20.09.2003

Artikel

Provozierter Konflikt:
Offshore-Windpark
contra Naturschutz

Ziel einer realistischen Energiewende wäre, vorrangig den Energiebedarf durch effiziente Energietechniken und Energie- einsparung - ein Potential, das noch weitestgehend ungenutzt brachliegt - um die Hälfte zu reduzieren und den restlichen Bedarf durch einen Mix mit steigendem Anteil aller alternativen Energiequellen, angefangen von der Kraft-Wärme-Kopplung (Blockheizkraftwerke), über Wind-, Wasser-, Biogas-, Solar-, und Geothermie-Kraftwerke bis hin zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe (Schilfgras, Ausforstungsholz etc.) zu decken.

Energiewende

Stattdessen werden von "rot-grüner" Seite Rechenspielchen präsentiert, daß auf der einen Seite bis 2010 rund 2.700 MW Atomstrom durch Abschalten von küstennahen AKWs wegfielen, die auf der anderen Seite einseitig durch rund 1.100 Offshore-Windkraftwerke mit bis zu 3 MW Leistung pro Rotor zu ersetzen seien. Solches monolithische Denken mit der Perspektive gigantischer Windräder in "Windparks" von 50 bis 100 Rotoren entsprecht dem alten harten Energiepfad der Energie-Konzerne und nicht der ökologischen Vision sanfter Energietechnologien.

Um die gigantischen "Windparks" zu rechtfertigen, wird mit einem angeblich nötigen Monitoring argumentiert, obwohl das Know-how aus Dänemark, Großbritannien und Holland längst vorliegt und allein von Seiten der großen Konzerne ein Interesse an immer gigantischeren Anlagen besteht. So wird zudem immer wieder - leider auch aus den Reihen von Greenpeace - behauptet, daß kleinere und mittlere Anlagen nicht nennenswert zur Energiewende beitragen könnten.

Nun wurde vor Sylt (www.butendiek.de) ein gigantomanischer Windpark mit 80 Rotoren zu je 3 MW Nennleistung genehmigt. Dieser geplante Offshore-Windpark ist zudem eine Provokation gegen den Naturschutz, da er in einem ausgewiesenen - und bereits entsprechend der europäischen FFH-Richtlinien vorgemerkten - Schutzgebiet für Zwergwale und Seevögel (darunter drei Arten, die auf der roten Liste stehen) liegt. BUND und NABU haben gegen die Pläne, da bisherige Gespräche nichts fruchteten, gerichtlich Einspruch erhoben. "Auch Windparks müssen dort gebaut werden, wo Störungen am geringsten sind", erklärt Frank Musiol, NABU-Experte für Klima und Energie den aufsehenerregenden Konflikt zwischen den angeblichen Vorreitern für den Klimaschutz und den anerkannten Naturschutzverbänden.

Insbesondere beim Bau der Anlage - und dies hat sich auch bei der mit Butendiek vergleichbaren dänischen Anlage 'Horns Rey' gezeigt - werden beim Einrammen der Fundamente die Zwergwale in einem Umkreis von 15 Kilometern vertrieben. Dies hätte gerade bei der im Gebiet von Butendiek liegenden Kinderstube der Schweins-Wale, von denen es weltweit nur noch 100.000 Exemplare gibt, verheerende Wirkung. Zudem liegt Butendiek im Zentrum einer Population bedrohter Seevögel.

Leicht wird auch vergessen, um welche Größenordnung es sich bei einem solchen gigantomanischen Windpark, der etwa 200 MW leisten könnte, handelt - zumal die Akzeptanz für derart nicht-angepaßte Anlagen schnell an Grenzen stößt. Denn mit kleinen und mittleren Windrädern (Gesamtzahl: 14.283) konnte bisher nach Angaben des deutschen Windenergieinstituts bereits eine Gesamtleistung von rund 13.000 MW erbracht werden1. Und nur mit kleinen dezentralen Anlagen läßt sich die Abhängigkeit von den Energie-Konzernen knacken. Und nur unter dieser Vorbedingung wird sich der Weg zur Energiewende eröffnen lassen.

Tatsächlich jedoch ist dieser Weg inbesondere durch die gesetzliche Blockade der Blockheizkraftwerke2 und der Wasserkraft2 und die als "Atomausstieg" getarnte Bestandsgarantie für die Atomenergie versperrt. Und tatsächlich steigt die Kohlendioxid- Emission in Deutschland seit 1999 wieder an3.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkung:
1 siehe auch unsere Artikel:
    'Stop aus Stuttgart - Wind aus Freiburg ?
    / Badisch-Elsässische BIs über zwei neue Windräder erfreut'
    vom 5.09.03

    'Künstlicher Konflikt - Großtrappe oder Windkraft ?
    / Wohin steuert das EEG ?' vom 18.08.03

2 Siehe auch unsere Artikel:
    'EEG: Trittin fördert die Atom-Konzerne'
    vom 22.08.03 (u.a. zum Thema Blockheizkraftwerke und Wasserkraft)

    'Schönau führend bei der Förderung von Solarstrom' vom 4.07.03

3 Siehe auch unseren Artikel:
   'Umweltpolitische Geisterfahrer -
    "Rot-Grün" mit voller Fahrt in die Klimakatastrophe' vom 9.01.03

 

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