22.12.2004

Laurenz Meyer scheibchenweise

Der CDU-Generalsekretär war doch nicht so billig

Am Montag hatte wohl auch CDU-Vorsitzende Angela Merkel noch geglaubt, daß die Fakten über die VEW-/RWE-Zahlungen an ihren Generalsekretär Laurenz Meyer vollständig vorlägen oder doch zumindest Weiteres unter sicherem Verschluß bliebe. Doch wie es inzwischen Usus beim Abgang hoher (Damen und) Herren ist, mußte erst nochmals nachgelegt werden, um Meyer den "Spaß an der Politik" zu verderben. Es ist zu vermuten, daß die Redaktionen der zum Abschuß eingesetzten Medien ihre Munition - sprich: belastende Informationen - längst in mehrere Tranchen aufteilen, um dafür gewappnet zu sein, bei "Uneinsichtigkeit" nochmals nachlegen zu können.

In den Massenmedien wird morgen neben den nachgelieferten Fakten großes Gewicht darauf gelegt werden, Laurenz Meyer sei durch den Druck der "Basis", der sich merkwürdiger Weise nach dem Montag steigerte, zu Fall gebracht worden. Doch wer war diese "Basis"? Vorneweg NRW-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers, der allerdings seine Paladine und Kettenhund vorschickte. Weiter Wolfgang Böhmer, Dagmar Schipanski, Gelsenkirchens Ex-OB Oliver Wittke, Rasmus Vöge in Kiel und der Abgeordnete Jens Spahn.

Der Grund war keinesfalls die Sorge um die bevorstehende Landtagswahl in NRW. Dort ist nach den Enthüllungen über Hermann-Josef Arentz und Laurenz Meyer auch durch den Rücktritt des letzteren nichts mehr gerade zu biegen. Offensichtlich ist, daß die Munition gegen den CDU-Generalsekretär von der Seilschaft organisiert und den Medien zugespielt wurde, die mit Arentz ihren Anführer verloren hatte.1

Es war richtig, beharrte Angela Merkel in ihrer Presseerklärung am nachmittag, zunächst am Generalsekretär festgehalten zu haben. Aber daß sie den Rücktritt, den ihr Laurenz Meyer gegen 10 Uhr in ihrem Büro anbot, erleichtert annahm, bestritt sie nicht. Seit gestern hatte sich dieser Notausgang abgezeichnet.

Am Montag war Merkel mit einem Sprechzettel vor die Presse gegangen, nach dem sie ihr Festhalten am Generalsekretär mit der "freundschaftlichen Zusammenarbeit" begründen wollte. Aber sie hatte dann lediglich von einer "erfolgreichen" Zusammenarbeit gesprochen. Aus der CSU wurde dies noch am selben Tag informell begrüßt. Aber weder Edmund Stoiber noch dessen Generalsekretär wollte dafür den Namen hergeben.

Die zweite Tranche bei den Enthüllungen über Laurenz Meyer bestand nun in der Information, daß er weitere Zahlungen des Energie-Konzerns erhalten hatte. Da half es ihm auch nicht mehr, zu erklären, daß diese noch vor der Bestallung als CDU-Generalsekretär erfolgt waren. Auch nachträgliche Korrekturen an seiner anfänglichen Darstellung über die Sonderzahlung von RWE über 128.000 Euro machten seine Position nicht glaubwürdiger.

Und auch bei seiner Darstellung am Montag hatte er sich in gewohnter Überheblichkeit einen Fehler erlaubt: Zwei im März 1999 vertraglich vereinbarte Geldzuwendungen der Jahre 1999 und 2000 in Höhe von 90.000 und 160.000 Mark begründete er mit den Begriffen "Abfindung und zur Leistung ausstehender Gehaltsansprüche".

Doch tatsächlich handelte es sich bei den 90.000 um die Abgeltung von Urlaubsansprüchen und Tantiemen, während die zweite Summe zwar als Abfindung gedacht war, aber eine solche wegen der zwischenzeitlichen Wiederaufnahme des vorübergehend ruhend gestellten Arbeitsvertrages mit RWE Mitte 2000 real nicht angezeigt war. Da die Summe aufgrund der Formulierung im Vertrag ohne spezielle Bedingung zugesichert worden war, floß das Geld im Grunde als eine Art außerplanmäßige Leistung. Laurenz Meyer hat sie deshalb auch komplett versteuert, ohne den für Abfindungen vorgesehenen Freibetrag in Anspruch zu nehmen.

Diese scheibchenweise Aufdeckung der Fakten bezeichnete Merkel nun als "miserables Krisenmanagement" - offensichtlich jedoch hatte Laurenz Meyer lediglich das, was die Medien gegen ihn im Köcher hatten, unterschätzt.

Wenn das Skandalöse an den Zahlungen und Vergünstigungen, die Meyer einstrich, in den Massenmedien dahingehend umgedeutet wird, diesen Leistungen von VEW und REW habe keine Arbeit gegenübergestanden, ist dies zudem eine groteske Irreführung. Es wäre naiv anzunehmen, Konzerne würden ihr Geld verschenken und wüßten nicht, sich damit diese "hohen Herren" zu Diensten zu machen. Notfalls wirkt ein Abdrehen des Strom an Zuwendungen bei gelegentlichen Unbotmäßigkeiten viel effektiver als eine Bestechung mit penibler Zuordnung von Leistung und Gegenleistung wie zu Zeiten des Flick-Buchhalters Rudolf Diehl und des Flick-Managers Eberhard von Brauchitsch ("FKF wg FJS").

 

Harry Weber

 

Anmerkung

1 Siehe hierzu auch unseren Artikel
      Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer... (10.12.04)

 

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