4.02.2012

15.000 protestieren in Frankfurt
gegen Fluglärm und Klimagase

Demo am Frankfurter Flughafen, 4.02.12, Foto: Dietmar Treber Über 15.000 Menschen (nach Polizei- angaben: 6000) protestierten heute am Frankfurter Flughafen gegen die Belastungen durch den Flugverkehr, für ein Nachtflugverbot und die sofortige Stilllegung der neuen Nordwest-Landebahn. Angereist waren sie aus der gesamten Region zwischen Main-Kinzig-Kreis und Mainz.

Zu der Demonstration am Flughafen hatte ein Bündnis aus mehr als 70 lokale Initiativen aufgerufen. Seit der Eröffnung der neuen Nordwest-Landebahn im vergangenen Oktober wächst der Protest in der gesamten Rhein-Main-Region. Bei den Redebeiträgen auf der Kundgebung war nach Aussagen von TeilnehmerInnen besonders die Solidarität unter den aus den verschiedenen vom Fluglärm betroffenen Gebieten auffallend. Mehrfach wurde betont, daß der Fluglärm durch die neue Nordwest-Landebahn vollends unerträglich geworden sei. Über der persönlichen Betroffenheit wurde nicht vergessen, daß der seit Jahrzehnten stetig zunehmende Flugverkehr und die dadurch verursachten Emissionen von Treibhausgasen eine maßgebliche Rolle beim Treibhaus-Effekt spielt.

Die DemonstrantInnen hatten sich kurz vor 12 Uhr in der Abflughalle des Terminals versammelt. Bereits zu diesem Zeitpunkt gaben die OrganisatorInnen per Megaphon durch, daß der Weg für weitere TeilnehmerInnen freigemacht werden müsse. "Wir haben ein Problem, wir sind zu viele," hieß es zwischenzeitlich. "Der Flughafen ist bereits voll," sagte Organisator Michael Will. So wurde der Demo-Zug nach draußen verlegt. Auf der Straße wurde am Terminal in schier endloser Schlange vorbeimarschiert, um das große Parkhaus herum. Immer wieder war aus den Reihen der DemonstrantInnen die lautstarke Forderung nach der Stilllegung der Nordwest-Landebahn zu hören.

Der Groß-Gerauer Landrat Thomas Will, Sprecher der Initiative 'Zukunft Rhein-Main', einem Zusammenschluß von Städten, Gemeinden und Kreisen, erinnerte in seinem Redebeitrag an den bereits jahrzehntelangen Kampf gegen den Flughafenausbau und zahllose gebrochene Versprechen der jeweiligen hessischen Landesregierungen.

Bettina Appelt von der Mainzer BI forderte, den "Moloch Flughafen" zum Stillstand zu bringen. Die großen Teilnehmerzahlen bei den vielen Demonstrationen der vergangenen drei Monate zeigten, daß es den Menschen ernst damit sei. Katinka Pönsken von der IG Metall widersprach in ihrem Redebeitrag dem "Mythos von der Jobmaschine Flughafen".

"Die Heuchelei der Politik muß aufhören. Sie ist manchmal fast genauso schwer zu ertragen wie der Fluglärm," sagt Thomas Norgall, Naturschutzreferent des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in seinem Redebeitrag. Der BUND fordere eine umfassende Neubetrachtung des Fluglärms. "Gesetze und Planfeststellungsbeschlüsse kann man ändern. Die Landesregierung hat es damit in der Hand, den Menschen zu helfen," so Norgall. Für den BUND komme es einem Offenbarungseid gleich, daß die Flughafen-Betreiberfirma Fraport Hand in Hand mit der hessischen Landesregierung und insbesondere Wirtschaftsminister Dieter Posch jahrelang zu lange Planungszeiten beim Flughafenausbau beklagt haben und man nun feststellt, daß eines der wichtigsten Probleme, nämlich der Lärmschutz, nicht gelöst wurde.

