11.12.2000

Ökosteuer -
viel Lärm um nichts

 

Sinn oder Nutzen einer steuerlichen Maßnahme können entweder am Lärm gemessen werden, den sie auslöst, oder aber an Fakten. Bei einer Ökosteuer wäre also einerseits die versprochenen Lenkungs-Wirkung und andererseits der Effekt, der mit den eingenommenen finanziellen Mitteln erzielt werden soll, zu überprüfen. In der bisherigen öffentlichen Debatte ging es jedoch fast ausschließlich um die "dadurch hervorgerufenen unerträglichen Benzinpreiserhöhungen". Nicht in Frage gestellt wurde die Umwelt-Wirkung - sie trat gegenüber dem medialen Aufschrei über die Benzinpreise völlig in den Hintergrund. Prompt sahen sich namhafte Umweltverbände, die bei Einführung der Ökosteuer noch darüber geklagt hatten, daß diese "harmlos und unzureichend" sei, veranlaßt, sich auf die Seite der Verteidiger der Ökosteuer zu stellen.

Doch die Fakten scheinen selbst die Bundesregierung nicht zu interessieren, denn Daten liegen ihr offensichtlich nicht vor. Auf Nachfragen erklärte der Pressesprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren, noch im Oktober 2000, daß über die Entwicklung des Benzinverbrauchs "keine Statistiken greifbar" seien. Auch das Statistische Bundesamt kann nicht mit Zahlen dienen. Selbst die Mineralölkonzerne zeigen, obwohl heftig angegriffen, kein Interesse an der Veröffentlichung interner Statistiken. Lediglich beim in der Öffentlichkeit wenig bekannten Bundesamt für Wirtschaft können nach Überwindung erheblicher technischer Probleme folgende Daten ans Tageslicht befördert werden:

monatlicher Benzinverbrauch von 1993 bis 1996:

 

monatlicher Benzinverbrauch von 1997 bis 2000 (einschl. August):

An den zwei markierten Stellen war jeweils die - incl. Mehrwertsteuer 7 Pfennige pro Liter - Erhöhung durch die Ökosteuer zu verbuchen. Die leichten Dellen in der Verbrauchskurve gehen nicht über die saisonalen Schwankungen hinaus, die in den letzten Jahren zu verzeichnen waren. Die Kurve pendelt sich unbeeindruckt wieder auf das seit Jahren gewohnte Niveau ein.

Der gleichbleibend hohe Benzinverbrauch ist damit zu erklären, daß sich zwei Faktoren die Waage halten. Die steigende Gesamtzahl der Autos bewirkt einen Mehrverbrauch, der durch den sinkenden "Benzindurst" der neueren Modelle und den dadurch bedingten durchschnittlich geringeren Benzinverbrauch des Durchschnitts-Autos gerade kompensiert wird. Allerdings: Gleichbleibender Benzinverbrauch bedeutet gleichbleibende Freisetzung von Schadstoffen und damit zunehmende Umweltzerstörung.

Die Zahlen:

                                                     97                    98                    99

Neuzulassungen PKW     3,528 Mio.      3,736 Mio.      3,802 Mio.

Bestand an KfZ                 49,0     Mio.     49,6    Mio.     50,6    Mio.

davon PKW                        41,4     Mio.     41,7    Mio.     42,3    Mio.

(Quelle: Bundesamt für Statistik)

 

Da die Ökosteuer den geringsten Teil der zu verzeichnenden Benzinpreiserhöhungen ausmachte, ist die zu beobachtende Entwicklung um so bemerkenswerter. Der weit überwiegende Teil der Benzinpreiserhöhungen wurde durch den Rohölpreis, der sich innerhalb eines Jahres mehr als verdreifachte, und den Wertverlust des Euro verursacht:

Unter den wenigen, die sich nicht vom Lärm um die Ökosteuer beirren ließen, war Werner Pollmann, Umweltbevollmächtigter von Daimler-Chrysler, der in der FAZ vom 13. Juni 2000 betonte: "Die öffentliche Diskussion halte ich für sehr populistisch. (...) Ich bin kein Feind der Ökosteuer; wir können damit leben. Sehr hohe Kosten für Treibstoffe können auch eine Quelle für Innovationen sein". Vielleicht wußte der Mann auch lediglich darüber Bescheid, daß die deutschen Benzinpreise noch immer im europäischen Mittelfeld liegen:

