27.11.2007

Sachsen-Anhalt:
LKA schönt
Rechtsextremen-Statistik

Sachsen-Anhalt hält seit Jahren Platz Eins in der Statistik über rechtsextreme Kriminalität. Dies müsse anders werden, befand offenbar auch die Polizei - und schönte hinfort die Statistik. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) räumte dies nun gegenüber der 'Süddeutschen Zeitung' ein.

1.240 Straftaten aus der Rubrik "politisch motivierte Kriminalität rechts" weist der Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt für das Jahr 2006 aus, darunter 122 Gewalttaten. Zahlen, die dem Bundesland einen unrühmlichen Spitzenplatz im Bundesvergleich sichern. In keinem anderen Bundesland schlagen Rechtsextreme im Verhältnis zur Bevölkerungszahl häufiger zu.

Doch plötzlich und unerwartet sank die Zahl der politisch motivierten Straftaten im ersten Halbjahr 2007 um rund 50 Prozent. Rechtsextreme begingen der Statistik zufolge 248 Delikte, darunter 31 Gewalttaten. Die deutlich freundlicher erscheinende Statistik verdankte sich allerdings nicht etwa einer besseren personellen Ausstattung der Polizei: Das Landeskriminalamt (LKA) hatte begonnen, die Statistik zu schönen. Zunächst wurde versucht, dies mit einer "neuen Zählweise" zu erklären.

Nach Hövelmanns Darstellung hat der Direktor des LKA, Frank Hüttemann, seine Beamten Ende 2006 angewiesen, eindeutig rechte Straftaten, deren Täter nicht bekannt seien, als politisch uneindeutig einzuordnen. In der Statistik sollen dadurch die unklar motivierten Delikte stark angestiegen sein, während sich die Zahl rechtsextremer Taten nahezu halbierte. Hövelmann bedauerte den Fehler und beteuerte, er habe ihn "umgehend korrigieren" lassen. Es werde nun überprüft, ob im ersten Halbjahr 2007 etwa 200 rechtsextreme Delikte nicht als solche ausgewiesen worden seien. "Wir haben festgestellt, daß das Landeskriminalamt bei politisch motivierter Kriminalität eine andere Auslegung hatte als wir", zitiert die 'SZ' den Minister.

Beim LKA habe man die neue Zählweise etwa damit begründet, dass eine Hakenkreuz-Schmiererei womöglich auch von einem Kind stammen könnte, so Hövelmann. "Das finde ich haarsträubend." Auf personelle Konsequenzen wolle der SPD-Politiker jedoch verzichten, heißt es weiter.

Das Innenministerium bestätigte den 'SZ'-Bericht heute. Hövelmann habe erst vor rund drei Wochen von der neuen Zählweise erfahren und umgehend eine Rückkehr zum alten Vorgehen angeordnet, sagte ein Sprecher. Er fügte hinzu, das LKA habe sich im Rahmen bundesweiter Richtlinien bewegt. Es gebe kein Interesse daran, die Zahlen künstlich niedrig zu halten. Von einem "Schönen" der Statistik wollen daher weder Innenministerium noch LKA sprechen. Ein LKA-Sprecher sagte: "Zu keinem Zeitpunkt sind behördeninterne Anweisungen getroffen worden, wonach die Statistik zu schönen sei. Im LKA wurden stringent die bundeseinheitlichen Richtlinien zur Erfassung der politisch motivierten Kriminalität angewendet." Zu den Gründen der Umstellung machte der Sprecher keine Angaben.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Übergriff im sächsischen Mittweida (23.11.07)

      Volksfront von Rechts?
      Sozialabbau - Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen?
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