25.07.2007

Gegendarstellung in der 'taz'

Alice Schwarzer will 2005 keine Wahlwerbung
für Angela Merkel gemacht haben

In der gestrigen Ausgabe der Berliner Tageszeitung 'taz' erschien eine Gegendarstellung der 'EMMA'-Herausgeberin Alice Schwarzer. Darin erklärt sie:
"In keinem Emma-Editorial vor der Bundestagswahl 2005 habe ich je zur Wahl von Angela Merkel aufgerufen."

Da Frau Schwarzer sich damit bei allen, die noch etwas politisches Erinnerungsvermögen besitzen, nur lächerlich macht, liegt die Versuchung nahe, diesen Streit unter dem Stichwort »Groteske« abzuheften. Er beleuchtet jedoch einerseits, daß unter Feministinnen inzwischen eine heftige Diskussion darüber entbrannt ist, daß die Hoffnung auf die Frau als Bundeskanzler - oder sollen wir dabei bleiben: als Bundeskanzlerin? -, die nicht nur von 'EMMA' im Jahr 2005 geschürt wurde, sich mehr und mehr als Illusion herausstellt. Und er beleuchtet zugleich, daß die 'taz' als "rot-grüne" Klientelpostille immer noch äußerst empfindlich reagiert, wenn an deren Illusionen gerührt wird, zwischen den Jahren 1998 und 2005 habe sich in puncto "Dedöns" irgend etwas zum Positiven verändert.

Wenn die 'taz' nun umfänglich belegt, wie sehr sich Alice Schwarzer als Wahlhelferin für Frau Merkel ins Zeug legte, beweist sie damit in erster Linie, wie sehr manche RedakteurInnen von der Gegendarstellung ins Mark getroffen wurden. Was Frau Schwarzer betrifft, haben sie zwar offenkundig recht - und da ist es bitter, nach dem Presserecht eine solche Sentenz abdrucken zu müssen. Der Furor mit dem Frau Schwarzer durch Zitate widerlegt werden soll, zeigt mit vier von fünf Fingern darauf, wie tief die Verletzung sitzt, daß die Kampagne zur Wahl von Frau Merkel 2005 einen weiteren Sargnagel für ihr heißgeliebtes "rot-grünes" Projekt lieferte.

Wir wissen nicht, was Frau Schwarzer letztlich gewählt hat, empfehlen aber - nach wie vor auch für Feministinnen - den Wahlboykott.

Wir dokumentieren hier im folgenden die Erwiderung der 'taz'-Redaktion auf die Gegendarstellung:

In der Ausgabe von Emma vom Juli/August 2005 veröffentlichte Frau Schwarzer ein Editorial, in dem sie unter der Überschrift "Welchen Fehler die Kanzlerkandidatin jetzt nicht machen darf - auch im eigenen Interesse" ausführte neben vielem anderen:

"Frau im Kanzleramt wäre eine historische Zäsur. Stellen wir uns einmal vor, in Amerika würde ein Schwarzer im Namen der Republikaner oder Demokraten für das Weiße Haus kandidieren. Das wäre, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, ein Kulturschock. Sowohl für die Weißen als auch für die Schwarzen, die die verständliche Hoffnung damit verbinden würden, dass dieser Kandidat seine Herkunft, seine schwarze Hautfarbe nicht vergessen wird. Ganz ähnlich ist es, wenn nun erstmals in der Geschichte Deutschlands eine Frau für das Kanzleramt kandidiert. Unabhängig davon, was diese Frau parteipolitisch vertritt, ist das eine Sensation. Das wissen die vereinigten Männerbünde ebenso gut wie die 52 Prozent weiblicher Wähler, ohne die keine Partei an die Macht kommt. Jetzt also eine Kanzlerkandidatin. Da muss doch allen potenziellen Wählerinnen und auch so manchem Wähler warm ums Herz werden, oder? In der Tat: Als Angela Merkel Anfang 2000 überraschend Parteivorsitzende wurde, waren nicht nur die ChristdemokratInnen, sondern auch so manche SozialdemokratIn der Männerbündelei müde. 19 Prozent aller traditionellen SPD-Wählerinnen hätten einer Kanzlerkandidatin Merkel ihre Stimme gegeben, ergab eine Forsa-Umfrage. Und infratest meldete damals: Würden nur Frauen wählen, wäre Merkel mit 44 Prozent aller Frauenstimmen Kanzlerin!"

In der Ausgabe von Emma vom September/Oktober 2005 veröffentlichte Frau Schwarzer ein Editorial, in dem sie unter der Überschrift "Nur eine Frage des Geschlechts? Nicht nur, aber auch. Denn auch das Gelebte zählt. Argumente zum 18. September 2005." ausführte neben vielem anderen: "Stellen wir uns vor, zum ersten Mal in der Geschichte stünde ein Schwarzer für das Amt des Präsidenten von Amerika zur Wahl. Ließe das die schwarzen bzw. farbigen WählerInnen gleichgültig? Ganz gewiss nicht. Würden Sie den Kandidaten wegen seiner Hautfarbe um jeden Preis wählen? Wahrscheinlich auch nicht. Sie würden sich vermutlich fragen: Welche Politik vertritt der Mann? Und vor allem: Vertritt dieser Schwarze dann endlich auch schwarze Interessen? Die Tatsache jedoch, dass dieser Kandidat nicht weiß, sondern einer der ihren ist, würde zweifellos eine Rolle spielen. Eine große Rolle. Nun kandidiert also erstmals in der Geschichte Deutschlands eine Frau für das Kanzleramt. Und das soll für uns Frauen keine Rolle spielen? Es soll peinlich und unpolitisch sein, diesen Faktor ernst zu nehmen? Wir sollen uns gefälligst um 'Inhalte' kümmern? Als sei das real Gelebte kein Inhalt! Und als sei der Sexismus, mit dem auf die nach der höchsten Macht strebende Frau reagiert wird, kein Politikum Und als seien die Interessen von Frauen in der Vergangenheit in irgendeiner Partei, links wie rechts, wirklich gut aufgehoben gewesen."

In diesen Editorials finden sich jeweils wortreiche Deliberationen, denen man auch Kritizismen an der Kandidatin Merkel entnehmen kann, getragen stets von großem Wohlwollen. In der September/Oktober-Ausgabe der Emma, die das Porträt der Kanzlerkandidatin ziert, findet sich dazu ein "Interview" genannter Text, in dem Frau Schwarzer der Kandidatin unter der Überschrift "Warum sollten wir Sie wählen" Stichworte zuruft, nach denen Frau Merkel für sich wirbt.

Ebenfalls vor den Wahlen hat sich Frau Schwarzer noch mit den Worten zitieren lassen, sie halte es für unverantwortlich, dass die Kanzlergattin Schröder-Köpf es wage, Frau Merkel wegen deren Kinderlosigkeit anzugreifen. Das Verhalten von Frau Schwarzer brachte die damalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt dazu, ihr vorzuwerfen, sie erliege offenbar einem Personenkult (für Frau Merkel). Frau Künast hatte ihr vorgeworfen, sie sei "betört von der Idee, es könne zum ersten Mal eine Bundeskanzlerin geben."

Die Redaktion
Ende der Dokumentation aus der 'taz' v. 24.07.07

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