5.05.2009

Am Fehmarnbelt
droht ein Milliardengrab

Gefahr für Zugvögel und Schweinswale

Ein Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark vom September 2008 sieht vor, eine 20 Kilometer lange Brücke über den Fehmarnbelt zur schnelleren Verbindung von Hamburg und Kopenhagen zu errichten. Doch vorliegende Gutachten belegen, daß das Verkehrsaufkommen auf der nach offiziellen Angaben 4,4 Milliarden Euro teuren Brücke lediglich das "Niveau einer Kreisstraße" haben wird. Zudem würde die Brücke eine Gefahr für 20 Millionen Zugvögel darstellen. Unabhängige Schätzungen gehen von Kosten in Höhe von mindestens 5,6 Milliarden Euro für den Bau der Fehmarnbelt-Brücke aus.

"Aus einer rationalen, ökonomischen Sichtweise wäre der Verzicht auf jegliche feste Querung des Fehmarnbelts angemessen", urteilt das Münchener Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rößler GmbH, das eine gutachterliche Stellungnahme für den Bundestag anfertigte. Die Verkehrsprognosen würden "an Land nicht einmal eine zweispurige Ortsumfahrungsstraße genehmigungs- und förderungswürdig" machen, heißt es darin.

Europas größtes und teuerstes Verkehrsprojekt soll im Eiltempo durch die Instanzen gepeitscht werden. Dies ist für Malte Siegert vom Naturschutzbund NABU "jenseits jeglicher Nachvollziehbarkeit". Der Experte hat erhebliche ökologische Bedenken gegen das Projekt: Für rund 20 Millionen Wasservögel stelle die Brücke ein Hindernis dar, auch Schweinswale würden Schwierigkeiten bekommen. Bereits im vergangenen Jahr warnte der NABU vor der "Zerstörung eines der sensibelsten Meeresgebiete der Welt."

Laut NABU würde auch der vom Aussterben bedrohte Rotschenkel zu den Opfer der Fehmarnbelt-Brücke zählen. Die meisten Zugvögel passieren das Gebiet nachts - und damit praktisch blind. Zählungen auf der weiter nördlich gelegenen Öresundbrücke belegen laut NABU, daß dort an manchen Tagen rund 1.000 Zugvögel zu Tode kommen.

Auch Schweinswale wären beim Bau der Fehmarnbelt-Brücke betroffen, denn rund 70 Pfeiler müßten dabei in den Ostseeboden gerammt werden. Aufgewirbelte Sedimente würden das einzigartige Binnenmeer auf Jahre braun färben und so den Lebensraum der bedrohten Schweinswale zerstören. Zudem behindern die gewaltigen Pfeiler nach Studien des Leibnitz-Institutes den für die Ostsee überlebenswichtigen Austausch von sauerstoffreichem Frischwasser aus der Nordsee. Der Tod des ohnehin im Sterben liegende Ökosystem Ostsee wäre so besiegelt.

Siegert, der auch Leiter des NABU-Wasservogelreservats Wallnau auf Fehmarn ist, schlägt als Alternative den Bau eines Tunnels vor, der allerdings in den offiziellen Planungen bislang keine Rolle spielt. Kein Wunder, denn ein gebohrter Tunnel würde rund 1,5 Milliarden Euro teurer werden. Dabei steht schon die Rentabilität der vergleichsweise billigeren Brücke infrage: "Nach den offiziellen Prognosen wird auf der Fehmarnbelt-Querung das Verkehrsaufkommen dem Niveau einer Kreisstraße entsprechen. Trotzdem hält Deutschland an dem Plan fest, um Dänemark nicht im Regen stehen zu lassen" so Siegert. Im Rahmen des vor Baubeginn stattfindenden Planfeststellungsverfahrens will der NABU notfalls juristisch gegen die Brücke vorgehen.

Das Münchener Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rößler GmbH kommt in seinem Gutachten zum Ergebnis, daß eine Fehmarnbelt-Brücke zu sommerlichen Spitzenzeiten von rund 12.000 Autos und LkWs genutzt würde, was einer Auslastung von lediglich 25 Prozent entspräche. Aus kapitalistischer Sicht spielt dies keine Rolle. Denn während die Baukosten von dänischen SteuerzahlerInnen aufgebracht werden müssen, können Maut-Einnahmen in Zukunft in die Kassen von Konzernen fließen. Auch in Deutschland läuft seit Jahren alles in Richtung auf eine Privatisierung der Autobahnen zu.

Das dänische Parlament in Kopenhagen hat den Vertrag bereits am 26. März fast einstimmig gebilligt.

 

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Anmerkungen

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