14.07.2004

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Neuartiges
Gezeitenkraftwerk entwickelt

Die Techniken zur Gewinnung erneuerbarer Energien sind um eine Variante reicher. Bisher konnten Gezeitenkraftwerke wie beispielsweise das bekannte in St. Malo in Buchten mit starkem Tidenhub nur mit Hilfe gigantischer Staumauern errichtet werden. Seit einem Jahr nun hat ein neuartiges Gezeitenkraftwerk im Praxistest vor der Küste Cornwalls seine Tauglichkeit bewiesen. Die Pilotanlage ähnelt einem Windkraftwerk, dessen Rotor in Wasser versenkt wurde. Angetrieben wird der Rotor vom Mond, denn dessen Gravitationkraft bewirkt Ebbe und Flut und damit die wechselnden Gezeitenstömungen.  Die  neuartige  Turbine über-

Gezeitenkraftwerk 'Seaflow'

stand den Winter sowie einige Stürme unbeschadet. Als Pilotanlage liefert 'Seaflow' wertvolle Daten für die Entwicklung künftiger Meeresströmungs-Kraftwerke.

Ein internationales Konsortium unter Leitung des britischen Ingenieurbüros IT Power hat sich dieses Ziel mit dem 'Seaflow'-Projekt gesetzt. Bei der Entwicklung zentraler Komponenten stand das Know-how deutscher Windenergie-Experten Pate. Rotor, Netzanschluss, Steuerung und Regelung der Anlage wurden am Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) in Kassel in Zusammenarbeit mit Komponentenherstellern entwickelt und optimiert.

Die ersten Betriebsergebnisse sind ermutigend. "Der Rotor ist leistungsfähiger als wir erwartet haben", erläutert Jochen Bard vom ISET. Dennoch gibt es bis zur kommerziellen Stromerzeugung mit Meeresströmungs-Kraftwerken noch viel zu tun. Zahlreiche Detaillösungen des Triebstranges, der Netzanbindung und der Gründung müssen noch optimiert werden. Während die Pilotanlage für eine Nennleistung von 350 kW ausgelegt wurde, sollen künftige Anlagen mit zwei Rotoren eine Gesamtleistung von ein Megawatt erreichen.

Während der Wind nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint, strömt das Meer kontinuierlich und berechenbar. Da die Dichte von Wasser deutlich größer ist als die von Luft, genügt auch das eher gemächliche Tempo von Ebbe und Flut, um Strom zu gewinnen. Ideale Wassertiefen liegen bei 15 bis 20 Metern mit Fließgeschwindigkeiten von 2 bis 3 Metern pro Sekunde - Bedingungen, die an der deutschen Küste kaum zu finden sind. Großbritannien könnte aber 10 bis 20 Prozent seines Strombedarfs mit der Energie von Meeresströmungen decken. Insgesamt sind in Europa über 100 geeignete Standorte mit einem Potential von 12 Gigawatt bekannt. Durch die Kombination von Meeresenergieanlagen mit Offshore-Windparks könnten erhebliche Synergiepotenziale beispielsweise durch eine gemeinsame Netzanbindung ausgeschöpft werden.

 

Patrick Hammann

 

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