9.08.2006

Hommage

Zum Geburtstag
von Peter Hartz

Heute wird Peter Hartz, früherer Personalchef bei VW Wolfsburg und Spezi des "rot-grünen" Bundeskanzlers Gerhard Schröder, 65 Jahre alt.

Peter Hartz ist weg vom Fenster, Gerhard Schröder auch - geblieben ist Hartz IV und ein unter "Schwarz-Rot" mit exakt demselben Tempo fortgesetzter Sozialabbau. Grund genug für einen Rückblick:

Es soll hier nicht um die schmählichen Umstände der Demontage des wichtigsten Kanzlerberaters der sieben Jahre zwischen 1998 und 2005 gehen. Das letzte Wort ist darüber auch noch nicht vor Gericht gesprochen.

Doch messen lassen muß sich Peter Hartz an seinem eigenen Anspruch. Gewohnt pompös formulierte er ihn bei seinem gemeinsamen Auftritt mit Schröder zur Übergabe der CD mit den "Hartz-Gesetzen" im Französischen Dom:
"Dies ist ein guter Tag für die Arbeitslosen in Deutschland."

Schröder und Hartz im Französischen Dom

Peter Hartz wird sicherlich in die Geschichtsbücher eingehen - jene dicken Folianten der Zukunft, auf die sich heute so gerne jede und jeder alle paar Tage beruft. Im Eintrag hinter dem Namen Peter Hartz wird jedoch alles andere zu lesen sein, als das, was er sich noch 2001 erhoffte.

Peter Hartz ist der Sohn eines saarländischen Hüttenarbeiters und hat seine Herkunft einem ebenso von Gerhard Schröder gebetsmühlenartig wiederholten Bekenntnis zufolge nie vergessen. Ob eine "proletarische" Herkunft für die beiden Herren jedoch jemals mehr Bedeutung hatte als die, eine vertrauenstiftende Facette der eigenen Selbstvermarktung zu sein, ist eine andere Frage.

Peter Hartz hatte seinen Aufstieg - wie in den Gewerkschaften üblich - einer Seilschaft zu verdanken. 1993 machte ihn der damalige VW-Chef Ferdinand Piëch, ebenfalls ein Spezi des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, zum Arbeitsdirektor. Daß er IG-Metall- und SPD-Mitglied war, spielte bei VW schon lange eine ganz spezielle Rolle. Es war einer Karriere nicht etwa abträglich, sondern - bei gewisser Anpassungsfähigkeit - geradezu förderlich.

Die Macht von SPD-Landesregierung und der IG Metall im Aufsichtsrat von VW war längst dadurch verpufft, daß über Jahrzehnte hin die einmal bipolaren Interessen homogenisiert worden waren. Die inzwischen bekannt gewordenen Skandale sind nicht etwa im Sinne von Bestechung - also als Ursache der Vereinnahmung - , sondern als deren letzter, unausweichlicher Ausdruck zu verstehen.

Die "Erfolge" der VW-spezifischen Arbeitsplatz-Politik sind allein damit zu erklären, daß mit ihr die Tarifautonomie ausgehebelt wurde. Jedem, der sich mit Volkswirtschaftslehre und den Gesetzen des Marktes auskennt, mußte schon vor Jahren klar sein, daß die "Erfolge" dieses Modells nur auf dem Rücken der Gesamtarbeitnehmerschaft zustande kamen. Die Übertragung des Modells auf den nationalen Arbeitsmarkt mußte scheitern.

Nur in den Mainstream-Medien wurden die scheinbar vorbildlichen Modelle einer flexiblen Arbeitsgestaltung gefeiert. Der Betriebsrat willigte angesichts der Drohung mit Arbeitsplatzabbau in die Viertagewoche bei massivem Lohnverzicht ein. Das Projekt "5000 mal 5000" beispielsweise sollte die Beschäftigung dauerhaft sichern.

Für Gerhard Schröder - 1998 zum Bundeskanzler aufgestiegen - wurde Peter Hartz immer wichtiger. Er sollte die "Erfolge" bei VW auf die Volkswirtschaft Deutschlands übertragen. Vermutlich haben sie selbst gewußt, daß Arbeitsplätze so nicht erhalten und schon gar nicht geschaffen werden können und das gesamte Wortgeklingel und die pompöse Inszenierung dienten von Anfang an nur dem Zweck, den Widerstand gegen den zu exekutierenden Sozialabbau möglichst gering zu halten.

2002, als bereits in der Öffentlichkeit kaum mehr zu leugnen war, daß die Hartzsche Roßkur nicht zum versprochenen Abbau der Arbeitslosigkeit taugen kann, und sich der zweimalige Kriegsherr Schröder vor der Bundestagswahl nur mit dem Trick, sich in scheinbarer Gegnerschaft zum US-Präsidenten Bush als "Friedenskanzler" zu präsentieren, in die zweite Legislaturperiode retten konnte, wollte sich Peter Hartz abseilen: Er beklagte sich über die "Mutlosigkeit politischer Eliten". Seitdem wird dem staunenden Publikum in immer kürzeren Abständen erklärt, daß die Roßkur nur dann Erfolg haben könne, wenn sie noch radikaler eingesetzt würde.

Doch 2002 war es bereits zu spät, um sich aus der Verantwortung für die mit seinem Namen etikettierten Rezepte davon zu stehlen. Im Sommer 2004 war auf den Montags-Demos eine der Hauptforderungen: "Weg mit Hartz IV!" Da war der medial so hochgelobte "Reformer" entzaubert. Doch da begann der gnadenlose Abstieg erst richtig. Zum Ende von Schröders Kanzlerschaft, wurden Schmiergeld und Exklusiv-Prostituierten-Skandale bei VW publik. Und obwohl eine Verwicklung von Peter Hartz bis heute nicht lückenlos bewiesen ist, brachen sie ihm das Genick. Am 1. August 2005, exakt an dem Tag, an dem er 50 Jahre zuvor seine Lehre begonnen hatte, wurde er entlassen. Ein "ehrenvoller Abschied" wurde ihm von VW verwehrt. Und als er vor kurzem verkündete, er wolle in seiner saarländischen Heimat als Unternehmensberater arbeiten, war dies den Mainstream-Medien keine Meldung mehr wert. Heute wollen sie alle Peter Hartz nicht mehr kennen.

 

Harry Weber

 

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