Tatsächlich ist Benzin immer noch unverschämt billig: Wenn auch erstmals nominal über der 2-Mark-Grenze, kann von den "höchsten Preisen aller Zeiten" nicht die Rede sein. Der reale Benzinpreis liegt heute um rund 40 Prozent unter dem von 1960. Mußte ein Arbeiter 1960 rund 13 Minuten für einen Liter Benzin arbeiten, so sind es heute durchschnittlich nur noch vier Minuten. Benzin ist zwischen 1960 und 2000 nominal um 200 Prozent teurer geworden. Der Preis für Brot ist im selben Zeitraum um 500 Prozent gestiegen. Die Fahrpreise im öffentlichen Verkehr sind seit 1950 viermal so stark wie der Benzinpreis angestiegen. Wenn Benzin genauso stark verteuert worden wäre wie die Fahrkarten der Bahn, müßten wir heute an der Zapfsäule 4,50 Mark berappen. Dies alles ist vor dem Hintergrund der heraufziehenden Klimakatastrophe und schwindender Ressourcen zu sehen. Nach den vom Bundeswirtschaftsministerium 1999 veröffentlichten Energiedaten wird der letzte Tropfen Erdöl in 43 Jahren gefördert werden. Bei steigendem Weltenergieverbrauch und Bevölkerungswachstum können die Vorräte auch schon eher aufgebraucht sein. Die Förderung der verbleibender Ressourcen wird immer unwirtschaftlicher. Hinzu kommt, daß Erdöl sehr ungleich verteilt ist. Zwei Drittel der weltweiten Vorräte lagern in nur fünf Ländern (Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate). Wenn vom Jahr 2005 an die Welt-Erdölförderung insgesamt zu schrumpfen anfängt und die Nachfrage das Angebot übersteigt, erlangen diese Staaten sukzessive eine strategische Machtposition. Sie können die Preise diktieren.

Steigende Benzinpreise müssen nicht zu Mehrkosten führen: Selbst wenn der Benzinpreis schrittweise verdreifacht würde, wäre dies beim Umstieg von einem Auto mit einem 9-Liter-Verbrauch (deutscher Durchschnitt) auf eine 3-Liter-Auto kostenneutral. Darüber hinaus bestehen erhebliche Einsparpotentiale: Frauen verbrauchen durchschnittlich 12 Prozent weniger Kraftstoff als Männer ("femininer Gasfuß"). Vielleicht ist eine solche verbrauchsarme Fahrweise erst nach der Emanzipation des Mannes möglich. Jede zweite Pkw-Fahrt findet im Entfernungsbereich von bis zu fünf Kilometern statt - vielfach ist zu beobachten, daß nur noch Rentnerinnen und Rentner in der Lage sind, die eigenen Beine und das Fahrrad zu benutzen. Bei einer Jahres-Fahrleistung von weniger als 15.000 Kilometern ist Car-Sharing wirtschaftlich - nicht jeder Großstadtbewohner benötigt ein eigenes Auto. Und: Immer mehr spricht sich herum, daß für manche Fahrten auch Fahrgemeinschaften gebildet werden können.

Der Hauptgrund, warum der Benzinpreis auch weiter die Gemüter erhitzen wird, dürfte psychologischer Natur sein (und wird neuerdings von manchen grünen Politikern zusätzlich angeheizt): Das Auto dient nicht nur als Fortbewegungsmittel von A nach B, sondern nimmt vielfältige emotionale oder irrationale Funktionen wahr: als Ausdruck von Freiheit und Unabhängigkeit, für Gefühle von Macht, Männlichkeit und Sicherheit, zum Aggressionsabbau, zur Alltagsflucht und vor allem als Prestigeobjekt. Auch heute noch ist der Anblick von Vorstandsvorsitzenden oder Politikern in sparsamen Kleinwagen ungewohnt.

Im Lärm um die Ökosteuer mögen Erinnerungen an die längst von 'Bündnis 90 / Die Grünen' vergessenen Forderungen nach 5 Mark für den Liter Benzin bei gleichzeitiger Verwendung der Einnahmen für den öffentlichen Nahverkehr wach geworden sein. Selbst die Prognos AG wagte noch vor wenigen Jahren heute ketzerisch anmutende Aussagen:

"Die langfristig anzustrebende Höhe der Mineralölsteuer ist an den gesetzten umweltpolitischen Zielen zu orientieren, vor allem an dem CO2-Minderungsziel der Bundesregierung. Um einen wirksamen Beitrag zur Erreichung des CO2-Zieles zu leisten, müßten die mittleren Kraftstoffpreise (für Otto- und Dieselkraftstoff) nach Schätzungen der Prognos AG bis zum Jahr 2005 auf 4,60 DM angehoben werden."

