25.01.2003

Hessen:
Schulpolitik noch schlimmer
als unter "Rot-Grün"

Protest in Frankfurt gegen Roland Koch

Roland Koch lobt im hessischen Wahlkampf seine Schulpolitik - Tatsächlich wurde die Situation noch schlimmer als unter der vorangehenden "rot-grünen" Landesregierung

Am 18.01. protestierten SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern in Frankfurt und machten mit Transparenten, Plakaten und Straßentheater Front gegen den verlogenen Wahlkampf der in Hessen regierenden "schwarz-gelben" Koalition unter Roland Koch. Dieser verkündet auf allen Wahlkampfveranstaltungen den "Erfolg" seiner Schulpolitik, denn er habe erreicht, daß der Unterricht an hessischen Schulen zu 99,7 Prozent gewährleistet sei. Hessen sei "das führende Bildungsland" heißt es auf ganzseitigen Anzeigen,

Der Sprecher der Elternbeiräte, Sigi Eller, hielt dem in einer Rede auf der Protestveranstaltung die Tatsachen entgegen:

Wie dem Schulamt und auch dem hessischen Kultus- ministerium längst bekannt ist, wird die hundertprozentige Stundenplanabdeckung durch Einsatz einer hohen Zahl von VertretungslehrerInnen erreicht. Rund 10 Prozent des Unterrichts wird durch VertretungslehrerInnen abgedeckt. Und viele dieser Vertretungsverträge werden nicht etwa bei Erkrankungen von LehrerInnen eingesetzt, sondern bei Pensonierungen oder längerfristigen Abordnungen wie beispielsweise an die Uni oder ins Kultusministerium.

Das beeindruckende Ergebnis von 99,7 Prozent wurde auch erreicht, indem die Klassengröße angehoben wurde. In etwa 900 Klassen auf über 30 SchülerInnen und in über 100 Klassen auf mehr als 34 SchülerInnen.

In einer Klasse mit 30 und mehr SchülerInnen können die LehrerInnen den vielschichtigen Problemen einer Großstadt wie Frankfurt nicht gerecht werden.

Sigi Eller berichtete auch von der Frankfurter Liebigschule: "Wir haben nur noch EINEN festangestellten Musiklehrer für 1000 SchülerInnen, der nebenbei noch den musikalischen Schwerpunkt unserer Schule abdecken soll: Schulorchester, Kammermusik, Bigband, Popchor, Chor der 5. und 6. Klassen und das Wahlpflichtfach Musik."

"In zu engen Klassenräumen fehlt Schülern Bewegungs- freiheit und Sauerstoff. Moderne Unterrichtsmethoden (Gruppenarbeit, Stationenlernen u.ä.) sind dadurch sehr erschwert. Zum Unterrichtsausfall: Von einem Stundenplanmacher habe ich gehört, daß ein Wert von 5 Prozent ein guter Wert ist. 5 bis 10 Prozent Unterrichtsfall in einer Klasse stellt keine Seltenheit dar und in einzelnen Fällen haben Klassen über Wochen hinweg einen Unterrichtsausfall von über 20 Prozent."

Man könne noch viele ähnliche Beispiele anführen. Die Elisabethenschule habe allein 15 VertretungslehrerInnen. Eines sei klar, durch diesen "Unsinn", so Sigi Eller wörtlich, der auf ein halbes Jahr befristeten Vertretungsverträge, leidet die Qualität der Unterrichts. Es gibt zu viele unzeitgemäße Lehrerwechsel, gerade in Mangelfächern entscheidet sich einE jungeR LehrerIn natürlich eher für eine feste Stelle, sobald sich eine solche anböte. Das Gehalt bei einem Vertretungsvertrag sei rund 1000 Euro unter dem einer Festanstellung.

Der Staat als Arbeitgeber von LehrerInnen ist nahezu in einer Monopolstellung. Deshalb grenzen diese Vertretungsverträge an soziale Ausbeutung von Abhängigen.

Weiter wurde der häufig schlechte bauliche und hygienische Zustand der Schulgebäude kritisiert. Oft müßten Klassenzimmer in Eigeninitiative der Eltern renoviert werden und der Kauf von Computern sei nur durch Sammlungen zu bewerkstelligen.

Der einzige Unterschied zur Schul-Misere unter "Rot-Grün" besteht laut den Betroffenen darin, daß damals die SchülerInnen bei Unterrichtsausfall einfach nach Hause geschickt wurden, während sie heute oft unbeschäftigt in der Schule herumsitzen und nur verwahrt werden.

 

Ute Daniels

 

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