16.07.2004

Artikel

Bobby Fischer droht Internierung
auf Guantánamo

Irregulärer Kombattant mit IQ von 186

Zehn Jahre lang lebte der ungeschlagene US-amerikanische Schachweltmeister Bobby Fischer im Untergrund. Nun wurde er in Japan festgenommen. Die USA werfen ihm vor, mit der Teilnahme am Weltmeisterschaftsturnier 1992 im damals noch bestehenden Jugoslawien internationale Sanktionen gebrochen zu haben. Hintergrund der Sanktionen waren die von außen geschürten kriegerischen Auseinandersetzungen um die Sezession der jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien, Bosnien und Herzegowina.

Der inzwischen 61-jährige Bobby Fischer geriet auf dem Narita-Fughafen in Tokio in die Fänge der Fahnder. Er soll gerade auf dem Weg in die Philippinen gewesen sein. Offenbar lebte er in den letzten zehn Jahren im Verborgenen in Japan und auf den Philippinen. Fischer, der bereits vor dem Turnier 1992 in Belgrad sehr öffentlichkeitsscheu gelebt hatte, konnte nach den internationales Aufsehen erregenden Partien gegen Boris Spasski mit seiner Siegesprämie von 5,5 Millionen US-Dollar zunächst Jugoslawien nicht verlassen. Aus der Sicht der US-Regierung hatte Fischer mit seiner Teilnahme das Handelsembargo verletzt. Kurz vor dem Ende der Amtszeit des US-Präsidenten George Bush 1993 wies das Washingtoner Außenministerium seine Botschaften auf den erlassenen Haftbefehl gegen den Weltmeister hin. Daraufhin tauchte Fischer unter.

Bobby Fischer, der in den Massenmedien immer wieder als Genie gefeiert worden war, wurde bereits 1972 weltbekannt. Als erstem US-Amerikaner gelang ihm ein Sieg gegen den amtierenden Schachweltmeister Boris Spasski. In der Zeit des Kalten Krieges galt ein Sieg gegen den Spieler aus der Sowjetunion, die lange Zeit mit einer Vielzahl an Großmeistern und Weltmeistern unangefochten als Schachnation Nummer Eins gegolten hatte, als politische Großtat. Entsprechend waren die Umstände der Schachweltmeisterschaft, die 1972 im isländischen Reykjavík ausgetragen wurde. So flog der KGB einen Fruchtsaft Boris Spasskis zur Analyse nach Moskau aus, um ihn auf Gift zu untersuchen. Und auch in Vielerlei anderer Hinsicht sollen sowjetischer KGB und US-amerikanischer CIA ihre Hände im Spiel gehabt haben. Bobby Fischer nervte mit seinem bereits in den Jahren zuvor eingeübten divenhaften Auftreten und verweigerte eine Partie, da er mit dem ihm zur Verfügung gestellten Sessel unzufrieden war. Obwohl so die zweite Partie wegen Nichtantretens für Fischer verloren gewertet wurde. gewann er gegen den sowjetischen Titelverteidiger mit Abstand (12,5 zu 8,5).

Mit 13 Jahren wurde Bobby Fischer der jüngste nationale Jugendschachmeister der USA, mit 14 war er jüngster US-Champion bei den Herren. Nachdem er 1958 durch einen fünften Platz beim Interzonenturnier in Portoroz (Jugoslawien, heute Slowenien) auch jüngster internationaler Großmeister in der Geschichte des Schachs geworden war, verließ Fischer die Schule und verdiente sich als einziger Spieler aus dem Westen seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit Schach. Ab 1962 zählte er zur Weltspitze. Fischer stellte im modernen Turnierschach einen Rekord auf, als er sich die US-Meisterschaft der Saison 1964/65 mit elf Siegen aus elf Partien holte. 1968 hatte er die US-Meisterschaften bereits acht mal gewonnen. Nachdem es 1967 beim Interzonenturnier zum Streit mit der Turnierleitung gekommen war, zog sich der exzentrische Fischer bereits einmal für rund drei Jahre weitgehend vom Turnierschach zurück.

Bei den Kandidaten-Matches um die Weltmeisterschaft gewann Fischer 1971 20 Partien in Folge; im Halbfinale hatte er den berühmten dänischen Schachspieler Bent Larsen, im Finale den sowjetischen Spieler Tigran Petrosjan (Schachweltmeister 1963 - 1969) besiegt. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1972 in Reykjavík, weigerte sich Bobby Fischer 1975 seinen Titel gegen den sowjetischen Herausforderer Anatoli Karpow zu verteidigen. Darauf wurde der Titel Karpow zuerkannt.

Über fünfzehn Jahre lebte Bobby Fischer danach völlig zurückgeogen, bis er 1992 gegen Spasski antrat. Danach galt er als verschollen. Nach seiner Festnahme in Japan soll Bobby Fischer nun offenbar an die USA ausgeliefert werden. Nachdem der amtierende US-Präsident George W. Bush den durchschnittlichen IQ in den USA durch seinen jahrelangen Alkoholismus auf schwindelerregende Tiefen gedrückt hat, muß ein irregulärer Kombattant mit einem IQ von 186 als äußerste Bedrohung für die Sicherheit der USA betrachtet werden. Droht Bobby Fischer nun die Internierung auf Guantánamo?

 

Klaus Schramm

 

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