(Quelle: Umweltgutachten 1994)

Tatsächlich wurde bereits vor über zwanzig Jahren, seit Hans Christoph Binswanger mit seinen Kollegen das Buch "Wege aus der Wohlstandsfalle, Strategien gegen Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung" veröffentlichte, die Idee einer langfristig und kontinuierlich steigenden Energiesteuer bei gleichzeitiger Senkung anderer Abgaben/Steuern bzw. Finanzierung ökologischer Investitionen diskutiert - erst in kleinen akademischen und umweltpolitisch inspirierten Zirkeln, dann in drei Thematisierungs-Hochs 1990 (Bundestagswahlkampf) sowie 1994/1995 (nach der Veröffentlichung eines Gutachtens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag von Greenpeace) und schließlich rund um die jüngste Bundestagswahl vermehrt in einer breiteren, wenn auch größtenteils skeptischen Öffentlichkeit.

Und seit der mit enormem medialem Gezerre am 1. April 1999 erfolgten Einführung der ersten Reformstufe wird das Image der Ökosteuer rapide schlechter. Dabei ist die Meinung der Deutschen zu diesem Thema keineswegs so undifferenziert wie es häufig dargestellt wird: Laut einer vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebenen und im Juli 2000 vorgestellten Studie, unterstützen einerseits 80 Prozent der Befragten die Idee, umweltverträgliches Verhalten zu belohnen, doch 60 Prozent der Befragten halten die Ökosteuer für "bloßes Abkassieren" und 71 Prozent glauben zudem nicht, daß die Verteuerung der Energie die Arbeitskosten senkt und so Arbeitsplätze schafft.

Die Zielen waren hochgesteckt: Ein ökologischer Strukturwandel sollte forciert, die lauthals verkündeten Emissionsminderungen für den Klimaschutz eingehalten und zugleich durch die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge für einen Schub auf dem Arbeitsmarkt gesorgt werden. Was blieb, vermag keine positive Wirkung mehr zu entfachen. Angesichts der großzügigen Ausnahmeregelungen nannten Spötter die Ökosteuer bereits eine vorgezogene Unternehmenssteuerreform.

Im rot-grünen Koalitionsvertrag war als Hauptziel der Ökosteuer die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge von 42,3 auf unter 40 Prozent genannt. Dieses Ziel sollte in drei Schritten durch Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge um jeweils 0,8 Prozentpunkte erreicht werden. Doch zunächst wurde die Realisierung auf die erste Stufe (die zum 1. April 1999 in Kraft trat) beschränkt: die Erhöhung der Mineralölsteuer für Kraftstoffe um 6 Pfennig pro Liter, eine Anhebung der Steuer auf Heizöl um 4 Pfennig pro Liter, bei Gas um 0,32 Pfennig pro kWh und für Strom um 2 Pfennig. Die über ein Machtwort von Gerhard Schröder via 'BILD am Sonntag' verkündete Spritpreis-Verteuerung (Sechs Pfennig sei "das Ende Fahnenstange") sowie die bloße Festlegung auf die erste Stufe, die ohne Langfrist-Perspektive dem Begriff Ökologische Steuerreform kaum gerecht wurde, bescherten dem Gesetz eine fast durchweg negative, ja vernichtende Resonanz. Mit dem Fehlstart der ersten Stufe wurde auf Jahre hin viel Porzellan zerschlagen, das kaum mehr durch die Folgestufen zu kitten sein wird.

Am 12. November 1999 verabschiedete der Bundestag schließlich die nächsten Stufen der Ökosteuer. Im einzelnen ist in den Stufen zwei bis fünf (2000-2003) vorgesehen, Kraftstoffe um jährlich sechs Pfennig pro Liter und Strom um jeweils 0,5 Pfennig/kWh zu verteuern. Mit den Einnahmen sollen die Beiträge zur Rentenversicherung innerhalb von vier Jahren um einen Prozentpunkt reduziert werden (0,1 Prozentpunkte in 2000, jeweils 0,3 Prozentpunkte in den Folgejahren).