Nach Ansicht von Norgall greift die Diskussion über die Glaubwürdigkeit der Landeregierung und die Einführung des zugesagten Nachtflugverbotes von 23 bis 5 Uhr zu kurz. Der BUND fordere, daß der Planfeststellungsbeschluß aufgeschnürt und das Lärmschutzkonzept sofort und vollständig überarbeitet wird. Dies sei die zwingende Schlußfolgerung des BUND, nachdem selbst Ministerpräsident Volker Bouffier und der für den Frankfurter Flughafen zuständige Fachminister Dieter Posch Minister in aller Öffentlichkeit festgestellt hätten, daß die Fluglärmbelastung für die Bevölkerung zu hoch ist. Die seit über zehn Jahren laufenden Gespräche mit dem Ziel freiwilliger Vereinbarungen mit der Luftfahrt bewerte der BUND nicht als Teil einer Lösungs-, sondern als Fortsetzung der Hinhalte-Strategie.

Für den 8. Februar hat der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier zu einem "Fluglärm-Gipfel" eingeladen. Dort sollen Maßnahmen zur Lärmreduzierung vorgestellt werden. Dabei soll es unter anderem um veränderte Anflugverfahren gehen. Fraport, die Fluggesellschaften und die Deutsche Flugsicherung hätten den Auftrag bekommen, ein "Maßnahmen-Paket" auszuarbeiten.

Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender des Flughafen-Betreibers Fraport äußerte angesichts der Proteste Verständnis. Mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest seien vielerorts neue Belastungen entstanden oder hätten sich erhöht. Er habe "großes Verständnis" für die Menschen, "die unter der neuen Anfluggrundlinie leben." Deren Neubelastung durch den Flugbetrieb sei "hoch". Weiter erklärte Schulte: "Wir müssen die Sorgen und Klagen der Menschen ernst nehmen - und wir tun das auch." Gemeinsam mit allen Beteiligten werde er "die notwendigen und möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen zügig" umsetzen, versprach Schulte. Diese Maßnahmen würden die Belastung der Menschen reduzieren. Derzeit werde "mit Hochdruck" an Lösungen gearbeitet.

Norgall erinnerte dagegen in seinem Redebeitrag daran, daß schon heute bekannt sei, daß keine der derzeit diskutierten Lärm-Minderungsmaßnahmen für die Schwerstbetroffenen in der Nähe des Flughafens eine Lärmreduktion schaffen kann. Auch in der weiteren Umgebung werde es lediglich zur Lärmverteilung kommen, nicht jedoch zu einer Lärmreduzierung auf ein für die Menschen erträgliches Maß. "Da die heutige Belastung mit rund 480.000 Flügen pro Jahr schon unerträgliche Folgen hat, kann die Landesregierung die von ihr mit dem Planfeststellungsbeschluss akzeptierte Steigerung auf 700.000 Flugbewegungen im Jahr nicht einfach tatenlos hinnehmen," so der BUND-Naturschutzreferent. Als Fazit forderte Norgall "mehr Demokratie und bessere Rechte der Betroffenen in Planungsprozessen und keine Alibiveranstaltungen und Quasselbuden.“

 

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Frankfurter Flughafen
      Wieder 5000 bei Montags-Demo (23.01.12)

      Frankfurter Flughafen
      Demo gegen Nordwest-Landebahn blockiert Straße (17.01.12)

      Stadtparlament Frankfurt
      Mehrheit für Lärm und Klimagase (21.12.11)

      Frankfurter Flughafen
      6000 bei Montags-Demo (19.12.11)

      Frankfurter Flughafen
      Montags-Demo wächst (12.12.11)

      Montags-Demos auf dem Frankfurter Flughafen
      Gegen Fluglärm und Klimagase (5.12.11)

      20.000 protestieren gegen Fluglärm
      und Klimagase
      Demo gegen Ausbau des Frankfurter Flughafens (23.10.11)

      Mediation und Durchsetzungs-Strategien
      Das Beispiel Frankfurter Flughafen (18.10.11)

      Menschenkette gegen Fluglärm
      24.000 am Müggelsee (28.08.11)

      Absturz von US-Kampfflugzeug bei Laufeld
      Verseuchung durch Uran-Munition? (2.04.11)

      Frankfurter Flughafen
      Demo gegen Fluglärm in Mainz (20.02.11)

      Berliner S-Bahn planmäßig ruiniert
      Verantwortlich war Bahn AG (14.01.11)

      Winter schützt Klima
      Flugverkehr lahmgelegt (30.12.10)

      60.000 Bäume für VW-Flughafen
      Abholzung im Querumer Forst (8.01.10)

 

neuronales Netzwerk