28.10.2005

Artikel

Siemens und DaimlerChrysler
zahlten Schmiergeld
an Saddam Hussein

Laut UN-Bericht unterminierten 2.200 Firmen das Embargo

Zuallererst muß daran erinnert werden, daß das unter anderem auch von US-Präsident William Clinton unterstützte Embargo gegen den Irak innerhalb von 10 Jahren rund 1,5 Millionen IrakerInnen das Leben kostete.1 Das 1990 vom Weltsicherheitsrat auf Drängen der US-Regierung verhängte Wirtschafts- und Handelsembargos war die schärfste Sanktion, die je gegen einen Staat verhängt wurde. Nun legt ein aktueller UN-Bericht offen, daß der irakische Diktator Saddam Hussein in dieser Zeit Dank den Schmiergeldzahlungen großer internationaler Konzerne wie Siemens, DaimlerChrysler und Volvo aus dem Vollen schöpfen konnte. Daß Saddam Hussein unter dem Embargo nicht zu leiden hatte, war damals bereits offensichtlich.

Aus dem Abschlußbericht der UN-Untersuchungskomission unter dem Vorsitz des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker geht hervor, daß über 2.200 namentlich genannte Unternehmen aus 66 Staaten unter Ausnutzung des UN-Hilfsprogramms für die irakische Bevölkerung 'Öl für Lebensmittel' Schmiergelder an die irakische Regierung geleistet und damit gegen UN-Sanktionen und Bestimmungen der Hilfsprogramms verstoßen haben.

Der Schweizer Strafrechtsexperte und leitende Mitarbeiter der UN-Untersuchungskomission, Mark Pieth, äußerte überraschend naiv, er sei "sehr enttäuscht, daß 2.200 Firmen der Crème der Weltwirtschaft den Zahlungen zustimmten, um Irak-Geschäfte zu machen". Es sei möglich, daß die Justiz den Fällen nachgehen und Strafverfahren gegen die Firmen einleiten werde. Unterdessen hat allerdings bereits die deutsche Staatsanwaltschaft in vorauseilendem Gehorsam ihre Unwilligkeit zu einer solchen Aufarbeitung bekundet. Es lägen nicht genügend Hinweise vor, die einen "Anfangsverdacht" rechtfertigen würden.

Mark Pieth erläuterte, daß der Irak vom Jahr 2000 an Schmiergelder von zehn und mehr Prozent für Verträge über den Kauf von Öl und die Lieferung humanitärer sowie technischer Güter verlangte. "Der Grundfehler war, daß sich Bagdad seine Geschäftspartner selbst aussuchen konnte", stellte Volcker vor der Presse fest. Die illegalen Aufpreise für das irakische Öl brachten Saddam Hussein insgesamt 1,8 Milliarden Dollar ein. Von den Lieferanten humanitärer Güter ließ sich der irakische Diktator vor Beginn des zweiten Irak-Kriegs im Frühjahr 2003 weitere 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Zudem habe er rund elf Milliarden Dollar Gewinn mit illegalem Öl-Schmuggel gemacht, heißt es im Bericht.

Der Vorsitzende der UN-Komission Paul Volcker erhob schwere Vorwürfe gegen die Vereinten Nationen, die das Hilfsprogramm organisiert und kontrolliert hatten. "Ihr Versagen ist klar erkennbar". Auf die Warnungen von Aufsehern vor Ort hätte das UN-Sekretariat unter Kofi Annan selten reagiert. Ebenso versagt habe der Weltsicherheitsrat, der die Abwicklung des Programms in seinem Sanktionskomitee überprüfte. Von den 4.500 internationalen Unternehmen des Irak-Programms war demnach mehr als die Hälfte in illegale Aktivitäten verwickelt.

Mehr jedoch wiegt der Vorwurf, der gegen die Regierungen der 66 Staaten zu erheben ist, die nichts unternahmen, um die Korruption unterbinden. Auch unter "Rot-Grün" war die Zahlung von Schmiergeldern im Ausland bis vor kurzem nicht strafbar, ja die Schmiergeld-Zahlungen konnten sogar von der Steuer abgesetzt werden.

 

Christian Semmler

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

    'Irak - Die Geiselnahme eines ganzen Volkes' (6.03.01)

    'Ein Volk in Geiselhaft' (19.01.02)

In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf folgenden Artikel:

    'Der Rumsfeld-Saddam-Deal
    Geheimakten nach 20 Jahren veröffentlicht:
    Pipeline-Geschäft trotz Chemiewaffenkrieg verhandelt' (16.04.03)

 

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