7.07.2004

25 Millionen Dollar
für ein Phantom

El Sarkawi ist nach wie vor überall und nirgends

Nach wie vor vergeht keine Woche, ohne daß Musab el Sarkawi1 in den Massenmedien als Drahtzieher irgendeines Terroranschlages weltweit genannt wird. 25 Millionen US-Dollar wurden nun Ende Juni auf seinen Kopf ausgesetzt. Doch einiges spricht dafür, daß der phänomenale Top-Terrorist längst tot ist und vom CIA mit Bedacht auserwählt wurde, um als weltweites Feindbild aufgebaut zu werden. Diese Kunstfigur könnte optimal immer dort eingesetzt werden, wo es sich lohnt, in einer "humanitären Katastrophe" einzugreifen. Und ein Risiko, das Kopfgeld ausbezahlen zu müssen, wäre für die US-Regierung gleich Null.

Phänomenal ist seine an die Comic-Figur Fantômas gemahnende Allgegenwart: Nicht nur bei allen größeren Anschlägen im Irak wurde dieser Musab el Sarkawi - ohne daß je Beweise vorgelegt wurden - als Drahtzieher genannt, so beim Aschura-Anschlag am 2. März 2004, auch die Bombenanschläge in Casablanca und der Türkei wurden ihm zur Last gelegt. Und nach der Ermordung der südkoreanischen Geisel am 22. Juni wurde ihm gar per Video von vermummten Gestalten die Führerschaft attestiert. Die Häufigkeit und die kritiklose Wiedergabe der Meldungen über el Sarkawi stehen in krassem Gegensatz zum Beweisgehalt. Dieser ist schlicht und ergreifend Null.

Nachdem bereits so beweiskräftige Dokumente wie jenes Video-Band, das dem TV-Sender Al Dschasira zugespielt worden war, oder auch eine Diskette mit einem angeblichen Brief el Sarkawis, das der CIA präsentiert hatte, vorliegen, wurde nun ein weiteres Video-Band nachgeschoben: Das nun diesmal dem arabischen TV-Sender Al Arabiya zugespielte Video ist so dumm, daß es nur vom CIA stammen kann. Eine bisher völlig unbekannte "irakische Gruppe" namens Salvation movement (d.h. Befreiungsbewegung), die offenbar Anglismen liebt, droht darin el Sarkawi und stellt sich zugleich schützend vor den neuen irakischen "Premier" Iyad Allawi.

Die Inszenierung des Videos ähnelt zwar stilistisch den nicht selten verbreiteten Videos irakischer Widerstandsgruppen. Die schwer bewaffneten Vermummten sollen sogar in deutlich erkennbarem irakischen Akzent gesprochen haben, wird vermeldet. Doch Iyad Allawi gilt bei durchweg allen irakischen Gruppierungen als US-amerikanische Marionette. Und die Frage der Vermummten, wie el Sarkawi eine Morddrohung an "Premier" Allawi rechtfertigen könne, betrachten auch jene Kreise, die den bewaffneten Kampf gegen die US-Besatzung ablehnen, als schlechten Witz. Im Irak kann sich kaum ein Mensch vorstellen, daß im Westen eine solch plumpe Fälschung von den Massenmedien verbreitet werden kann und auf weitgehendes Vertrauen stößt.

 

Ute Daniels

 

Anmerkung:

1 Siehe auch unseren Artikel
    'Wird ein Toter als Top-Terrorist aufgebaut?'
    (23.06.04)

 

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