Zu: »DDR-Bewältigung«, 
Kommentar von Friedrich Wolff in der 'jungen Welt' vom 
24. August 2004
Daß bei einer Abrechnung, bei der ein Unrechtsstaat über einen anderen zu 
Gericht sitzt, nichts rechtes heraus kommen kann, war jedem politisch bewußten 
Menschen von vornherein klar. Und wenn Friedrich Wolff in Erinnerung ruft, was 
der westdeutsche Außenminister Kinkel schon 1991 sagte, nämlich, daß die 
westdeutsche Justiz die Aufgabe habe, "das SED-System zu delegitimieren", ist 
das zu begrüßen und angesichts mancher Geschichtsvergessenheit auch unbedingt 
nötig. 
Dennoch vermengt er in seinem Kommentar - und ich unterstelle ihm: ganz bewußt - 
Recht und Rechtsprechung. Er versucht hier den billigen Trick, uns die 
Schlußfolgerung aufzutischen: Wenn die juristische "Bewältigung" der DDR 
offensichtlich fadenscheinig ist, kann die DDR also kein Unrechtsstaat gewesen 
sein. Er schreibt ganz unverblümt: "Alles in allem zeigt die Bilanz der 
Vergangenheitsbewältigung, die Strafverfahren haben trotz des großen Aufwands 
die These vom Unrechtsstaat nicht nur nicht bestätigt, sondern widerlegt."
Die DDR war eine üble Diktatur, die mit Sozialismus wie ihn noch Karl Marx und 
Friedrich Engels, August Bebel und Wilhelm Liebknecht, Rosa Luxemburg und Karl 
Liebknecht oder etwa auch Albert Einstein und Bertrand Russell verstanden, nicht 
das geringste zu tun hatte. Wenn in einer linken Tageszeitung wie der 'jungen 
Welt' ein Egon Krenz hofiert wird und über zwei Seiten versucht wird, die DDR 
nachträglich zu legitimieren, finde ich das zum Kotzen.
Darüber hinaus versucht Friedrich Wolff auf ganz üble Weise eine Verbindung zu 
den heutigen Montags-Demos zu konstruieren: "In Mißkredit mußte die DDR gebracht 
werden, damit der Sozialabbau ungestört von Erinnerungen an den Sozialismus 
stattfinden kann." Das erinnert mich an einen Leserbrief von vor vierzehn Tagen, 
in dem ein neunmalkluger Alt-SEDler rechthaberisch meinte, jetzt müßten sie doch 
endlich einsehen, daß sie 1989 nur gegen sich selbst demonstriert hätten. Da 
geht's dann doch ins Groteske über. 
Gegenüber solchen restaurativen Tendenzen, ebenso wie gegenüber denen von attac 
oder WASG, die auf eine Wiederbelebung einer fiktiven Sozialdemokratie 
keynesianischer Prägung zielen, müssen die Montags-Demos allerdings genutzt 
werden, um eine eigenständige, emanzipatorische Perspektive zu entwickeln.
 
Klaus Schramm