Sollten diese Stufen tatsächlich verwirklicht werden, würde der Anteil des Faktors Umwelt am gesamten Steueraufkommen um rund zwei Prozent von 5,2 Prozent (1997) auf 7,3 Prozent im Jahr 2003 gesteigert werden. Die Bundesrepublik läge damit allerdings noch immer deutlich hinter Dänemark und den Niederlanden, deren Umweltsteueraufkommen heute bei 14 Prozent der Gesamtsteuereinnahmen liegt. Doch auch im innerdeutschen Vergleich relativieren sich die prognostizierten Einnahmen durch die Ökosteuer, wenn sie in Relation zu den auch finanziell zu beziffernden Umweltzerstörungen gesetzt werden. In der "populistischen Diskussion" wurde - nicht nur von Seiten der 'Auto-Partei' - 90 Mrd. Mark Steuereinnahmen durch Autofahrer gegenübergestellt den "nur" 33 Mrd. Mark Staatsausgaben für Straßenbau. Nach einer aktuellen Untersuchung des Schweizer Infras-Instituts und der Universität Karlsruhe verursacht das Auto jährlich Schäden von 160 Milliarden Mark. Autofahren wird von der Allgemeinheit subventioniert. Müßten Autofahrer für alle von ihnen verursachten gesellschaftlichen Kosten aufkommen (Unfälle, Lärm, Luft- und Gewässerverschmutzung, Landzerschneidung, Bodenbelastung etc.), würde der Sprit deutlich teurer: 4,05 Mark müßte der Liter Normalbenzin kosten, wenn diese externen Kosten berücksichtigt würden.

Ein Pluspunkt des Ökosteuer-Gestzes ist die Förderung hocheffizienter Kraftwerke. Um die steuerliche Freistellung von GuD-Kraftwerken (Gas- und Dampfturbinen) hatte es bis zuletzt heftige Auseinandersetzungen gegeben. Ende Oktober 1999 hieß es, die Regierung habe sich auch bei den letzten Details der Ökosteuer geeinigt und darauf verständigt, GuD-Kraftwerke mit einem Wirkungsgrad von über 57 Prozent von der Steuer zu befreien. Daraufhin machten SPD-Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet mobil, die den Grenzwert auf über 58 Prozent anheben wollten, um damit Gaskraftwerke auszuschließen, die diesen Wirkungsgrad kaum erreichen können. Ziel war es, die Kohle vor einem unliebsamen Konkurrenten zu schützen. Der Grenzwert wurde dann auf 57,5 Prozent festgesetzt, wobei diese Regelung für Neuanlagen ab dem 1.01.2000 gilt und für zehn Jahre nach Inbetriebnahme der Kraftwerke befristet ist. Für Blockheizkraftwerke wurde eine zusätzliche Förderung vereinbart. Die Obergrenze für deren Steuerbefreiung für die Eigenerzeugung und das Contracting wurde von 0,7 auf zwei MW angehoben. Bei der Mineralölsteuer werden zudem Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung von der Steuer befreit, die einen Monatsnutzungsgrad von 70 Prozent erreichen. Bislang wurde der Jahresnutzungsgrad veranschlagt. Die neue Regelung begünstigt Stadtwerke, die ihre Wärme aus KWK-Anlagen nur in den Wintermonaten absetzen können. Weiter wurde der Dieselsteuersatz für den öffentlichen Busverkehr halbiert. Dies verschafft ihm einen relativen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem motorisierten Individualverkeh. Busse im ÖPNV zahlen in jeder Ökosteuer-Stufe bis 2003 nur jeweils drei statt sechs Pfennig zusätzlich für den Liter Diesel. Allerdings ist fraglich, ob der Effizienzanreiz eines höheren Preises nicht hätte beibehalten werden sollen, um statt dessen andere Mittel für den ÖPNV aufzustocken.

Ein grober Strukturfehler der verabschiedeten Ökosteuer-Stufen besteht darin, daß Erdgas und Heizöl von den Erhöhungen ausgenommen bleiben. Die Erschließung großer Einsparpotentiale gerade im Raumwärmebereich, der immerhin rund 20 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland ausmacht, bleibt aus. Der grundsätzlich positive Effekt der Stromsteuererhöhungen (0,5 Pfennige statt er anfänglichen 2 Pfennige pro Kilowattstunde) wird durch die laufenden Strompreissenkungen im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes zunichte gemacht. Für den Kohleverbrauch wurde außerhalb der Stromerzeugung erneut keine Energiebesteuerung eingeführt. Die Kohle-Lobby hat hier einen großen Erfolg auf Kosten des Klimas erzielt. Für den BUND ist diese Ausnahme "willkürlich und wegen des hohen CO2-Gehalts der Kohle kontraproduktiv".

