15.05.2007

Armut trotz Arbeitsplatz -
"Working poor"
auch in Deutschland

1,1 Millionen abhängig beschäftigte sind auf Hartz IV angewiesen

Am Montag veröffentlichte der DGB in Berlin eine Studie, laut der sich die Zahl der Menschen, die von ihrem Erwerbseinkommen nicht leben können, seit der Einführung von Hartz IV von 600.000 um 80 Prozent auf 1,1 Millionen erhöht hat. Insgesamt sind rund 5 Millionen Menschen auf Hartz IV angewiesen.

Nur die wenigsten wissen jedoch, daß sie bei einem Netto-Monatslohn von weniger als 930 Euro in der Regel Anspruch auf Leistungen nach Hartz IV haben. Bei einem Stundenlohn von beispielsweise 7,50 Euro ergibt sich bei einer 38,5 Stundenwoche ein Monatslohn von 1.250 Euro. Das bedeutet für einen Alleinstehenden 911 Euro netto - bei einem Krankenversicherungsbeitrag von 13,8 Prozent. Dieser Nettolohn würde also bei Alleinstehenden einen ALG-II-Anspruch auslösen. Denn das durchschnittliche ALG-II-Niveau eines Alleinstehenden liegt bei 650 Euro. (345 Euro plus 305 Euro Warmmiete). Bei einem Bruttolohn von 1.250 Euro wäre der pauschalierte Freibetrag 280 Euro. Wenn die Werbungskosten 100 Euro übersteigen, entsprechend mehr. Der ALG-II-Bedarf liegt also bei 650 plus 280, d.h. bei 930 Euro.

Wenn diese Zahlen besser bekannt wären - und die Menschen die immer noch weit verbreitete Scheu ablegen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen - würden sicherlich zwei bis drei Millionen mehr als "Kombilöhner" vom Staat Geld abzweigen, das ansonsten per "Steuerreform" nach oben umverteilt wird.

Doch Kombi-Löhne sind staatlich subventionierte Dumpinglöhne. Anders als bei einem Mindestlohn, der allerdings bei 10 Euro brutto liegen müßte, wird bei Kombilöhnen die Armut aus Steuermitteln, also überwiegend auf Kosten der unteren Zweidrittel der Gesellschaft aufgebracht. Wenn jedoch Löhne nicht mehr aus der Produktivität, welche aus der Arbeit hervorgeht, sondern zum Teil aus Steuermittel bezahlt werden, erhöht dies die Profite und führt dies zu einer Abwärtsspirale der Löhne. DGB-Chef Sommer sagte bei der Vorstellung der Studie: "Hartz IV hat eindeutig den Druck auf die Arbeitskräfte erhöht, auch niedrig entlohnte Tätigkeiten anzunehmen."

Nach der DGB-Studie gehen sogar rund 440.000 Kombi-Löhner einer Vollzeitbeschäftigung nach.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkung

    Siehe auch unsere Artikel:

    Thema Mindestlohn im Bundestag (14.05.07)

    Mindestlohn, Bezahlung von Putzkräften
    im Bundestag und Heuchelei (12.05.07)

 

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