6.10.2003

Dokumentation

Fischler drängt die EU-Staaten,
das Gen-Moratorium aufzuheben

Vorbemerkung:
Hier müssen sich doch alle, die bisher noch Zweifel an der Rolle der deutschen Bundesregierung und der von Ministerin Künast hatten, fragen, warum sich Deutschland nicht auf die Seite Österreichs und Luxemburgs gestellt hat. (d.R.)

Financial Times (London)
30.09.03
Von Thomas Buck, Brüssel

Franz Fischler, EU-Agrar-Kommissar, appellierte gestern an die EU-Mitgliedsstaaten, ihr Moratorium gegen die Zulassung neuer genmanipulierter Organismen (GMO) aufzuheben. Dennoch bestehen einige Länder darauf, daß weitergehende gesetzliche Regelungen notwendig seien, um Konsumenten und Landwirte vor potenziellen Gefahren zu schützen, die mit der Gentechnik verbunden seien.

Sein Aufruf kommt zu einem Zeitpunkt, da Brüssel sich starkem internationalen Druck gegenüber sieht, die Zulassung von GMO wieder aufzunehmen und das fünfjährige de-facto-Moratorium, das durch eine Koalition der Mitgliedsstaaten zustande gekommen war, aufzuheben. Das Moratorium ist Streitobjekt einer vor der WTO zugelassenen Anklage der USA und anderer Länder.

Die EU-Kommission hat heftigen Druck ausgeübt, um sicher zu gehen, daß das Moratorium aufgehoben wird, bevor ein WTO-Panel über den Fall richtet, was frühestens nächstes Jahr so weit sein könnte.

Die Bemühungen der EU-Kommission sind jedoch auf den Widerstand einiger Mitgliedsstaaten und von Umweltschützern gestoßen, deren Gegnerschaft zur Gentechnik die Sorge um Nahrungsmittelsicherheit und Tiergesundheit widerspiegeln. Die EU hat dieses Jahr zwei strenge Gesetze bezüglich der Kennzeichnung und der Rückverfolgbarkeit von GMO verabschiedet. Diese Veränderungen hätten entsprechend der Argumentation der Kommission unmittelbar die Aufhebung des Moratoriums zur Folge.

Dennoch haben Länder wie Österreich und Luxemburg gestern bei einer Sitzung der Landwirtschaftsminister in Brüssel den Standpunkt vertreten, daß sie ohne europaweite gesetzliche Regelung über "Koexistenz" von konventioneller und biologischer mit gentechnischer Landwirtschaft keine neue GMO-Zulassung unterstützen würden. Solche gesetzlichen Regelungen sollten Maßnahmen enthalten, die darauf abzielen, die Auskreuzung per Pollenflug von genmanipuliertem auf nicht-genmanipulieres Getreide zu verhindern und die festlegen, unter welchen Bedingungen Landwirte für Schäden aufkommen müssen, die in solchen Fällen von Gen-Kontamination verursacht würden. Die Kommission wünscht, daß solche gesetzlichen Regelungen auf nationaler Ebene festgelegt würden, um weitere Verzögerungen zu vermeiden.

Fischler erklärte den Agrar-Ministern gestern: "Es ist wichtig, festzustellen, daß die Debatte zum Thema Koexistenz nicht dazu mißbraucht werden darf, um eine weitere Verzögerung der Zulassung neuer GMOs zu verursachen." Obgleich EU-Beamte, die bei den Gesprächen anwesend waren, meinten, Österreich und Luxemburg sei es mißlungen, eine breitere Unterstützung zu erlangen, sagte der österreichische Agrarminister Josef Pröll, daß es "einige Länder gab, die unserer Position zuneigten". Deutschland beispielsweise hatte den Vorstoß Österreichs für EU-weite gesetzliche Bestimmungen unterstützt, um Bestimmungen für Landwirte festzuschreiben, die für die Gen-Kontamination von Getreide anderer Landwirte verantwortlich sind. Trotz der Anmerkungen Prölls sagten Kommissions-Beamte, sie blieben optimistisch, daß das Moratorium rechtzeitig aufgehoben werde. "Österreich hat keinen Dominoeffekt verursacht", meinte ein Sprecher von EU-Kommisar Fischler.

 

Übersetzung: Petra Willaredt

 

 

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