22.03.2003

Dokumentation

Rede
von Christa Lörcher

NEIN zum Krieg im IRAK
NEIN zu den anderen Kriegen die stattfinden ohne große Medlenpräsenz
NEIN zu der unglaublichen Spirale von Gewalt und Terror, die im neuen Jahrhundert und Jahrtausend die Menschheit bedroht

Liebe Friedensfreunde und -freundinnen, verehrte Gäste!

"Alle Leute haben eine Nähmaschine, ein Radio, einen Eisschrank und ein Telefon. Was machen wir nun? fragte der Fabrikbesitzer.
Bomben, sagte der Erfinder.
Krieg, sagte der General.
Wenn es denn gar nicht anders geht, sagte der Fabrikbesitzer"

Wolfgang Borchert hat vor 55 Jahren nach Erfahrungen im 2. Weltkrieg seine Gedanken zum Krieg aufgeschrieben. Sie sind ein Dokument gegen den Krieg, gegen Waffenproduktion, gegen das Geschäft mit dem Leiden anderer und dem Tod.

Der offizielle Krieg Im Irak ist vor zwei Tagen begonnen worden. Gewalt und Terror eines Diktators im Irak, gegen die Bevölkerung, gegen jeden der nicht in dieses menschenverachtende System passt - rechtfertigt das einen Krieg mit Hunderttausenden von Soldaten im Auftrag des amerikanischen Präsidenten, aber ohne UN-Mandat? Rechtfertigt das Bomben, die trotz aller sogenannten "Zielgenauigkeit" vor allem die Zivilbevölkerung treffen, die Hunderttausende vertreiben, verletzen oder töten werden?
Rechtfertigt das die unermessliche Zerstörung einer schon seit Jahrzehnten geschädigten Umwelt und Infrastruktur?

Meine Antwort ist: NEIN; nichts rechtfertigt diesen Krieg, nichts rechtfertigt irgendeinen Krieg. Krieg, in dem immer Gewalt in brutalster Form gegen andere angewendet wird. Es gibt keinen gerechten Krieg, seien die Umstände auch noch so schlimm und ungerecht, in denen die Menschen leben.

Mühsam, Schritt für Schritt, hat die InternatIonale Staatengemeinschaft sich zusammengefunden und versucht, allgemeingültige und verbindliche Standards für das Zusammenleben auf dieser engen - und leider nicht friedlicher werdenden - Welt festzulegen. Trotz UN--Charta, trotz vieler Abkommen und Resolutionen hat es auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder Konflikte, Menschenrechtsverletzungen in allen Gesellschaften, Krieg in der näheren und weiteren Entfernung von uns gegeben.
Sind also die Vereinten Nationen ein zahnloser Tiger, den wir nicht mehr brauchen, weil er nichts bewirken und nichts verhindern kann?

Ich bin überzeugt: Die Vereinten Nationen sind heute wichtiger als jemals früher. Die Bevölkerungen, die Regierungen der Nicht--Kriegswilligen und die UN gemeinsam sind die einzigen, die langfristig gegen die Kriegswilligen, gegen Waffen- und Olindustrie in den mächtigen Staaten etwas ausrichten können.

Es gibt keine Achse des Bösen und es gibt keine Achse des Guten. Das Böse ist überall zu finden, in jedem Land und in jedem Menschen; aber auch Gutes können wir überall finden, in jedem Land und in jedem Menschen - wenn wir es fördern und wenn wir uns selber an die gemeinsam in unseren Gesellschaften vereinbarten Maßstäbe halten.

IPPNW, Ärzte gegen den Atomkrieg und in sozialer Verantwortung, haben seit Monaten vor einem neuen Golfkrieg und möglichen Folgen gewarnt.
Sie haben eindrücklich die Schäden der bisherigen Kriege und die vor allem für viele Kinder tödlichen Konsequenzen des Embargos im Irak beschrieben - ein Land mit rund 24 Millionen Menschen, von denen knapp die Hälfte (11,3 Millionen laut UNICEF) unter 18 Jahre alt sind und rund 15 % unter 5 Jahre alt sind, das sind 3,6 Millionen Kinder bis zum Alter von 5 Jahren - etwa so viele wie bei uns in der ganzen Bundesrepublik.
Die physischen und psychischen Folgen eines Krieges für die Kinder sind unvorstellbar. Ob George W. Bush und seine Generäle das bedacht haben?

Die Gesellschaft für bedrohte Völker und viele andere haben zusammengestellt, was vom Westen alles an Waffen sowie Anlagen für die Produktion von Giftgas in den letzten 30 Jahren an den Irak geliefert wurde. Sie verlangen die sofortige Aufhebung der Sanktionen und die Anklage von Saddam Hussein vor einem Internationalen Tribunal; für den Fall eines Krieges weisen sie darauf hin, dass der Schutz der Zivilbevölkerung und humanitäre Hilfe von denen kommen muss, die jahrelang an diesen "wirtschaftlichen Beziehungen" verdient haben.

Warum wird dieser Krieg den Menschen im Irak angetan?
Von allen Gründen, die genannt werden, ist schwer zu beurteilen, welche wahr, welche vorgeschoben sind und welche tatsächlich eine Rolle spielen. Was aber in vielen Berichten und Kommentaren zu spüren und fast mit den Händen zu greifen ist: MACHT spielt eine entscheidende Rolle. Militärische Macht, wirtschaftliche Macht, politische Macht - Macht über andere, Prestige in der eigenen Bevölkerung, im Poker um die Vormachtstellung auf diesem Globus.

Zur Demokratie gehört die gerechte Verteilung von Macht und von Chancen auf möglichst viele - deshalb ist das, was den Menschen im Irak und was den Menschen in jedem Krieg angetan wird und was uns alle so empört, zutiefst undemokratisch und inhuman.

Waffen, wie sie hier in Oberndorf produziert werden, sind legal zum Beispiel in den Händen der Polizei mit einem Auftrag und mit der Kontrolle eines Rechtssystems; Waffen in den Händen vieler, ohne diesen Auftrag und ohne Kontrolle, töten täglich Unschuldige. Dazu wird Jürgen Grässlin das Nötige sagen; ich danke ihm und dem 'Deutschen Aktionsnetz Kleinwaffen Stoppen' für diese Initiative und das Engagement.

Ich weiß, dass auch Beschäftigte dieser Rüstungsfirma sich an Kundgebungen für den Frieden beteiligen. Dafür danke ich ihnen, und ich will sie darin bestärken.

Es macht Hoffnung, dass so viele aufgestanden sind gegen diesen Krieg, dass Regierungen nicht mehr fraglos einer befreundeten Macht bei altem zustimmen und mitmachen, dass auch die Kirchen und der Papst sich unmissverständlich gegen diesen Krieg aussprechen. Wir alle fordern ein Ende dieses Krieges. Mit demokratischen und friedlichen Mitteln setzen wir uns dafür ein.

Ich danke Ihnen.

 

 

 

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