15.08.2006

Datenschutzbeauftragter interveniert
zugunsten von baden-württembergischem
Berufsverbotsopfer

Schavan verstieß gegen Gesetze

Seit 2004 ist dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy die Ausübung seines Berufs verwehrt. Vergehen, die nach bisheriger Rechtsprechung ein Berufsverbot rechtfertigen könnten, werden ihm nicht zur Last gelegt. Lediglich "Erkenntnisse" des baden-württembergischen Verfassungsschutzes über das öffentliche Engagement in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) dienten bisher als Vorwand für die Diskriminierung des von der GEW, von SchülerInnen und Eltern unterstützten Lehrers.

Der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Peter Zimmermann hat nun vor wenigen Tagen das Vorgehen des im Fall Csaszkóczy federführenden baden-württembergischen Kultusministeriums schriftlich gerügt. 2004 hatte die damalige Kultusministerin und jetzige Bundesforschungsministerin Annette Schavan die in den 70er Jahren unter Bundeskanzler Willy Brandt eingeführte Berufsverbotspraxis wieder aufleben lassen. Der Nachfolger von Schavan als Kultusminister, Helmut Rau, scheint diese Linie fortführen zu wollen.

Zimmermann bezeichnet in seinem Schreiben vom 7. August das Vorgehen des Kultusministeriums als Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Tatsache, daß Schavan bereits im Sommer 2003 unter Umgehung des Dienstweges und ohne Csaszkóczys Wissen Informationen über ihn beim baden-württembergischen Verfassungsschutz angefordert und auch erhalten habe, sei mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Zimmermann erinnert in diesem Zusammenhang an das 'Volkszählungsurteil' von 1983: Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der die Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.

Der UnterstützerInnenkreis für das Berufsverbotsopfer Michael Csaszkóczy weist darauf hin, daß Kultusministerin Schavan ausgerechnet unter dem Vorwand, die Verfassung zu schützen, selbst ein verfassungsmäßiges Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt habe. Dies werfe ein bezeichnendes Licht auf dieses gesamte Verfahren, mit dem die grundrechtswidrige Berufsverbotspraxis wiederbelebt wird. Ähnlich dem Begriff "Kindergarten" wurde "Berufsverbot" in den letzten Jahrzehnten in einigen europäischen Ländern ein deutsches Lehnwort, da eine solche politische Diskriminierung dort unbekannt ist.

Eine neue positive Wendung

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte am 13. März das gegen Csaszkóczy verhängte Berufsverbot für rechtens erklärt und die Möglichkeit der Berufung gegen das Urteil verneint. Nun erklärte der baden-wütttembergische Verwaltungsgerichtshof am 14. August entgegen dem Entscheid des Verwaltungsgerichts die Berufung Csaszkóczys für zulässig, "da der Erfolg der Berufung des Klägers zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie deren Mißerfolg." Weiter schrieben die Richter ihren Kollegen ins Stammbuch, daß "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils" gegeben seien.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Beiträge:

      'Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
      Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus' (21.02.06)

      '"Rot-Grün" für Berufsverbot?
      Bundesregierung übernimmt Argumentation von
      Kultusministerin Schavan (18.05.05)

      'Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer' (25.11.04)

      'Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
      Michael Csaszkóczy' (4.11.04)

      'Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy' (3.08.04)

      'Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg'
      (11.02.04)

      'Berufsverbote
      - Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
      für Opfer (28.01.04)

Weiter Informationen zum Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy finden sich unter der Internetadresse:
www.gegen-berufsverbote.de

 

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