Nach wie vor bleibt Flugbenzin (Kerosin) steuerfrei. Und dies, obwohl die Umweltbelastung pro Kopf und Kilometer nicht zuletzt wegen der hohen, empfindlichen Atmosphärenschichten, in die der Flugverkehr zwecks Zeitersparnis vordringt, weit höher als bei anderen Verkehrsmitteln ist. Argumentiert wird hier oft, die Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung für die Luftfahrt und die Mineralölsteuerbefreiung von Mineralölherstellungs- und Gasgewinnungsbetrieben ("Hersteller-Privileg"), berührten internationale Abkommen und könnten nur europa-weit eingeführt werden. Andere europa-einheitliche Regelungen wie zum Beispiel Verordnungen über die Größe von Bananen scheinen durchaus möglich zu sein. Der Hauptgrund für die Steuerbefreiung ist eher darin zu suchen, daß Deutschlands einziges international bedeutendes Flugunternehmen, die Lufthansa, durch eine Besteuerung des Flugbenzins Wettbewerbsnachteile erlitte und - das alte Argument der Globalisierung - mit der Verlagerung oder dem Verlust von Arbeitsplätzen gedroht wird. Ein interessanter Vorschlag besteht allerdings - analog zur Einführung von Autobahngebühren - darin, Klimaschutzgebühren bei auf den Flughäfen eintreffenden und abreisenden Fluggästen zu erheben. Ein große Teil der Deutschen, die regelmäßig mindestens einmal im Jahr in den Urlaub fliegen, wäre sicher bereit, für die damit verbundene Umweltzerstörung zweckgebundene Umweltabgabe zu leisten. Akzeptiert würde eine solche Abgabe allerdings sicher nur dann, wenn das dadurch eingenommenen Geld in vollem Umfang für den Klimaschutz aufgewendet würde.

Die inzwischen öffentlich bekannt gewordenen weiteren Sonderregelungen tun ein übriges: Zunächst soll weiterhin ein reduzierter Steuersatz von 20 Prozent für produzierendes Gewerbe und Landwirtschaft gelten, den gar eine "Härteklausel" flankiert. Liegt die Belastung aus der Ökosteuer das 1,2fache über der Entlastung, können die betroffenen Unternehmen einen Nettobelastungsausgleich beantragen. Dieser auf ein Fünftel reduzierte Steuersatz gilt von der zweiten Stufe an auch für Behindertenwerkstätten und die Teichwirtschaft. Ferner bleibt es bei den um die Hälfte reduzierten Steuersätzen für den schienengebundenen Verkehr und für Nachtspeicherheizungen - letzteres ein Geschenk an die Atom-Lobby.

Doch dies sind alles Kleinigkeiten, gemessen an der Gesamtdimension. Schätzungen gehen dahin, daß die CO2-Reduzierung durch die Öko-Steuer innerhalb von 5 Jahren etwa zwei Prozent ausmachen wird. Damit klafft zwischen dem verkündeten Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2005 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 25 Prozent zu vermindern, und der Realität (Minus 14 Prozent bis 1998 vor allem durch den "wallfall profit" der Umstellung von Kohle auf Gas und dem Zusammenbruch von DDR-Altindustrien in den neuen Bundesländern) weiter eine große Lücke.

Zur Wirkung auf den Arbeitsmark ist noch nicht viel festzustellen. Dies ist nicht verwunderlich, da zum einen die im Koalitionsvertrag vereinbarte Absenkung der Lohnnebenkosten um 2,4 Prozentpunkte nach drei Jahren nun selbst trotz der zeitlichen Streckung der Ökosteuer-Stufen auf fünf Jahre verfehlt wird: Erreicht werden nur 1,8 Prozentpunkte, deren Wirkung auf den Arbeitsmarkt kaum sichtbar sein werden. Ferner ist die soziale Wirkung kritisch zu sehen: Die Anpassung der Renten wird abgekoppelt. Rentnerinnen und Rentner, über deren pauschale Klassifizierung als Bedürftige gleichwohl gestritten werden darf, sind per Saldo die Hauptbetroffenen der Ökosteuer.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkung (24.12.2001):
Eine Aktualisierung der Benzinverbrauchsstatistik siehe: hier

 

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