25.02.2008

Artikel

Sozialabbau
und
Kosten der Unterkunft

Die Hartz-Gesetze sind eigentlich schon Plage genug - häufig werden sie zu allem Übel auch noch entgegen den Vorschriften - also noch schlechter als vorgesehen - ausgeführt. Kürzlich hat der Bundesrechnungshof eine Rüge ausgesprochen, weil gravierende Mängel bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft und Steuergeld-Verschwendung durch die Kommunen zutage gekommen sei.

Die Mißstände rühren daher, daß sich die Bundesregierung bislang davor drückt, bundesweite Mindeststandards zur Angemessenheit von Wohnraum für ALG-II-Bezieher festzulegen und so den "schwarzen Peter" den Kommunen zuschiebt. Dies ist auch ganz klar dem Bericht des Bundesrechnungshofes zu entnehmen. Ob die "schwarz-rote" Bundesregierung jedoch diesem Wink mit dem Zaunpfahl folgen wird, ist zweifelhaft.

Der Vorwurf an die Kommunen, Steuergeld bei den Kosten der Unterkunft zu verschwenden, ist allerdings in den meisten Fällen nicht haltbar. Ein Großteil der Leistungen für Kosten der Unterkunft wird von den Kommunen getragen. Erst Ende 2007 hat sich der Bund weiter aus der Finanzierung zurückgezogen. Die Kommunen haben demzufolge gar kein Interesse daran, daß die Kosten der Unterkunft ansteigen. Im Gegenteil, es gibt genügend Beispiele, die belegen, daß Kommunen das Problem auf die Betroffenen abschieben. Sobald die "Angemessenheit" von Wohnraum überschritten wird, wird dies dann vom Regelsatz abgezogen.

Nun hat - passend zu den Landtagswahlkämpfen - Bundeswohnungsminister Wolfgang Tiefensee angekündigt, das Wohngeld durchschnittlich um 70 Prozent also rund 60 Euro im Monat zu erhöhen. Bis jetzt ist das erstmal nur eine Ankündigung. Bei einem wirtschaftlichen Einbruch kann so etwas schnell wieder einkassiert oder auch reduziert werden - oder auch durch Kürzungen in einem anderen Bereich neutralisiert werden. Wir kennen ja mittlerweile all diese Spielchen. Die Hoffnung, die bei Betroffenen so geweckt wurde, ist also noch verfrüht. Rund 700.000 einkommensschwache Haushalte, darunter viele Rentnerhaushalte, könnten einen Ausgleich für die auf breiter Front gestiegenen Preise sicherlich gut gebrauchen...

Während der ALG-II-Satz in den vergangenen Jahren lediglich um 2 Euro auf 347 Euro erhöht wurde, stiegen die Belastungen durch die Mehrwertsteuererhöhung Anfang 2007 - was dann besonders im Sommer 2007 bei den Preisen spürbar wurde - und durch die explodierenden Strom-, Gas Heiz- und Nebenkosten. Zugleich stagnierten die Reallöhne und gingen im unteren Bereich bei der Inflation, die bei einem realistischen Warenkorb viel höher liegt als offiziell vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht, sogar zurück. Das geht für viele Menschen ans Eingemachte. Viele sind auf Kleiderspenden oder eine Einladung von Freunden angewiesen, wenn sie mal wieder ein warmes Essen haben wollen.

Scheinbar hat Bundeswohnungsminister Tiefensee nun auf die seit Monaten vorgetragenen Forderungen reagiert. Mit seiner Ankündigung einer Novelle des Wohngeld-Gesetzes geht er jedoch an der Realität der Betroffenen vorbei. Damit das Wohngeld wieder eine verläßliche und wirksame Hilfe für einkommensschwache Haushalte sein könnte, müßte darin die komplette Anerkennung der Kosten für Heizung und Warmwasser als Bestandteil der Miete und somit deren Berücksichtigung bei der Berechnung des Wohngeldes festgelegt werden. Eine zweite Forderung an ein soziales Wohngeld-Gesetz heißt: Eine regelmäßige Anpassung des Wohngeldes an die Miet- und Lohnentwicklung muß darin festgelegt werden, so daß die Leistungen nicht mehr von der Gnade der jeweiligen Regierung abhängig sind und Versprechnungen nicht mehr unter dem bekannten "Haushalts-Vorbehalt" gemacht werden können. Drittens müssen die Einkommensgrenzen der Wohngeldberechtigten erhöht werden. Das begrenzt die rasant steigende Zunahme der sogenannten Aufstockerhaushalte, die mit ihren Niedriglöhnen nicht mehr ihre Miete bezahlen können und ergänzend Kosten der Unterkunft beantragen müssen.

All diese Forderungen wären allerdings nur durchzusetzen, wenn ein starker Hebel angesetzt werden könnte. Derzeit ist bei den Gewerkschaften wenig Bewegung in dieser Thematik zu erkennen - und wer hat heute sonst noch gesellschaftliche Druckmittel zur Verfügung? Gute Argumente allein nutzen bekanntlich nichts in einem Kampf, bei dem es um unterschiedliche Interessen geht. Die Gewerkschaften müssen zur Erkenntnis gebracht werden, daß ein mangelndes Engagement in diesem Bereich auf die Dauer ihre eigene Basis unterhöhlt - wie dies schon in vielerlei Hinsicht vom Kapital in den vergangenen Jahrzehnten erreicht werden konnte.

 

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