25.01.2003

Von der Straße lernen ?

Freiburger 'StrassenSchule' vor dem Aus

Was bewegt Kinder und Jugendliche Elternhaus und Schule zu verlassen? Wo liegen die Gründe für eine Straßenkarriere? Seit sechs Jahren geht Uwe von Dücker mit seinem Projekt StrassenSchule e.V. der Frage nach. Die gewonnenen Erkenntnisse wollen die Mitarbeiter der Strassenschule über eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit an die Gesellschaft weitergeben. Sie wollen nicht für eine neue Art von Schule auf der Straße werben, sondern sie verstehen sich selbst als Schüler, als Hineinhörende in die Beweggründe eines Lebens auf der Straße.

Das Zerbrechen von Familien bedingt durch Armut folgt einer globalen Entwicklung, die auch nicht Halt vor Freiburg macht und sich in Karlsruhe, Heilbronn fortsetzt. Immer mehr Kids sitzen als Punk in der City, auf dem Augustiner Platz oder vor dem KG 2, und nachts suchen sie Zuflucht unter der Dreisambrücke oder bei Bekannten, wo es mit den Hunden nicht stört. Die Zahl der Straßenkinder wird bundesweit auf 60.000 bis 70.000, in Freiburg auf 300 bis 400 geschätzt.

Um die Ursachen der Flucht aus dem Familienverbund besser verstehen zu können und Entwicklungen aufzudecken bietet Dücker gemeinsam mit neun Mitarbeitern das Projekt 'Wohnen' für die meist psychisch verletzten Kinder und Jugendliche an. In Selbstregie haben die Punks ein ehemaliges Gasthaus wohnlich gemacht und dieses dient ihnen im Winter als Bleibe. Um der Langeweile der Straße zu entfliehen wird ein Theaterprojekt angeboten. In dem Projekt 'WerkstattSchule', einem sozial-, arbeits- und heilpädagogischen Angebot für 9 bis 13jährige, das seit fünf Jahren gemeinsam mit der Mooswaldschule läuft, bauen die Kids derzeit auf dem Mundenhof einen Ziegenstall. Seit knapp anderthalb Jahren gibt es eine Anlaufstelle, die 'Haltestelle'. Hier wird auf die Nöte der Punks eingegangen. Bei einer Tasse Kaffee erhält der Hilfesuchende von der Diplomsozialpädagogin Ingrid Glaser Beratung und vom Gemeinderat und Rechtsanwalt Michael Moos gibt es Rechtsberatung.

Die Stadt Freiburg wollte das Projekt 'StrassenSchule' ursprünglich mit einem Betrag von mehr als 100.000 Euro beziehungsweise mit zwei Streetworkern unterstützen. Dies zerschlug sich. Dann sollten es 25.000 Euro sein. Im Doppelhaushalt 2003/2004 wurden schließlich 10.000 Euro eingestellt, die aber nun angesicht der finanziellen Lage der Stadt gesperrt wurden, und es ist fraglich ob die 'StrassenSchule' ohne diese Zuwendungen ihre Arbeit fortführen kann. Noch bis Oktober 2003 reicht dem Verein das finanzielle Polster.

 

Bernd Kirchhoff

 

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