21.04.2004

Vanunu endlich frei

Mordechai Vanunu war als Atomtechniker von 1977 an neun Jahre lang am Bau des israelischen Atomreaktors Dimona in der Wüste Negev beteiligt. 1986, vor 18 Jahren, geriet er mit dem israelischen Staat in Konflikt. Er verriet der britischen 'Sunday Times', was er über den Stand der israelischen Nukleartechnologie wußte. Aus seinen Beschreibungen und auf der Grundlage heimlich gemachter Fotos konnten Experten darauf schließen, daß Israel zu diesem Zeitpunkt bereits über das sechstgrößte Atompotential der Welt verfügte.

Kurze Zeit nach diesem Interview hielt sich Vanunu in Rom auf, wo ihn Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad entführten und nach Israel verfrachteten. In einem nicht-öffentlichen Verfahren wurde er zu 18 Jahren Haft verurteilt. Fast 12 Jahre verbrachte er in strenger Einzelhaft. Eine internationale Kampagne setzte sich jahrelang für seine Freilassung ein. Für sein verantwortungsbewußtes Aufdecken des israelischen Atomwaffenprogramms wurde er sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Heute nun wurde Mordechai Vanunu aus dem Schikma-Gefängniss in der israelischen Küstenstadt Aschkelon entlassen. Eine Delegation von 80 Personen aus 12 Ländern und hunderte von UnterstützeInnen empfingen ihn an den Gefängnistoren. Unter ihnen sind Parlamentarier, Schauspieler und Nobelpreisträger. Prominente Grußbotschaften gingen unter anderen ein von Arundhati Roy, den SchauspielerInnen Harold Pinter, Emma Thompson und Julie Christie, dem Whistleblower Daniel Ellsberg, und dem Londoner Bürgermeister Ken Livingstone. Doch auch GegendemonstrantInnen empfingen den 49-jährigen vor dem Gefängnis, schmähten ihn mit Buh-Rufen und beschimpften ihn als Verräter. Vanunu sagte, er sei "stolz und glücklich" über das, was er getan habe, und hob seine Hand zum Victory-Zeichen als er ins Freie trat. Israel benötige keine Atomwaffen, meinte Vanunu.

Auch jetzt werden Vanunu vom israelischen Staat strenge Auflagen erteilt. So sind ihm bis auf weiteres Auslandsreisen untersagt. Ebenso ist ihm untersagt, mit Ausländern zu sprechen. Human Rights Watch kritisiert diese "zusätzlichen Strafen".

Aus den USA reisten Mary und Nick Eoloff an, die Vanunu 1997 adoptiert hatten in der Annahme, er könne so die US-Staats- bürgerschaft erhalten. Anwesend war auch die britische Schauspielerin Susannah York, die mit Vanunu in Briefwechsel stand. In einem Brief vom 22. April 2003, den der 'Guardian' gestern veröffentlichte, äußerte er sich zu seinen Plänen für sein Leben in den USA: "Ich hoffe, ich werde gute Leute treffen - und meine zukünftige Partnerin. Was ich tun werde, welcher Arbeit ich nachgehen werde, weiß ich nicht - vielleicht werde ich versuchen, ein Buch zu schreiben. Die andere Aktivität, die ich mir wünsche, ist, um die Welt zu reisen, viele, viele Orte zu besuchen und Leute zu treffen." Davon kann zunächst keine Rede sein.

 

Adriana Ascoli

 

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