21.12.2003

Robin-Wood-Aktion
für Lacoma

Die Manager von Vattenfall, einem der vier Energie-Konzerne, die den deutschen Strom-Markt beherrschenden, werden es gar nicht gerne gesehen haben. Robin Wood projizierte Fotos des Dorfes Lacoma und seiner einmaligen Teichlandschaft an eine Hauswand gegenüber den Berliner Büros des Konzerns. Die MitarbeiterInnen von Vattenfall und PassantInnen konnten sich auf diese Weise ein Bild davon machen, was der Konzern in naher Zukunft zerstören will. Zudem wurden Fotos von den Mondlandschaften gezeigt, die der Braunkohleabbau bereits andernorts zu verantworten hat.

Im abgelegenen Lacoma in der Lausitz - nächste größere Stadt ist Cottbus - ist es nur sehr schwer möglich, die bundesweite Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Aktion von 'Robin Wood' jedoch schafft Öffentlichkeit und damit Druck auf die Konzern-Spitze, für die es ein gewaltiger Image-Schaden bedeuten könnte, wenn ihre Schandtaten in der Lausitz weithin bekannt werden.

Trotz massiver Proteste der Bevölkerung hatte Vattenfall bereits im Oktober mit dem Abriß einiger Häuser in Lacoma begonnen1. Die Menschen leben dort in der Angst, daß noch in diesem Winter, die Bagger erneut anrücken könnten. Um Platz für den Braunkohleabbau zu schaffen, soll nicht nur das Dorf platt gemacht, sondern die darum herum liegende Teichlandschaft großflächig zerstört werden.

Dabei handelt es sich um nichts weniger als einen Naturschutz- Skandal. Während der Naturschutz beispielsweise mit dubiosen Begründungen zur Blockade von Kleinwasserkraftwerken herhalten muß2, um die Vormachtstellung der großen Energiekonzerne zu schützen, wird er hier aus genau denselben Interessen heraus mit Füßen getreten. Die Lacomaer Teichlandschaft ist eines der letzten Vorkommen der vom Aussterben bedrohten Rotbauchunke. Hier zeigt sich, daß auch unter "Rot-Grün" der Naturschutz, wenn es um Geld und Macht geht, nicht das Papier wert ist, auf dem er fixiert wurde.

Bei dieser einmaligen Teichlandschaft handelt es sich um das größte Rotbauchunken-Biotop in Brandenburg und vermutlich auch in ganz Deutschland. Während die meisten Populationen bis auf wenige Tiere geschrumpft und zudem durch landwirtschaftliche, industrielle und Siedlungsflächen isoliert und von Straßen durchschnitten sind, lebt bei Lacoma auf engem Raum neben der Rotbauchunke zudem noch der Laubfrosch, der Moorfrosch und etliche andere Froscharten, die seltene Knoblauchkröte und die Wechselkröte - insgesamt fast alle einheimischen Amphibienarten.

Und Lacoma ist nicht nur für Amphibien unverzichtbar. Auch seltene Vögel haben hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete gefunden. Hier brütet die Zwergrohrdommel und die Schellente, hier ernähren sich Seeadler, Schwarzstörche, zahlreiche Limikolen und seltene Entenarten, hier rasten Tausende nordische Gänse. Der NABU hat das Gebiet deshalb als bedeutendes Vogelschutzgebiet (IBA) gemeldet, das europäischen Schutz genießen müßte.

Und tatsächlich hat inzwischen eine Beschwerde der Naturschutzverbände Brandenburgs und das Einschreiten der EU-Kommission die Brandenburgische Landesregierung veranlaßt, die Lacomaer Teiche Anfang dieser Woche als europäisches Schutzgebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Brüssel zu melden.

In keinem anderen Land der Welt wird so viel Braunkohle abgebaut wie in Deutschland. Allein im Jahr 2002 waren es 169 Millionen Tonnen. Dabei ist Braunkohle der Klimakiller Nummer Eins unter den Energieträgern. Sie liefert in Deutschland rund zehn Prozent des Primärenergieverbrauchs, aber 20 Prozent der CO2-Emissionen. Trotz seiner enormen Klimaschädlichkeit beträgt der Anteil der Braunkohle-Verstromung am deutschen Energiemix noch immer 27 Prozent. Da wundert es denn nicht mehr, wenn Atom-Miniter Trittin auch nach fünf Jahren Amtszeit immer noch so tut, als habe er von der Existenz der Rotbauchunke nie gehört.

Der Energie-Gigant Vattenfall gehört zu den fünf größten CO2- Verschmutzern in Europa. Diesen Umstand verdankt der Konzern seinen deutschen Braunkohlekraftwerken, die allein im Jahr 2002 fast 60 Millionen Tonnen CO2 ausstießen und dem Konzern enorme Gewinne in die Kasse spülten.

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen:

1 Siehe hierzu unseren Artikel
'Lacoma: Abriß begonnen - Solidarität dringend gefragt' v. 18.10.03

2 Siehe hierzu unseren Artikel
'EEG-Novelle: Weiterhin Blockade von Kleinwasserkraftwerken'
    v. 10.12.03

Weiter Artikel zu Lacoma:

'Energie-Multi gegen Lacoma und Rotbauchunke' v. 8.09.03

'Lacoma und Rotbauchunke weiterhin bedroht' v. 15.08.03

'Lacoma und Rotbauchunke kämpfen' v. 12.10.03

 

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