11.01.2004

Stellungnahme

"Atom-Endlager Gorleben
ist politische Totgeburt"

Zu den Versuchen der niedersächsischen CDU, Gorleben als atomares Endlager wieder ins Gespräch zu bringen

Manchmal kann man den Atomfetischisten der CDU tatsächlich zustimmen:
Wenn der Vorsitzende der CDU-Bundesarbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Paziorek, bei einem Besuch der Endlager-"Erkundungs"-Baustelle in Gorleben am Mittwoch feststellte, die "Entsorgungsfrage" werde den kommenden Generationen aufgebürdet, hat er zweifelsfrei recht. Auch wenn neben dem sozialwissenschaftlichen Aspekt bei einer Endlagersuche der "naturwissenschaftliche Aspekt" nicht vernachlässigt werden darf, ist diese Einschätzung nicht falsch.

Leider sind die Atomfanatiker nicht in der Lage, auch die entsprechenden Konsequenzen zu erkennen. Es ist ein seit Jahrzehnten bekannter Fakt, daß Gorleben als Standort bereits 1983 nach Erkenntnissen der damaligen 'Physikalisch-Technischen Bundesanstalt' (PTB) bei einer "ersten Bewertung des Deckgebirges hinsichtlich seiner Barrierefunktion für kontaminierte Grundwässer zeigt, daß die über den zentralen Bereichen des Salzstocks vorkommenden tonigen Sedimente keine solche Mächtigkeit und durchgehende Verbreitung haben, daß sie in der Lage wären, Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre zurückzuhalten"1.

Bekannt ist weiter, daß Gorleben bereits seit Mitte der 70er Jahre - vor der Standortbenennung - lediglich vierte Wahl war. Auch Prof. Dr. Klaus Duphorn, Mitglied des 'Arbeitskreis Endlager' (AKEnd) hatte mehrfach auf die "desolaten quartär- und hydrogeologischen Prozesse und Strukturen, die seit einer Million Jahren von der Erdoberfläche aus und aus dem Deckgebirge in den oberen Teil des Salzstocks Gorleben eingegriffen haben, und somit das erdweit akzeptierte geologische Mehrbarrierenprinzip in Frage stellen"2, verwiesen.

Es ist almählich an der Zeit, sich vom >Hoffen auf die Eignung< weg und hin zu den wirklichen Fakten zu bewegen. Tatsächlich sollte die Bundesregierung endlich die in den Tresoren verschlossenen Unterlagen veröffentlichen, die einen Standort Gorleben seit langen als ungeeignet bestätigen. Einer Verantwortung für die kommenden Generationen, die die derzeit Lebenden haben, kann man nur dadurch gerecht werden, daß sofort die Produktion weiteren Atommülls in den AKWs weltweit gestoppt wird. Auch mit vorgeblich "neuartigen" Reaktortypen, wie dem Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), wird immer mehr Atommüll produziert, von dem niemand weiß, wohin damit.

Naturwissenschaftlicher Fakt ist ebenso, daß es um unvorstellbare Zeiträume geht, für die der strahlende Abfall von der Biosphäre abgeschlossen werden muß. Nur in "Halbwertzeiten" zu denken

  • bei Plutonium beispielsweise 24.000 Jahre

reicht nicht aus. Bis die Strahlung in der Zerfallsreihe vom Atom-Brennstoff Uran 235 vollständig abgebaut ist, vergehen 700 Millionen Jahre; und Uran 238, zu etwa 97 % Bestandteil der "Brenn"stäbe, benötigt etwa genauso lange wie die Erde bereits besteht, bis es sich zu ungefährlichem Blei 206 abgebaut hat: 4,5 Milliarden Jahre!

Gorleben ist seit der Standortbenennung eine politische Totgeburt: Es wurde bekanntermaßen nicht aus naturwissenschaftlichen Gründen, sondern lediglich wegen seiner Nähe zur DDR ausgewählt. (Niedersachsens damaliger Ministerpräsident Albrecht: "Da werden die in der Zone sich schön ärgern"). Gorleben wird auch durch weiteres "Erkunden" nicht geeigneter und es wird weder mit sozialwissenschaftlichen, noch polizeilichen Methoden und zehntausenden Beamten möglich sein, dieses "Endlager" über Millionen von Jahren gegenüber Biosphäre, nachfolgenden Generationen dieser Region, und deren Protest sicher abzuschirmen.

 

Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Drawehner Str. 3
29439 Lüchow

 

Anmerkungen:
1 zitiert nach
    Detlef Appel, Modellrechnungen zum Nachweis der
    Standorteignung Gorleben,
    in: Zur Sache – Fachtagung: Endlager Gorleben Nr. 9, April 2000,
    S. 42, Hrg. BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
2 zitiert nach
    Prof. Dr. Klaus Duphorn, Das Quartär als geologisches Leichentuch
    des Endlagerstandorts Gorleben?, ebenda, S. 5

 

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