15.01.2008

Kommentar

Tarif-Erfolg der GDL
zeigt Perspektive auf

Mehdorn macht auf Rumpelstilzchen

Die Gewerkschaft der LokführerInnen hat in einen harten und langwierigen Kampf einen Sieg errungen. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn zog es vor - statt den Tarif-Abschluß als Kompromiß zu würdigen und das Gesicht zu wahren - auf Rumpelstilzchen zu machen und mit Preiserhöhungen und Entlassungen zu drohen.

Rund zehn Monate nach Beginn der Verhandlungen und nachdem Mehdorn den Streit vor ihm genehme Gerichte gezerrten hatte, ist der Bahn-Vorstand nunmehr nach massivem Druck deutscher Wirtschaftsverbände zu einem eigenständigen Tarifvertrag mit der GDL bereit. Trotz zeitweiliger absurder gerichtlicher Streikverbote und trotz Querschlägen aus der Gewerkschaftshierarchie hat die Fahrpersonalgewerkschaft GDL die wichtigsten Ziele erreicht. Der Bahn-Vorstand ist nun endlich zu einem eigenständigem Tarifvertrag bereit. Mit der Lohnerhöung um 11 Prozent und der Absenkung der Wochenarbeitszeit von 41 auf 40 Stunden setzt sie ein Zeichen für eine Umkehr nach über einem Jahrzehnt gewerkschaftlich selbstverordneter Lohnzurückhaltung, "Felxibilisierungen" und Reallohneinbußen. Der Sieg der GDL ist damit zugleich ein Sieg der unteren zwei Drittel der deutschen Gesellschaft.

Dieses Ergebnis zeigt auch auf, daß ebenso gegenüber einem überdurchschnittliche Gewinne schreibenden Konzern wie der Telekom ein weitaus besseres Ergebnis möglich gewesen wäre als die Verhandlungsführung von ver.di erzielte. Bei den derzeit laufenden Tarifverhandlungen mit Bund und Gemeinden steht ver.di daher unter Druck der Basis, nicht erneut als Lohnsenkungsgewerkschaft zu agieren. Und selbst die IG Metall setze mit einer aktuellen Forderung nach acht Prozent Lohnerhöhung nun eine höhere Marke als gewerkschaftsintern spekuliert wurde.

Es wäre allerdings eine Fehlinterpretation, die hier sichtbare Umkehr allein der GDL zuzuschreiben. Es ist vielmehr so, daß ein gesellschaftlicher Stimmungsumschwung, der seit den Hartz-Gesetzen von "Rot-Grün" an Dynamik gewinnt, den Erfolg der GDL erst ermöglichte. Ohne die - vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar erscheinende - breite und in Umfragen dokumentierte Unterstützung der GDL-Forderungen durch eine Mehrheit der Deutschen hätte der Kampf nicht zehn Monate durchgehalten werden können. Erfreulich auch, daß die Stimmungsmache einer Einheitsfront der Mainstream-Medien gegen die GDL diesmal ins Leere lief.

Angesichts des eigenen 3,18-Millionen-Salärs und der Miliarden-Gewinne, mit denen er die Bilanz der DB AG schmückte, um sie auf die umstrittene Privatisierung vorzubereiten, erscheint Mehdorns Drohung mit Preiserhöhungen und Entlassungen mehr als dreist. Mit diesem neuerlichen Versuch, die Bahnbelegschaft mit der Androhung von Entlassungen zu spalten, hat Mehdorn überzogen und das Gegenteil erreicht. Die Basis der DB-Gewerjkschaften Transnet und GDBA zwangen ihre Führung diesmal, Solidarität mit der DGL zu zeigen und den Angriff Mehdorns zu kontern. Selbst ExpertInnen und PolitikerInnen sämtlicher Couleur zeigten sich über Mehdorn Nachkarten empört.

Dies ist zugleich Gelegenheit daran zu erinnern, daß die gewerkschaftliche Potenz in der Solidarität begründet ist - daß also Transnet, GDBA und GDL sich nun an einen Tisch setzen und ohne Einmischung von Mehdorn eine schlagkräftige Einheit zusammenschweißen müssen, ohne dabei die nötige Autonomie der Teile in Frage zu stellen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch:

      Pro und Contra LokführerInnen-Streik (29.10.07)

 

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