2.11.2004

Wie lange ist Stolpe
noch zu halten?

Massive Korruptionsfälle im Bundesverkehrsministerium aufgedeckt

Zunächst hatte ein Sprecher von Verkehrsminister Manfred Stolpe den Bericht noch als "tendenziös" und von einem "grenzwertigen" Wahrheitsgehalt bezeichnet, doch inzwischen räumte das Haus ein: es hat umfangreiche Korruptionsfälle im Ministerium gegeben. Wegen 41 Vorkommnissen wurde demnach ermittelt, die sich zwischen 1999 und 2004 abgespielt haben. 20 Fälle seien inzwischen erledigt.

Zuvor hatte die 'Bild am Sonntag' über massive Bestechung im Ministerium berichtet. Aufgefallen sein sollen sie bei einer routinemäßigen hausinternen Überprüfung. So habe etwa der stellvertretende Chef des Bundesamtes für Güterverkehr, Rolf Kreienhop, nebenher als Berater für eine Speditionsfirma gearbeitet. Er ist inzwischen von seinem Amt suspendiert worden.

Daß es im Verkehrsministerium zu Korruptionsfällen kam, ist Beobachtern zu Folge nicht wirklich verwunderlich. Die Behörde ist mit einer jährlichen Summe von zwölf Milliarden Euro der größte Investor Europas und verfügt zudem über 30.000 Mitarbeiter. Bei diesem Umfang benötige man ein gutes Kontrollsystem, so ein Behördensprecher am Sonntag, worüber man auch verfüge.

Dies ist jedoch noch die Frage; immerhin erstrecken sich die Fälle bis ins Jahr 1999 und begannen somit unmittelbar nach der Regierungsübernahme der rot-grünen Koalition. Hinzu kommt, daß einige der Fälle inzwischen abschließend behandelt, eingestellt oder an die Staatsanwaltschaft übergeben wurden. Und dies in einem rein internen Verfahren. Offenbar sollten sowohl die Öffentlichkeit, wie auch die Parlamentarier über die Korruptionsfälle im Dunkeln gelassen werden. Der 'BamS' zu Folge habe es keine Information des Bundestages gegeben - das Ministerium erklärte dagegen, diese sei im Rahmen einer CDU-Anfrage geschehen.

Verkehrsminister Manfred Stolpe kündigte bereits vorsorglich an, nach der kommenden Bundestagswahl nicht mehr vor einen Kabinettsposten zur Verfügung zu stehen. Doch dies hatte er wohl ohnehin kaum vor. Nicht wenige hatten Stolpes Berufung in den Kreis der Bundesminister als Gegenleistung betrachtet, nachdem sich der Brandenburger als Ministerpräsident für eine Bundesrats-Mehrheit des später gerichtlich gekippten Einwanderungsgesetzes verschleißen ließ.

Ob es seinen jetzigen Laden jedoch im Ansatz beherrscht, darüber kommen bei der Politik des Ministeriums regelmäßig Zweifel auf. Das Desaster mit der Lkw-Maut, die ungenierte Art, mit der Bahn-Chef Mehdorn dem Minister auf der Nase herum tanzt. Und nun offenbar über Jahre vertuschte Korruptionsfälle.

Nun gehört das Verkehrsministerium traditionell nicht zu den am besten besetzten Häusern im Kabinett Schröder, dies zeigte sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode. Doch da steht es nur stellvertretend für die gesamte Regierung, die mit rekordverdächtigem Tempo ihre Mitglieder austauschte. Langsam aber sicher ist nun das nächste fällig.

 

Martin Müller-Mertens

 

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