Mit der im nordrhein-westfälischen Landtag aktuell beschlossenen Änderung des Polizeigesetzes wird die
Videoüberwachung öffentlicher Plätze ausgeweitet. Die Gesetzesänderung stützt sich auf ein angeblich
erfolgreiches Pilotprojekt im Bielefelder Ravensberger Park.
Nach entsprechenden Maßnahmen in den Städten Leipzig, Mannheim, Stuttgart, Dresden, Berlin, Frankfurt,
Freiburg, Halle, Hamburg, Kassel, Köln, Magdeburg und Regensburg wird damit die Videoüberwachung
öffentlicher Plätze und insbesondere der Innenstädte auch im bevölkerungsreichsten Bundesland eingeführt.
Insbesondere sollen Orte überwacht werden, an denen "wiederholt Straftaten begangen wurden und deren
Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt". Die Maßnahmen werden jeweils auf ein Jahr
befristet, auf eine wissenschaftliche Begleitforschung wurde verzichtet.
Noch vor zwei Jahren hatte die Regierungskoalition einen entsprechenden Gesetzesentwurf der CDU
abgelehnt. Die SPD wertete damals den Vorstoß der CDU als "billige Kampagne auf dem Rücken des
Rechtsstaats" und als "gefährliches Spiel". Gegen den rot-grünen Regierungs- Entwurf stimmten jetzt CDU und
die FDP. Die CDU wollte eine noch umfassender Videoüberwachung. Der FDP- Innenpolitiker Karl Peter
Brendel mahnte hingegen, daß Videokameras "nur eine Scheinsicherheit erzeugen, wenn kein Polizeibeamter
am Bildschirm sitzt, der bei einer beobachteten Straftat auch wirklich einschreiten kann." In der Praxis
müssten pro Objekt pro Tag mindestens drei Beamte den Bildschirm beobachten.
Im Vorfeld hatte sich ein breite Allianz von BürgerrechtlerInnen gegen die Ausweitung der Videoüberwachung
ausgesprochen. Neben den Initiatoren der Erklärung, Rena Tangens und Padeluun vom Bielefelder FoeBuD,
sprachen sich auch Thilo Weichert von der 'Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.' (DVD), die
'Humanistische Union' und führende nordrhein-westfälische Bündnisgrüne gegen die Novelle aus.
Rena Tangens kritisierte, daß "Grundrechte für die bündnisgrüne Landtagsfraktion
offensichtlich Verhandlungsmasse in den Koalitionsverhandlungen" waren. Der grüne Landesparteitag hatte
Ende Mai die Einführung der Videoüberwachung sogar ausdrücklich abgelehnt.
Mit dem neuen Polizeigesetz senkt Rot-Grün auch die Hürden für den Einsatz der Rasterfahndung. "Alle
bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß sich bei der Rasterfahndung um ein untaugliches Instrument
handelt", kritisieren FDP-Politiker. "Selbst in Zeiten der RAF führte die Rasterfahndung nur zu einer einzigen
Festnahme, ansonsten war alles nur Beifang." Allein in Nordrhein-Westfalen wurden im Zuge der polizeilichen
Rasterfahndung nach dem 11. September 2001 die Daten von 5 Millionen Männern erhoben.
Christiane Schulzki-Haddouti
(Erstveröffentlichung: www.heise.de