20.02.2003

AKW-GegnerInnen siegen
über CASTOR-Firma

Die Internet-Adresse www.castor.de bleibt im Besitz von AKW-GegnerInnen, die einfach schneller als die große CASTOR-Firma GNS (Gesellschaft für Nuklearbehälter) die Internet-Adresse angemeldet und besetzt hatten.

Siehe auch Artikel v. 14.01.2001 'Domain-Streit: Wem gehört der "CASTOR"?' von Christiane Schulzki-Haddouti

Im über zwei Jahre andauernden Streit um die Rechte an der Internet-Domain "www.castor.de" haben sich die AtomkraftgegnerInnen am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm durchsetzen können: Sie dürfen diese Internet-Adresse behalten, die nicht nur während der CASTOR-Transporte ins Wendland millionenfach aufgerufen wird. Der Atombehälter-Hersteller GNS (Gesellschaft für Nuklearservice) bzw. dessen Tocher GNB (Gesellschaft für Nuklearbehälter) hatte auf Herausgabe geklagt. In einer Berufungsverhandlung schmetterte das OLG Hamm einen entsprechenden Antrag der Atommüll-Büchsenbauer ab. Nach dieser Entscheidung, darf von den CASTOR-Gegnern weiter auf ihrer bekannten Web-Adresse über die politische Auseinandersetzung mit der Atomenergie informiert werden. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Obwohl bislang noch keine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, ist bereits klar, daß sich das Gericht nicht von den Behauptungen der klagenden GNS überzeugen ließ, die Atomkraftgegner würden mit ihrer Internet-Seite die Vertriebsaktivitäten der CASTOR-Hersteller beeinträchtigen. Im Verfahren wurde offensichtlich, daß die klagende Firma tatsächlich kein wirtschaftliches Interesse an der strittigen Domain hatte und das Verfahren letzten Endes dem Zweck diente, "www.castor.de" als eine etablierte Informationsplattform der Anti-AKW-Bewegung auf eine weniger prominente Stelle im World Wide Web zu verdrängen.

Der CASTOR-Hersteller hatte dem Gericht im Januar Kundenlisten vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß der Markt für Castor-Behälter sehr klein und geschlossen ist. Sie konnte in Deutschland gerade einmal sechs Kunden benennen. Recherchen der AKW-GegnerInnen kamen zu dem Ergebnis, daß immerhin fünf von diesen sechs Kunden entweder direkt oder indirekt (als Tochterunternehmen von Gesellschaftern) zum Gesellschafterkreis der CASTOR-Firma gehören. Im Klartext bedeutet das, daß die CASTOR-Firma in Deutschland gerade einmal einen Kunden außerhalb der eigenen Konzernstruktur vorweisen konnte.

Auch in Hinblick auf die Behauptung, "Castor" sei eine "berühmte Marke" im Sinne der Marken-Rechtsprechung des Bundesgerichthofs, hat das Gericht eine Beweiserhebung nun doch für nicht erforderlich erachtet, weil es hierfür bereits an der erforderlichen "Alleinstellung" bzw. "Einmaligkeit" fehle. (Zur Erläuterung: eine "berühmte Marke" ist gegeben, wenn ein Bekanntheitsgrad der Marke und des Produktes in der Gesamtbevölkerung von "deutlich mehr als 80 %" gegeben ist und das Produkt sich "einer besonderen Wertschätzung" erfreut)

Die AKW-GegnerInnen hatten recherchiert und festgestellt, daß in Deutschland 25 Marken eingetragen sind, die das Wort "Castor" enthalten. Entsprechend war dem Gericht nicht ersichtlich, daß die eingetragene Marke die erforderliche Alleinstellung für sich beanspruchen könne.

"Mit dieser Entscheidung stärkt das OLG Hamm diejenigen Domain-Inhaber, die von ihren politischen Kommunikationsrechten Gebrauch machen und stellt klar, dass der "Markt der Meinungen" im Internet nicht automatisch dort an seine Grenzen stößt, wo geschäftliche Interessen (ob vorgeschoben oder tatsächlich) berührt sind", kommentierte der Rechtsanwalt der AtomkraftgegnerInnen, Meison Amer.

Auch die BetreiberInnen der Web-Seiten sind erleichtert. Schließlich ging es nicht ausschließlich um den etablierten Domain-Namen, sondern auch um viel, viel Geld. Allein die Gerichts- und Anwaltskosten wären beim festgesetzten Streitwert von damals angesetzten 50.000 DM kaum aufzubringen gewesen. Weiter wollte das Gericht zunächst noch ein Gutachten eines Meinungsforschungs-Instituts einholen, um die These der "berühmten Marke" verifizieren zu lassen. Veranschlagte Kosten: 15.000 Euro. Für die klagende GNS nur ein Griff in die Portokasse angesichts der steuerfreien Milliarden-Rückstellungen der Atom-Mafia. Ein entsprechender Gerichtskosten-Vorschuß wurde von deren Seite diskussionslos überwiesen.

"Für uns hätte ein anderer Prozeßausgang einen möglichen persönlichen Ruin bedeuten können", stellen die ehrenamtlich arbeitenden AtomkraftgegnerInnen fest. "Das jahrelange Gerichtsverfahren hat schon ganz schön an unseren Nerven gezerrt", so der "www.castor.de"-Webmaster Albert Doninger aus dem Wendland. "Aber auch wenn dieser Erfolg nur wieder ein kleiner "Nadelstich" ins Mark der Atomindustrie" sei, so wie die vielen kleinen Aktionen während der CASTOR-Transporte, beweise man immer wieder: Wir stellen uns überall quer, sind stur und unberechenbar. Gemäß der Parole der 'Bäuerlichen Notgemeinschaft': "Niemals aufgeben!"

 

Ute Daniels
(Quelle: Pressemitteilung der BI Lüchow-Dannenberg)

 

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