strobl, Innenminister Baden-Württembergs und "C"DU-Vize, fordert eine weitere Beschleunigung der inhumanen Abschiebe-Praxis bei Asylsuchenden und Flüchtlingen. Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, ordnete dies völlig korrekt ein und bezeichnete Strobls Äußerungen als "Hetze".
Als Vertreter einer "grün-schwarzen" Landesregierung, die sich bei inhumanen Abschiebungen besonders hervortut, will Thomas Strobl auf der Innenministerkonferenz Ende November eine "drastische Verschärfung" der Abschiebe-Praxis bei abgelehnten AsylbewerberInnen fordern. Bekanntlich hat bereits von 2011 bis 2016 die "grün-rote" baden-württembergische Landesregierung - ebenfalls unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann - auch akut kranke Menschen per Polizei in Flugzeuge bringen lassen, um sie abzuschieben. In einer schriftlichen Vorlage, die Strobl bei dieser Konferenz einbringen will, fordert er neben einer Ausweitung der Abschiebehaft, die Kürzung von Sozialleistungen und ein Rückführungszentrum in Ägypten.
Bereits vor einer Woche hatte der Pseudo-Christ Strobl in einem von der Wochenzeitung 'Die Zeit' als Plattform für seine Hetze zur Verfügung gestellten "Interview" verbreitet, es seien "zusätzliche Anstrengungen" nötig, um ausreisepflichtige Menschen in Deutschland abzuschieben. In der Realität wurden in den vergangenen Jahren mit der Verabschiedung mehrerer Gesetzes-Pakete zur Verschärfung des "Asylrechts" längst Regelungen eingeführt, die es erlauben, kranke Menschen zu deportieren, Abschiebungen ohne Vorankündigung im Morgengrauen vorzunehmen und die staatlichen Hilfs-Zahlungen weit unter das Existenzminimum abzusenken.
Das im Grundgesetz einmal verbürgte Asylrecht (Artikel 16) wurde 1993 mit Hilfe der damaligen "Oppositions"-Partei "S"PD und mit Unterstützung Oskar Lafontaines de facto abgeschafft. Seitdem gilt die sogenannte Drittstaaten-Regelung. Da Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist und nur wenige Flüchtlinge die Möglichkeit haben, per Flugzeug nach Deutschland zu gelangen, werden weniger als ein Prozent der Antragsteller als asylberechtigt anerkannt. Laut einer Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) waren dies im Jahr 2015 lediglich 0,7 Prozent.
In einem Kommentar in der damals noch liberalen 'Badischen Zeitung' schrieb Ulrich Rose am 27. Mai 1993 auf Seite 1: "Übel aber ist, was im Parlament beschlossen wurde, und zwar aus vielen Gründen. Vor allem die geradezu zynische Rechtskonstruktion von "sicheren Drittstaaten" läßt vom 
Artikel 16 wenig mehr als eine leere Hülle: Nicht mehr die Flucht-Gründe entscheiden 
darüber, ob jemand, der ins Land kommt, Asyl für sich beanspruchen kann, sondern nur 
noch der Flucht-Weg."
In dem "Interview" mit der 'Zeit' bediente Stobl auch eine weitere Propaganda-Formel, die ansonsten vornehmlich von der AfD verbreitet wird, und hetzte gegen Flüchtlinge: "Viele sind im Drogenhandel verwickelt." Und: "Ich bin nicht bereit, diese massive, importierte Kriminalität zu akzeptieren." Von Seiten der 'Zeit', von Katharina Schuler, Lisa Caspari und Kersten Augusti, die mit Strobl sprachen, kam keinerlei Nachfrage, ob Strobl etwa die Feststellung des Bundeskriminalamtes kenne, wonach die Kriminalität bei Flüchtlingen nicht höher als bei Deutschen ist (Siehe hierzu unseren Artikel v. 13.11.15).
Strobl benutzt diese Propaganda-Formel von der angeblich überdurchschnittlichen Kriminalität bei Asylsuchenden und Flüchtlingen dazu, als weitere "Verschärfung" zu fordern, daß "Ausländer, die Straftaten begehen, kein Aufenthaltsrecht erhalten" dürften. In der Realität aber ist es bereits jetzt so, daß selbst kleinste Vergehen dazu benützt werden, um Flüchtlinge zu deportieren. Rasch sollten laut Strobl auch alle im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge insbesondere nach Ägypten gebracht werden. Hierfür müssten dort Rückführungszentren eingerichtet werden. Über die Verantwortung der europäischen "Eliten" für die vielen im Mittelmeer Ertrunkenen verlor Strobl hingegen kein Wort.
Ebenso fordert Strobl die Abschiebung kranker Flüchtlinge - so als sei dies nicht längst schon traurige Realität: "Ausländer können sich nicht darauf berufen, dass eine Erkrankung einer Rückführung entgegensteht, wenn die Erkrankung bereits vor der Einreise bestanden hat." Strobl weiß sicher genau, daß viele Jüdinnen und Juden, die vor den Nazis aus Deutschland fliehen mußten, bei ihrer Ankunft - etwa in den USA - krank waren. Nicht zufällig tauchte dieser Tage erneut die Frage auf, welche Bedeutung das "C" in den Namen der Unions-Parteien noch habe.
Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, erklärte heute in einer Stellungnahme zu den Äußerungen Strobls: "...wurde längst jedes rechtsstaatliche Maß im Umgang mit abgelehnten Flüchtlingen aufgegeben: Abschiebungen ohne weitere Vorankündigung, verfassungswidrige Leistungskürzungen und die Abschiebung traumatisierter Menschen – all das ist mit den sogenannten Asylpaketen schreckliche Realität in Deutschland geworden. Es ist einfach widerwärtig und grausam, hier noch weitere Härte zu fordern, statt zur Menschlichkeit im Umgang mit Schutzsuchenden zurückzukehren." Jelpke zog das Fazit: "Von diesen hetzerischen Falschbehauptungen profitiert am Ende nur die AfD."
 
 
 
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
       Innenminister de Maizière rudert zurück
       70 Prozent aus dem Zauber-Zylinder (18.06.16)
       Flüchtlingszahlen weiter abgesenkt
       UN: 700 Flüchtlinge blieben im Mittelmeer (30.05.16)
       Nach Brandanschlag auf Flüchtlings-Unterkunft
       Verurteilung wegen versuchten Mordes (17.03.16)
       Flüchtlinge als Geheimdienst-Spitzel?
       Kuhhandel aufgedeckt (30.01.16)
       Österreich: Obergrenze für Flüchtlinge
       Bundeskanzler Faymann färbt "S"PÖ braun (20.01.16)
       Wagenknecht auf den Spuren Lafontaines
       Flüchtlings-Obergrenze sei schon "fast erreicht" (13.01.16)
       Gerüchte gegen Flüchtlinge...
       verbreitet und geglaubt (19.11.15)
       BKA: Kriminalität bei Flüchtlingen
       nicht höher als bei Deutschen (13.11.15)
       De Maizière contra Merkel?
       Polit-Kaspeletheater von Berlin (9.11.15)
       Asylheime brennen
       in BaWü und MecPomm (20.09.15)
       "Kriegs-und Ausbeutungspolitik"
       Offener Brief von Jürgen Todenhöfer (26.08.15)
       Antirassistische Plakat-Aktion
       in Freital (25.07.15)
       Europa mordet
       Heute: 700 im Mittelmeer
       und Zehntausende in Afrika (19.04.15)
       Europa mordet
       Verhungern in Afrika
       Ertrinken im Mittelmeer (15.04.15)
       Fakten gegen Vorurteile
       Mediendienst Integration regt zu Diskussion an (5.01.15)
       Aktion gegen Festung Europa
       Mit dem Bolzenschneider zur EU-Mauer (3.11.14)
       NRW: Mißhandlungen von Asylsuchenden
       Polizeigewerkschaft beklagt Staatsversagen (29.09.14)
       Festung Europa
       Massenmord im Mittelmeer (15.09.14)
       Festung Europa
       Flüchtlinge aus Niger in Sahara verdurstet (31.10.13)
       Mord an Flüchtlingen
       Barroso auf Lampedusa ausgebuht (9.10.13)
       Festung Europa
       Über 60 Flüchtlinge ermordet (3.10.13)
       Festung Europa
       Tödliche Mauer am Bosporus (11.12.12)
       Hunger und Kapitalismus
       "Der Süden finanziert den Norden" (17.10.12)
       Festung Europa
       Die NATO und der Tod von 63 Bootsflüchtlingen (5.04.12)
       Statistik widerlegt Sarrazin-Thesen
       Lohnt die Auseinandersetzung? (12.01.11)
       Festung Europa
       Bollwerk am Bosporus geplant (1.01.11)
       Festung Europa
       Grenzregime am Bosporus verstärkt (2.11.10)
       Festung Europa
       Libyen als EU-Grenzposten (29.06.09)
       Berlusconi: Besser in Afrika verhungern
       als in Italien interniert (20.05.09)
       Verfahren gegen Lebensretter in Italien
       Stefan Schmidt und Elias Bierdel von 'Cap Anamur' vor Gericht
       (17.05.09)
       Italien schiebt afrikanische MigrantInnen ab
       Proteste zum Teil scheinheilig (9.05.09)
       Festung Europa: Mehr als 300 Flüchtlinge
       im Mittelmeer ertrunken (31.03.09)
       Ausbeutung durch die Industrie-Nationen
       Eine Nahaufnahme aus Burkina Faso (11.03.09)
       Weitere Proteste auf Lampedusa
       Italiens Asylpolitik unverändert unmenschlich (18.02.09)
       Weiter Demonstrationen auf Lampedusa
       gegen europäische Abschottungs-Politik (28.01.09)
       Protest gegen Festung Europa
       MigrantInnen auf Lampedusa demonstrieren
       gegen Lager-Bedingungen (24.01.09)
       Positive Wende in Australien:
       Ende der menschenverachtenden Asylpolitik (28.07.08)
       Festung Europa
       Menschenverachtende Politik gegen Flüchtlinge (20.06.08)
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