9.04.2006

Koexistenz
ist nicht möglich

Greenpeace International veröffentlicht Report 'Impossible Coexistance': Die Gen-Kontaminationen in Spanien müssen in Europa als Warnsignal begriffen werden

Seit Jahren ist bereits aus Argentinien1 und Kanada2 bekannt, daß sich die vielbeschworene Koexistenz in der landwirtschaftlichen Praxis nicht realisieren läßt. Greenpeace International zeigt nun mit seinem aktuellen Report 'Impossible Coexistance' über die Zustände in Spanien auf, daß der dortige großflächige und kommerzielle Anbau genmanipulierter Pflanzen zu massiven Ertragseinbußen bei benachbarten Landwirten geführt hat, die weiterhin gentechnik-freie herkömmliche oder Bio-Landwirtschaft betreiben wollten. Die Praxis von über 7 Jahren Gen-Landwirtschaft in Spanien habe gezeigt, daß eine Koexistenz nicht möglich sei.

Der immer weiter um sich greifende Anbau genmanipulierter Pflanzen, der entgegen dem Anfang 1998 europaweit vereinbarten Gen-Moratorium in Spanien während der letzten 7 Jahren auf einer Fläche von bis zu 53.000 Hektar (2005) zugelassen wurde, hat laut Greenpeace International zu eindeutigen Resultaten geführt. Der Report zeigt anhand von Untersuchungen landwirtschaftlicher Betriebe auf, daß das unverminderte Wachstum der Gentech-Industrie zu einer einzigartigen Bedrohung für die Existenz dieser Betriebe geführt hat, insbesondere in den Provinzen Aragón und Katalonien, wo genmanipulierte Pflanzen hauptsächlich angebaut werden.

Der Report 'Impossible Coexistence', der in Zusammenarbeit von Greenpeace International mit der Farmer-Organisation Assemblea Pagesa und der NGO Plataforma Trangènics Fora! erstellt wurde, beruht auf eingehenden Untersuchungen und auf Labor-Tests, bei denen Proben von Maisfeldern von 40 spanischen Landwirten, die mit herkömmlichen gentech-freien oder biologischen Anbaumethoden arbeiten, auf Gen-Kontaminationen geprüft wurden.

Dabei wurde folgendes dokumentiert:

  • In knapp 25 Prozent der untersuchten Fälle wurde das unerwünschte und unerwartete Vorhandensein von genmanipuliertem Mais in Maisfeldern der gentech-frei arbeitenden Landwirte nachgewiesen. Die Gen-Kontamination betrug durchschnittlich 12,6 Prozent.

  • Betroffene Landwirte erlitten finanzielle Verluste, weil sie den gen-kontaminierten Mais nicht mehr zu den Premium-Preisen für gentech-freien Mais verkaufen konnten.

  • Drei der nachgewiesenen Fälle von Gen-Kontamination betrafen lokale Mais-Varietäten, die nach Jahren der sorgfältigen Zuchtauswahl nun nicht mehr zur Aussaat verwendet werden können. Diese Fälle zeigen, daß die Gen-Kontamination eine Bedrohung für die Artenvielfalt darstellt. Sie bedroht zugleich die wenigen lokalen und klimatisch angepaßten Sorten, die sich noch unter der Kontrolle der Landwirte befinden.

Geert Ritsema von Greenpeace International erklärte dieser Tage bei der EU-Gen-Konferenz in Wien, der Report "Impossible Coexistance" müsse als "Warnsignal für Europa vor den Gefahren der Agro-Gentechnik" begriffen werden. "Trotz der Versprechungen verschiedener spanischer Provinzregierungen, daß die beschlossenen Richtlinien und Kontrollen die Sicherheit garantieren und daß die Wahlfreiheit von Landwirten und Konsumenten gewährleistet sei, beweist die Realität das genaue Gegenteil," so Ritsema.

"Das Fehlen ausreichender gesetzlicher Regelungen in Spanien ist ein Schlag ins Gesicht aller Landwirte, die weiterhin auf herkömmliche gentech-freie oder biologische Landwirtschaft setzen", sagt Antonio Ruiz, Präsident des 'Organic Farming Committee of Aragón' und ergänzt: "Gentech-Konzerne wie Syngenta und Monsanto setzen ihre Interessen über die der örtlichen Gemeinschaften und zerstören letztlich unsere Existenzgrundlage."

Greenpeace International fordert die spanischen Behörden auf, den Anbau von genmanipulierten Pflanzen sofort auszusetzen. Zugleich wird der EU-Ministerrat und die EU-Kommission aufgefordert, den Anbau von Gen-Getreide in anderen europäischen Ländern zu verhindern.

"Die Erfahrungen in Spanien zeigen, daß es sich bei Koexistenz zwischen gentech-freier und Gen-Landwirtschaft um eine Täuschung handelt", resümiert Geert Ritsema.

Der Report 'Impossible Coexistance' wurde gemeinsam von Greenpeace International, Assemblea Pagesa und Plataforma Trangènics Fora! herausgegeben und am 4.04.06 zu Beginn der Konferenz der EU-Kommission in Wien veröffentlicht. Thema der Konferenz in Wien ist die sogenannte Koexistenz und ein Austausch über mögliche Regelungen wie diese gewährleistet werden soll. Bisher allerdings hat sich in all den Jahren in ganz Europa noch kein einziger Versicherungs-Konzern bereit gefunden, eine Versicherung gegen Gen-Kontamination anzubieten.3

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen

Download des Reports von der web site:
www.greenpeace.org/international/press/reports/impossible-coexistence

1 Zu den Zuständen in Argentinien
      siehe auch unser Artikel über Brasilien und Argentinien:

      Brasilien erlaubt Anbau von Gen-Pflanzen (4.03.05)

      Zu den Folgen sogenannter Koexistenz siehe auch:

      Monsanto knebelt US-Landwirtschaft (26.04.05)

2 Zu Gen-Kontamination in Kanada siehe unseren Artikel:

      Gen-Pflanzen
      Streit vor Kanadas höchstem Gericht (1.08.03)

3 Laut der österreichischen Tageszeitung 'Der Standard' v. 7.04.2006

 

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