24.09.2007

Reallöhne in Deutschland
seit Jahrzehnten eingefroren

ArbeitnehmerInnen in Deutschland können sich von ihrem Lohn heute deutlich weniger leisten als noch vor 15 Jahren.1 Einer Statistik des Bundesarbeitsministeriums zufolge lag der Nettoverdienst im Jahr 2006 bei durchschnittlich 1.320 Euro im Monat. 1992 lag laut Bundesarbeitsministerium der durchschnittliche Nettolohn noch bei 1.438 Euro im Monat. Die Lohnentwicklung sei hinter der Preissteigerung zurückgeblieben, erklärte das Ministerium bedauernd. Und der DGB-Vorsitzende Michael Sommer beeilte sich zu erklären: "Es gibt dringenden Nachholbedarf für den kleinen Mann."

Während die durchschnittlichen Reallöhne über einen langen Zeitraum unverändert blieb, sanken die der GeringverdienerInnen - nach Abzug der Preissteigerungen - sogar. Johannes Ludsteck vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung erklärt: "Zwischen 1993 und 2001 sind die Löhne der Geringverdiener um vier Prozentpunkte gesunken, die der mittleren Verdiener um vier Prozentpunkte gestiegen und die der oberen Einkommensgruppen sogar um neun Prozentpunkte angewachsen."

Statistisch ins Gewicht fallen aber vor allem die mittleren und unteren Lohngruppen: Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums (BMA) fiel der Anteil der Löhne am Volkseinkommen in den vergangenen zehn Jahren um rund vier Prozent, der Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkommen dagegen sei um 42 Prozent gestiegen. Hier gebe es "eine deutliche Unwucht".

Deutschlands meistverkauftes Toilettenpapier (das mit den vier Buchstaben) versucht die Menschen mal wieder zu verdummen. Immer wieder wird mit dem Hinweis auf steigende Steuern vom Kern der Sache abgelenkt: Während die Nettolöhne in den letzten Jahrzehnten leicht anstiegen und die Nettoquote der Löhne und Gehälter - also der Anteil den der Staat direkt abgreift - konstant blieb, wurde diese leichte Zunahme durch die Preissteigerung im Durchschnitt gerade aufgefressen. In diesem Jahr kam noch die Mehrwertsteuer-Erhöhung hinzu.

Außen vor bleibt bei diesen Betrachtungen jedoch, daß bereits durch die Steuerreform von "Rot-Grün" im Jahr 2000 in den Folgejahren über 20 Milliarden Euro an Steuereinnahmen pro Jahr an Konzerne und Reiche verschenkt wurde. Dies ist der Kern der fortwährenden Umverteilung von Unten nach Oben.

DGB-Chef Sommer forderte erneut einen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde. Ein solcher Mindestlohn wäre allerdings im Vergleich zu den Mindestlöhnen unserer europäischen Nachbarstaaten nichts anderes als Lohn-Dumping

Tatsächlich gibt es in folgenden europäischen Ländern Mindestlöhne - und dies zum Teil schon lange:

Belgien:

7,93 Euro

Großbritannien:

7,96 Euro

Niederlande:

8,13 Euro

Frankreich:

8,27 Euro

Irland:

8,30 Euro

Luxemburg:

9,08 Euro

Angesichts der Wirtschaftslage in Deutschland ist die Forderung nach einem Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde angemessen. Auch das Arbeitsministerium erklärte, "die Lohnentwicklung sollte wieder mehr von der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung profitieren". Damit dies überall ankomme, sei die Einführung von Mindestlöhnen "unabdingbar". Bemerkenswerter Weise jedoch hat sowohl Arbeitsminister Müntefering als auch die SPD-Fraktion im Bundestag gegen die Einführung von Mindestlöhnen gestimmt.2

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Infos:

      Durchschnittlicher Monatsverdienst
      in Deutschland 1991 bis 2006 (30.08.06)

      Durchschnittlicher Monatsverdienst
      in Deutschland 1991 bis 2004 (4.07.05)

Zum Thema stagnierende Reallöhne siehe auch unsere Aufrufe zum Ersten Mai:

      Kapitalismus oder Demokratie? (1.05.05)

      Europaweite Solidarität (1.05.04)

      Solidarität gegen die Einschnitte Kampf gegen "Rot-Grün" (1.05.03)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      Thema Mindestlohn im Bundestag
      Von einem Versuch, die SPD zu stellen (14.05.07)

 

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