24.07.2004

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schafft 1,23 Milliarden Euro
für die arme Atom-Industrie herbei

Auch Deutsche, ÖsterreicherInnen oder ItalienerInnen werden gemolken

Allein für das aktuell sechste "Forschungsrahmenprogramm" stellt die EU der Atomwissenschaft ganz offiziell 1,23 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Forschungsetat mit insgesamt 17,5 Milliarden Euro ist dies erneut der mit Abstand größte Etatposten. Das Programm wird für einen Vierjahreszeitraum aufgelegt, so daß den mit der Atom-Mafia aufs innigste verflochteten "Forschungsstätten" jährlich rund 310 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Das bereits 1978 - tatsächlich und nicht nur auf dem Papier - aus der Atomenergienutzung ausgestiegene Österreich beispielsweise muß seit seinem EU-Beitritt 1995 hierzu jährlich 14 Millionen Euro beisteuern.1

Durch diese Forschungsprogramme und durch die Präsentation einer - wie immer angeblich noch sichereren - "neuen Generation" von Atomreaktoren vom Typ European Pressurized Reactor (EPR) wird eine Grundsatzentscheidung für die zukünftige Nutzung der Atomenergie getroffen. In Frankreich und in Finnland (Olikluoto ab 2005) sollen neue Reaktoren diesen Typs gebaut werden. Gegen den Bau eines neuen EPR-Reaktors haben drei Atomkraftgegner am 21.6.2004 in Paris ein unbefristetes Fasten begonnen: Michel Bernard (46), Dominique Masset (51) und André Larivière (56) fordern darüber hinaus die Umwidmung der Forschungsmittel im Energiesektor hin zu den erneuerbaren Energien. Die drei Männer in Paris haben schon in den 70er Jahren gegen die zivile und militärische Nutzung der Atomenergie protestiert.

Das französische Parlament machte den Weg für den Bau des ersten EPR in Frankreich frei, beschloß jedoch entgegen der zuvor veröffentlichten Ankündigung am 22. Juni noch keinen Standort.2 Die VerfechterInnen der Atomenergie, die in Frankreich sowohl bei den Konservativen als auch bei den Sozialdemokraten ("Sozialisten") über die Mehrheit verfügen, dienen sich der Atom-Mafia an, den mit 3,2 Milliarden teuren EPR als ersten Reaktorneubau nach einer 22-jährigen Baupause in Frankreich zu realisieren. Die Finanzmittel können jedoch weder aus der maroden französischen Staatskasse noch von desinteressierten Investoren, sondern allein aus europäischen Töpfen bereit gestellt werden.

Die französischen Massenmedien haben zumindest in den ersten beiden Wochen keinerlei Notiz vom Hungerstreik genommen - vielleicht auch deshalb, weil sich die französische "grüne" Partei allzu penetrant in den Vordergrund zu schieben versuchte. Die drei AKW-Gegner verweisen zudem auf die Verflechtung der französischen Medien mit der Atom-Mafia, die über zwei Rüstungs-Konzerne das Kapital von 70 Prozent der französischen Print-Medien kontrolliert. Auch gehöre die Atom-Industrie zu den größten Anzeigen-KundeInnen. Dies hielt allerdings beispielsweise den 'Figaro' nicht von spektakulären Veröffentlichungen zurück.3

Der parteilose Europa-Abgeordnete Tobias Pflüger, der über die Liste der PDS neu gewählt wurde und für die Fraktion der 'Vereinigten Linken / Nordische Grüne Linke' (GUE/NGL) im Auswärtigen Ausschuß sitzt, unterstützt die Forderungen der Fastenden: "Was sie wollen, ist vernünftig. Die Zukunft der Energieversorgung kann nur bei den erneuerbaren Energien wie Wasser, Wind, Sonne und Geothermie liegen. Atomkraftwerke behindern den notwendigen Umbauprozeß - ganz abgesehen von den damit verbundenen Gefahren und der ungelösten Endlagerung der radioaktiven Abfälle. Dieser Irrweg muß beendet werden!" Pflüger fordert ein Ende der politischen und finanziellen EU-Förderung für Atmenergieforschung und den Stop der Planungen für einen Europäischer Druckwasserreaktor (EPR).

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unseren Artikel
    'Neue Atommacht EU?' (24.04.04)

2 Siehe auch unseren Artikel
    'EdF beschließt neuen Reaktor-Standort'
    EPR-Reaktor soll in Frankreich gebaut werden (21.06.04)

3 Siehe auch unseren Artikel
    'Französische AKWs erdbebengefährdet' (11.06.03)

 

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